Den Vortrag humorvoll zu beginnen, ist immer gut. Das lockert die Zuhörer auf und den Referenten selbst auch. Die Steilvorlage gab auf der bvse-Jahrestagung Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. Er beglückwünschte Faulstich zu seinem Ruf an die TU Clausthal. Dort habe er selbst studiert. Faulstich dürfe sich schon einstellen auf lange Winter, Schnee bis Mai, schlechte Restaurants und wenig Kneipen. Faulstich trug es mit Fassung, trat ans Rednerpult und antwortete: Ja, er weiß. Man habe ihm schon im Vorfeld gesagt, dass die TU die einzige Universität sei mit zwei Wintersemestern.
Der Anfang war also gut, und was folgte auch. Faulstich referierte im Wesentlichen aus dem Umweltgutachten 2012. Die Zukunft der Industriegesellschaft sei eine ohne Öl, Gas und Kohle, erläuterte er. Die Knappheit liege nicht in den fossilen Rohstoffen, die eigentliche Knappheit liege vielmehr in der Aufnahmefähigkeit von CO2 in der Atmosphäre. Da die Weltbevölkerung zunehme und die landwirtschaftliche Fläche begrenzt sei, müsse Biomasse zu 90 Prozent in die Ernährung gehen. „Wir tun gut daran, die Biomasse primär in die Ernährung zu geben“, sagte Faulstich.
Der Umweltexperte betonte, dass sich die Industriegesellschaft auf dem Weg machen müsse, zu 100 Prozent erneuerbare Energien einzusetzen. Das sei auch machbar. 90 Prozent des Rohöls weltweit gehe in die Verbrennung für die Erzeugung von Energie, die restlichen 10 Prozent in die Erzeugung stofflicher Produkte. Unter dem Aspekt der Ökobilanz müsse man sich also vor allem auf die 90 Prozent konzentrieren, indem man verstärkt fossile Brennstoffe durch erneuerbare Energien ersetze. Das sei eine Aufgabe der Wissenschaft, Politik und Gesellschaft insgesamt.
Die Stoffströme der Zukunft seien Biomasse, erneuerbare Energien sowie Metalle und Mineralien, sagte Faulstich. Die nachhaltige Industriegesellschaft sei langfristig eine „Stromgesellschaft“, die Industriegesellschaft sodann eine Recyclinggesellschaft. Um dorthin zu kommen, bedarf es freilich noch vieler Maßnahmen. Die Vorschläge des Sachverständigenrates gehen unter anderem in Richtung internationale Recyclingsysteme. „Was spricht dagegen, in Afrika Recyclingsysteme aufzubauen?, fragte Faulstich.
Ob der Rückbau von Hausmülldeponien für die Gewinnung von Metallen vielversprechend ist, bezweifelt der Wissenschaftler. Wenn alle Hausmülldeponien zurückgebaut würden und alle Metalle genutzt würden, könnte damit gerade mal der Rohstoffbedarf an Metallen für ein paar Monate gedeckt werden, sagte er. Um zu einer möglichst geschlossenen Kreislaufwirtschaft zu kommen, müssten Produkte und Produktion völlig neu durchdacht werden. Die Aspekte der Recyclingfähigkeit und Demontagefähigkeit müssten zwingend bei der Entwicklung berücksichtigt werden. „Das ist die neue Herausforderung.“
Innovationsoffenheit und Langlebigkeit müssen sich nach seiner Auffassung nicht widersprechen. Dazu gebe es bereits interessante Ansätze. Doch bislang seien Kennzeichnungssysteme in der Konstruktion nicht darauf ausgelegt, Recycling und Demontage zu berücksichtigen. Möglicherweise werde die Automobilindustrie irgendwann ihre Fahrzeuge nur noch verleasen wollen, so der Wissenschaftler. Es könnte durchaus sein, das Hersteller dauerhaft Eigentümer ihrer Produkte sein wollen, um Rohstoffe zurückzugewinnen.
Bislang jedoch sei das Niveau der Rückführung relativ bescheiden im Verhältnis zur Produktion, räumte Faulstich ein. Das Recycling im Hochbau sei „außerordentlich bescheiden“, kaum besser sei es im Straßenbau – noch immer gehe ein Großteil in den Wegebau auf Deponien. Ähnlich verhalte es sich bei Elektronikprodukten. Der Sachverständigenrat sei nicht unbedingt ein „Fan“ des Pfandes, aber die Sammelsysteme von Telekommunikationsgesellschaften hätten faktisch nicht viel gebracht. Die Rücklaufquoten seien nur minimal gestiegen. „Wenn das also nicht funktioniert, muss man eben über was anderes nachdenken“, so Faulstich. Bei Autobatterien seien die Rücklaufquoten nach Einführung eines Pfandes deutlich gestiegen.