Der „Doppelangriff“ auf das gut funktionierende Schweizer Recyclingsystem hätte zudem weitere unangenehme Folgen, schreiben die drei Recyclingorganisationen in einer gemeinsamen Mitteilung: Die massive Reduktion der Sammelstellen bringe die heute hohen Recyclingquoten in Gefahr. Es brauche mehr, nicht weniger Sammelstellen, vor allem beim Unterwegskonsum, meinen die drei Recyclingorganisationen. Zum anderen koste das Pfandsystem das Vierfache der heutigen Lösung. Eine neue Analyse erläutere die negativen Auswirkungen des Pfandsystems und eine Umfrage zeige: Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten wollen kein Pfand, sondern den hohen Komfort des jetzigen Systems.
Eine Pfandlösung ist nicht günstig. Das Schweizer Bundesamt für Umwelt geht davon aus, dass ein Pfandsystem für die Schweiz 280 Millionen Franken (rund 230 Millionen Euro) pro Jahr kosten würde, dem Vierfachen der heutigen Lösung. Dazu komme, dass das Pfand das Putzen nicht ersetze. Von allen gelitterten Abfällen würden Getränkeverpackungen gerade einmal 13 Prozent ausmachen. Das bedeute, dass mindestens 87 Prozent aller herumliegenden Abfälle wie Take-Away-Verpackungen, Zigarettenstummel, Scherben oder Kaugummis von einer Pfandregelung nicht betroffen seien. Geputzt werden müsste also weiterhin.
Einführung eines Pfandes hätte gravierende Konsequenzen
Eine neue, von Swiss Recycling in Auftrag gegebene Analyse zeigt, dass die Einführung eines Pfandes zum Teil gravierende Konsequenzen – nicht nur für den Handel und die Recyclingorganisationen, sondern auch für die Gemeinden und die Konsumentinnen und Konsumenten – hätte: Die Restfraktionen von Glas und Alu, die heute zusammen mit den mengenmäßig dominierenden Getränkeflaschen/-dosen gesammelt werden, drohen demnach unterzugehen, weil die Mengen zu klein werden, um mit vertretbarem Aufwand gesammelt zu werden. An den öffentlichen Entsorgungsplätzen blieben letztlich noch Batterien und Konservendosen.
Am Ende entscheide aber der Konsument, ob sich der Gang zu der öffentlichen Sammelstelle noch lohnt. Für die Konsumenten würde die Auflösung der jetzigen Recyclingstrukturen einen Rückgang der Anzahl der Orte bedeuten, wo Getränkegebinde zurückgegeben werden könnten. Anstatt 65.000 gäbe es nur noch 6.000 Sammelstellen für die Getränkeverpackungen aus Glas, Aluminium und PET. Denn beim Pfandsystem wäre nur noch der Handel für die Rücknahme zuständig. Die Frage bleibe, ob mit zehnmal weniger Sammelstellen die hohen Recyclingquoten gehalten oder verbessert werden können. Logisch wäre nach Ansicht der Organisationen der Umkehrschluss: Es braucht mehr Sammelstellen für eine bessere Rücklaufquote.
Über die parlamentarische Initiative „Einführung eines Pflichtpfandes für Getränkedosen und Getränkeflaschen“ von CVP-Nationalrat Alois Gmür wird voraussichtlich der Nationalrat nächste Woche in der Sondersession entscheiden. Die UREK-N, die Kommission des Nationalrats für Umweltthemen, lehnte sie mit 16:8 Stimmen ab.