REACH muss Nanomaterialien stärker berücksichtigen

Immer mehr Produkte werden mit Nanomaterialien versehen, um sie mit Zusatzeigenschaften auszustatten. Das Öko-Institut empfiehlt, die Registrierungs- und Prüfanforderungen in den europäischen Chemikalienverordnungen REACH und CLP anzupassen, um den Besonderheiten von Nanomaterialien gerecht zu werden.

Bisher würden die Informationen über die potenziellen Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen dieser Materialien häufig im Verborgenen bleiben, kritisiert das Öko-Institut in einer neuen Studie.
„Die EU sollte bei der Überarbeitung der REACH-Verordnung prüfen, mit welchen Regelungen Nanomaterialien dort stärker als bisher berücksichtigt werden können“, fordert Andreas Hermann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Öko-Institut und einer der Autoren der Studie. „Hersteller und Importeure von Nanomaterialen sollten dazu verpflichtet sein, differenzierte Informationen über sie offenzulegen und an nachgeschaltete Anwender weiterzugeben.“

Ein Schwachpunkt von REACH sei derzeit, dass Hersteller und Importeure die Risiken von Nanomaterialien für die Gesundheit und Umwelt erst dann ermitteln müssen, wenn sie mehr als zehn Tonnen eines nanoskaligen Stoffes pro Jahr auf den Markt bringen. Diese Menge erreichten viele der im Umlauf befindlichen Nanomaterialien heute nicht. Aufgrund ihrer geringen Größe könnten sie jedoch vielfach verwendet werden, was ihre weite Verbreitung begünstiget.

Hermann und die Mitautoren der im Auftrag des Umweltbundesamtes erstellten Studie fordern, Nanomaterialien rechtlich als eigene Stoffe zu behandeln, wenn es um die Ermittlung ihrer spezifischen Risiken für Gesundheit und Umwelt geht. Bislang würden diese Informationen zu Nanomaterialien entweder nicht erhoben oder zusammen mit der Großform des gleichen Stoffes, ohne dies jedoch ausreichend zu differenzieren. „Ein Fehler“, mahnt Hermann, „denn Nanomaterialien entsprechen zwar chemisch ihrer analogen Großform, dem sogenannten ‚analogen Bulkmaterial‘, aber ihre Eigenschaften können sich aufgrund der geringen Größe deutlich unterscheiden.“

Sind Nanomaterialien eigene Stoffe?

Genau hier liegt nach Ansicht des Öko-Instituts die zentrale Frage für eine mögliche Anpassung von REACH und CLP: Handelt es sich bei einem Nanomaterial gleicher chemischer Identität um denselben Stoff, wie bei seiner analogen Großform? Oder müssen Nanomaterialien in jedem Fall als eigene Stoffe in REACH behandelt werden und für sie eigene Vorschriften gelten?

„Diesen Weg empfehlen wir nicht. Stattdessen schlagen wir vor, Nanomaterialien bei bestimmten Anforderungen in REACH rechtlich als eigene Stoffe zu betrachten, obwohl sie laut Definition chemisch keine eigenen Stoffe sind.“ sagt Hermann. Mit einer solchen Rechtsfiktion entfalle eine Neudefinition des Stoffbegriffes in REACH und es entstehe die Pflicht, Nanomaterialien gesondert zu behandeln. Darüber hinaus müssten die Kriterien zur Unterscheidung von Nanomaterialien untereinander und zu dem analogen Bulkmaterial, weiterentwickelt werden. Darüber hinaus sollte eine Definition für Nanomaterialen in REACH aufgenommen werden.

Damit werde man dem eigentlichen Ziel von REACH gerecht, Umwelt und Gesundheit zu schützen. Denn eine solche gesonderte Behandlung habe auf viele Angaben, die Hersteller und Importeure von chemischen Stoffen machen müssen, Auswirkungen. So müssen sie beispielsweise Stoffe, die sie auf den Markt bringen möchten, anhand bestimmter Kriterien identifizieren. Die Wissenschaftler fordern hier, Angaben zu Nanomaterialien verpflichtend zu machen.

Ein weiteres Manko nach Ansicht des Öko-Instituts: Bislang dürfen die Hersteller und Importeure ihre Abnehmer in einem gemeinsamen „Beipackzettel“ (Sicherheitsdatenblatt) für Nano- und Bulkmaterialien über die Risiken aufklären ohne in den einzelnen Rubriken zwischen den dem nanoskaligen Stoff und dem analogen Bulkmatarial zu unterscheiden. In Zukunft sollte eine Darstellung in getrennten „Beipackzetteln“ und mit weiteren Angaben, zum Beispiel zu einer Oberflächenbehandlung des Nanomaterials, erfolgen, um gezielt über Nanomaterialien zu informieren.

Die Studie des Öko-Instituts finden Sie unter
http://www.oeko.de/oekodoc/1632/2012-004-de.pdf

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