Auch die politischen Entwicklungen werden kritisch bewertet, so werde dem Kreislaufwirtschaftsgesetz „starke kommunale Schlagseite“ attestiert. Die Branche selbst hatte 2011 zu kämpfen, so der Vizepräsident des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse). Die Altpapierbestellungen seien ab dem Sommer verhalten gewesen. Die Vergütungen für Altpapier seien mehr und mehr unter Druck geraten. Die Altpapiersammelmenge hingegen hätten sich in Deutschland angesichts der sehr guten Produktionslage in Handwerk und Industrie auf unverändert hohem Niveau befunden. Damit habe sich die Schere zwischen hohem Altpapieraufkommen und rückläufiger Nachfrage zunehmend geöffnet.
„Der monatelange Sinkflug der Altpapiererlöse ging den Altpapierentsorgungsunternehmen an die Substanz“, sagte Schmidt. Dies habe sich durch die parallel drastisch gestiegenen Kosten für Treibstoffe und Energie verstärkt. Um kostendeckend arbeiten zu können, habe sich daher den Altpapierentsorgern die Notwendigkeit aufgedrängt, ihre Altpapieranfallstellen teils mit ins Boot zu nehmen.
Das zeigen auch die Branchenkennzahlen: Der Altpapierverbrauch in der deutschen Papierindustrie belief sich nach Angaben des bvse im Jahr 2011 auf 16,02 Millionen Tonnen, dies waren 1,5 Prozent weniger als 2010. Die Produktion von Papier, Karton und Pappe sei mit 22,69 Millionen Tonnen unter dem Volumen des Vorjahreszeitraums geblieben. Der Altpapier-Außenhandel habe für 2011 eine Zunahme der Altpapier-Einfuhren nach Deutschland aufgewiesen. Ein Plus von rund 140.000 Tonnen habe die eingeführte Gesamtmenge auf 4,09 Millionen Tonnen steigen lassen. Mit Blick auf die Altpapier-Ausfuhr im gleichen Zeitraum in Höhe von 3,38 Millionen Tonnen sei Deutschland per saldo also erneut Nettoimporteur von Altpapier gewesen.
Erst zum Jahresanfang 2012 zeichnete sich laut bvse im Markt eine nennenswerte Besserung ab. Die Nachfrage nach Altpapier habe sich wieder positiver entwickelt. „Die Papierindustrie ist gut beschäftigt, dies gilt insbesondere für die Verarbeiter von braunem Altpapier“, bestätigte Schmidt in Düsseldorf.
Schmidt: „Wir müssen auf der Hut sein“
Mit Sorge beobachte die Altpapierbranche jedoch, wie verschiedene EU-Länder Exportbehinderungen für Altpapier und Sekundärrohstoffe einführen. Solche Tendenzen zeigten sich in Spanien und auch in Italien. Schmidt warnte davor, den Handel mit dem weltweit benötigten Rohstoff Altpapier zu beschränken. „Solche Entwicklungen sind gefährlich und mahnen insoweit zu größter Vorsicht. Massive Verwerfungen im Altpapiermarkt können die Folge sein und schon jetzt ist die Unsicherheit bei den Beteiligten erheblich. Wir müssen auf der Hut sein und klar Flagge bekennen für den freien Warenverkehr“, betonte der bvse-Vizepräsident.
Schmidt wies darauf hin, dass die deutsche Altpapierbranche die Versorgung der Papierindustrie immer sichergestellt habe. Vor eben diesem Hintergrund sieht der Verband die aktuelle Konkurrenz durch Papierfabriken kritisch. Das Phänomen des Direktgeschäfts, so erläutert Schmidt, sei bei den gewerblichen Anfallstellen wie auch bei kommunalen Ausschreibungen festzustellen und man stelle sich schon die Frage, was eine Papierfabrik veranlasse, der Anfallstelle einen Preis zu zahlen, den ein Altpapierlieferant bei eben jener Fabrik nicht erlösen kann. Warum treibe ein Abnehmer den Altpapierpreis, dessen Höhe er gern kritisiert, selbst hoch, obwohl er seinen Rohstoff beim Altpapierentsorger günstiger einkaufen könnte?
Reinhold Schmidt: „Ein solches Vorgehen ist problematisch und dem gewachsenen, vertrauensvollen Miteinander von Lieferant und Abnehmer keinesfalls förderlich. So wie in der Vergangenheit und in der Gegenwart garantiert die Altpapierentsorgungswirtschaft der Papierindustrie auch für die Zukunft die Sicherstellung der Rohstoffversorgung in der bewährten, partnerschaftlichen Aufgabenteilung!“
Auch ein anderes Thema beschäftigt den bvse-Fachverband Papierrecycling. Die Dualen Systeme würden einen Eigentumsanspruch am gesammelten Altpapier erheben. Schmidt machte hingegen die Position des bvse deutlich: „Wir bezweifeln nachhaltig den aktuellen Eigentumsanspruch der Dualen Systeme an den Wertstoffen“. Er wies daraufhin, dass Prof. Dr. Walter Frenz in einem Gutachten schon im Jahre 2009 festgestellt hat, dass den Dualen Systemen rechtlich kein Eigentum an den PPK-Mengen zusteht.
Trotz aller Probleme und neuer Herausforderungen zeigte sich die Branche in Düsseldorf selbstbewusst und gut aufgestellt. „Es sieht nicht schlecht aus“, so das Fazit von Reinhold Schmidt, „auch wenn nicht alles eitel Sonnenschein ist.“