Darunter leide in der Folge auch das Recycling der über den Gelben Sack entsorgten Verpackungen. Zu diesem Schluss kommt die DUH eigenen Aussagen zufolge nach einer Abfrage bei allen neun dualen Systemen in Deutschland.
Durch das „systematische Aufbauschen“ der direkt am Verkaufsort zurückgenommenen Verpackungsmengen könnten Verpackungshersteller und duale Systeme viel Geld sparen, weil in der Folge – scheinbar – entsprechend weniger Verpackungen über die teurere Sammellogistik des Gelben Sacks entsorgt werden müssten. Wenn Verpackungen als selbst zurückgenommen gemeldet, aber in der Realität nicht zurückgegeben und im Gelben Sack landen würden, führe dies im Endeffekt zu geringeren Recyclingmengen, so die DUH.
Denn die Mindestrecyclingziele der Verpackungsverordnung würden sich nur auf die tatsächlich lizenzierte Menge im Gelben Sack beziehen, jedoch nicht auf dort gelandete Verpackungen, die ursprünglich als Eigenrücknahmemengen angemeldet wurden. In der Folge würden aus der nicht lizenzierten Menge nur wenige besonders lukrative Verpackungen herausgesucht und tatsächlich recycelt. Dadurch werde insgesamt weniger Material recycelt, als wenn alles zur Erfassung über den Gelben Sack angemeldet worden wäre.
„Die direkte Rückgabe von Verpackungen in den Läden ist bis heute die absolute Ausnahme. Wer bringt schon seine leere Zahnpastatube oder Shampoo-Flasche zurück in den Laden. Die bei einigen dualen Systemen angeblich angemeldeten hohen Rücknahmemengen sind deshalb vollkommen unrealistisch. Bei Teilen von Handel und Industrie wird offenbar getrickst, um sich durch die angeblich breite Nutzung des günstigeren Entsorgungswegs finanzielle Vorteile in Millionenhöhe zu verschaffen“, kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch diese Praxis. Der durch die „Schummelei“ entstehende Kostendruck führe verstärkt dazu, dass nicht das ökologisch effizienteste, sondern das kostengünstigste Recyclingangebot gewählt werde.
Ausgangspunkt dafür sei die sogenannte Eigenrücknahme-Regelung in der Verpackungsverordnung, die Händlern die Möglichkeit eröffnet, für am Verkaufsort zurückgenommene Verpackungen die zuvor an die dualen Systeme gezahlten Lizenzierungsentgelte zurückzuverlangen. Wer Verpackungen im Laden sammele, spare folglich Geld. Die entstehenden Logistikkosten seien deutlich günstiger als die für die flächendeckende Gelbe-Sack-Sammlung zu zahlenden Lizenzgebühren. Auch die dualen Systeme profitierten von der Regelung: Je mehr selbst zurückgenommene Verkaufsverpackungen der Handel bei einem dualen System anmelde, umso geringer sei dessen Beteiligung an den Systemkosten für den Gelben Sack.
Angemeldete Eigenrücknahmemengen höher als sie sein dürften
Anmelden dürfen die Händler nur Verpackungsmengen, welche die Endverbraucher nachweislich beim Kauf in den Läden zurücklassen oder später zurückbringen. Die bei einigen dualen Systemen durchschnittlich angemeldeten Eigenrücknahmemengen seien nach der Erhebung der DUH jedoch um ein vielfaches höher als sie sein dürften. Die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung mbH (GVM) schätzt das Gesamtpotenzial für die Eigenrücknahme privater Verkaufsverpackungen auf ein bis drei Prozent.
Die Antworten, die die DUH eigenen Worten zufolge auf ihre Umfrage erhielt, zeichnen jedoch ein vollkommen anderes Bild. Drei der neun angeschriebenen Unternehmen hätten Angaben zu ihren Eigenrücknahmemengen gemacht. Diese hätten für die dualen Systeme EKO-Punkt und Landbell bei 0 Prozent, beim Dualen System Deutschland bei durchschnittlich 0,2 Prozent gelegen. Nach den auf die Marktanteile bezogenen Berechnungen der DUH hätten demnach die Vertragskunden der „schweigenden“ sechs dualen Systemanbieter im Durchschnitt 18 Prozent ihrer Leichtverpackungen am Verkaufsort zurückgenommen. Die DUH betont, dass jedes der genannten sechs dualen Systeme deutlich weniger oder mehr Eigenrücknahmemengen angemeldet haben können, so dass die Zahl explizit nicht bedeute, dass sich jedes der schweigenden sechs dualen Systeme rechtswidrig verhalte und damit ein Vorwurf gegen ein konkretes Unternehmen verbunden wäre. Allein im Jahr 2011 käme man so auf mehr als 104.000 Tonnen in den Läden zurückgelassener oder zurückgebrachter Verkaufsverpackungen.
„Die Schätzung der GVM deckt sich mit Beobachtungen der DUH in Einzelhandelsgeschäften“, erklärt der DUH-Projektmanager für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer. „Im Rahmen von Stichproben durch DUH-Mitarbeiter wurde nicht einmal jede zweihundertste Verpackung von den Kunden im Super-, Bau- oder Elektrofachmarkt zurückgelassen. Eigenrücknahmemengen in zweistelliger Prozenthöhe halten wir deshalb für vollkommen unrealistisch.