In dem im Auftrag des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) erstellten Gutachten komme Beckmann zusammenfassend zu folgenden Ergebnissen: Die Neuregelungen zu gewerblichen und gemeinnützigen Sammlungen der Paragrafen 17 und 18 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) schränkten die europäische Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit ein. Es sei zweifelhaft, ob diese Einschränkungen europarechtskonform seien. Solange der Europäische Gerichtshof (EuGH) den deutschen Gesetzgeber nicht verpflichte, die Regelungen zu ändern, bedürfe es einer europarechtskonformen, restriktiven Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften.
Altpapier, Altmetall oder andere gebrauchte Waren können nach Einschätzung des Gutachters von den Eigentümern verkauft werden. Das verstoße nicht gegen gesetzliche Überlassungspflichten. Die Annahme von Abfällen an einem festen Betriebsstandort sei keine gewerbliche Sammlung von Abfällen, betont der Fachanwalt für Verwaltungsrecht.
Gemeinnützige Sammlungen
Gemeinnützige Sammlungen müssten zwar angezeigt werden. Ihnen könnten jedoch keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegengehalten werden. Gemeinnützige Sammlungen seien auch zukünftig eine geeignete Möglichkeit für eine wirtschaftlich sinnvolle Tätigkeit gewerblicher Sammler. Eine gemeinnützige Sammlung liege bei Beauftragung eines gewerblichen Sammlers nur vor, wenn nach Abzug der Kosten und des angemessenen Gewinns mittel- oder langfristig noch mit einem relevanten Veräußerungserlös zu rechnen sei, der an den Träger der gemeinnützigen Sammlung abgeführt werden könne.
Gewerbliche Sammlungen
Die Überlassungspflicht entfällt laut Beckmann-Gutachten für Abfälle, die durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Zur Bestimmung dieser überwiegenden öffentlichen Interessen formuliere der Gesetzgeber in Paragraf 17, Absatz 3 des KrWG verbindliche Vorgaben und widerlegliche Vermutungen.
Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten sei nach Paragraf 17 Absatz 3, Satz 2 des KrWG anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach Paragraf 20 des KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert werde.
Die Behörde müsse prüfen, ob im konkreten Einzelfall trotz einer festgestellten wirtschaftlichen Unausgewogenheit davon ausgegangen werden kann, dass die Funktionsfähigkeit nicht gefährdet ist. Die Behörde müsse auch den für eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung sprechenden Sachverhalt ermitteln. Im Sinne des Erhalts der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers seien angesichts des Rechts zur kostendeckenden Gebührenerhebung Verwertungserlöse einzelner Abfallfraktionen nicht erforderlich, um eine Aufgabenwahrnehmung zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen zu ermöglichen. Die Durchführung gewerblicher Sammlungen führe nicht dazu, dass ein von der Kommune beauftragtes Unternehmen seine Pflichten zu wirtschaftlich nicht ausgewogenen Bedingungen durchführen müsse.
Problem der Gebührenstabilität
Werden durch eine gewerbliche Sammlung dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger lediglich geringe Mengen entzogen, liege keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vor. Die Gebührenstabilität werde nicht gefährdet, wenn sich durch eine gewerbliche Sammlung die Höhe der Abfallgebühren verändere. Gewerbliche Sammlungen gefährdeten auch eine transparente und diskriminierungsfreie Auftragsvergabe nicht.
Für den Leistungsvergleich privater und kommunaler Sammlungen sei maßgeblich der Zeitpunkt der Anzeige. Von einer konkreten Planung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers könne nur dann gesprochen werden, wenn das Abfallwirtschaftskonzept des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zum Zeitpunkt der Anzeige der gewerblichen Sammlung Aussagen zur entsprechenden Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers enthalte.
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachten
Eine Untersagung der Sammlung komme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur in Betracht, wenn den überwiegenden öffentlichen Interessen nicht durch eine Befristung, Bedingung oder Auflage hinreichend Rechnung getragen werden könne.
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei bei jedem ordnungsbehördlichen Einschreiten zu beachten. Die Untersagung oder Beschränkung einer gewerblichen Sammlung sei deshalb nur zulässig, soweit es kein milderes Mittel gebe. Außerdem müsse die Maßnahme zumutbar in dem Sinne sein, dass die mit ihr verbundenen Nachteile nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Zweck stünden. Es bedürfe insoweit stets einer Abwägungsentscheidung, bei der auch dem Schutz des Wettbewerbs vor unangemessenen Eingriffen Rechnung zu tragen sei.
Der Gesetzgeber hat laut Beckmann für bestandsgeschützte Sammlungen ausdrücklich auf das schutzwürdige Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung hingewiesen. Das schränke das Entschließungsermessen der Behörde für eine Untersagung oder Einschränkung ein. Die vom Gesetzgeber geforderte Berücksichtigung des schutzwürdigen Vertrauens des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung führe regelmäßig dazu, dass eine Untersagung oder Einschränkung bestandsgeschützter gewerblicher Sammlungen ausscheide. Erlösinteressen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers rechtfertigten weder eine Untersagung noch einer Einschränkung gewerblicher Sammlungen, die den Vertrauensschutz des Paragraf 18 Absatz 7 genießen würden.
Bleibe die bestandsgeschützte gewerbliche Sammlung nach der Anzeige unbeanstandet, dürfe ihr Träger davon ausgehen, dass es keinen Grund für eine Untersagung oder Einschränkung der gewerblichen Sammlung gibt. Lägen auf der Grundlage des neuen Rechts die Voraussetzungen für eine Untersagung oder Einschränkung der Sammlung vor, müsse die Behörde prüfen, ob die Sammlung die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder eines eingerichteten Rücknahmesystems bislang gefährdet hat. Ist dies zu verneinen, gelte für die gewerbliche Sammlung einer erhöhter Vertrauensschutz gegen eine Untersagung beziehungsweise gegen ihre Einschränkung.
Habe eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit vorgelegen, könne die Sammlung zwar grundsätzlich eingeschränkt oder äußerstenfalls sogar untersagt werden. Die Behörde müsse jedoch auch insoweit die Verhältnismäßigkeit wahren. Es bedürfe einer Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen, die einer gewerblichen Sammlung entgegenstehen würden, und den privaten und öffentlichen Interessen, die für eine gewerbliche Sammlung sprächen. Neben den privaten Interessen des gewerblichen Sammlers seieninsoweit immer auch die öffentlichen Interessen an der Wettbewerbsfreiheit in die Abwägung einzustellen.
Hinsichtlich der Gefährdung der Funktionsfähigkeit sei bei bestandsgeschützten gewerblichen Sammlungen auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes abzustellen. Allerdings könne nicht auf die vom Gesetzgeber korrigierte Auslegung des Begriffs der überwiegenden öffentlichen Interessen durch das Bundesverwaltungsgericht abgestellt werden.
Gegen eine unberechtigte Untersagung oder Einschränkung gewerblicher Sammlungen steht der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten offen, mach Beckmann abschließend deutlich.