Wirtschaftsverbände der Stahl-Abnehmerbranchen erwarteten für 2012 weiteres Wachstum, führte Kerkhoff weiter aus. So gehe der Verband der Automobilindustrie (VDA) für den Pkw-Bereich von einem Produktionsanstieg von 2 Prozent aus. Der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) prognostiziere Zuwächse in der Produktion von bis zu 4 Prozent und der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie rechne mit einem Umsatzwachstum von 1,5 Prozent. Der Verband des Deutschen Maschinen- und Anlagenbaus (VDMA) habe zwar jüngst seine Prognose für 2012 gesenkt, erwarte aber weiterhin eine Produktion auf einem sehr hohen Niveau.
„Vor diesem Hintergrund prognostizieren wir, dass die Stahlnachfrage in
Deutschland 2012 robust bleiben wird“; so der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Nach zwei sehr wachstumsstarken Jahren, die vor allem von Aufholeffekten geprägt gewesen seien, sei eine Beruhigung jedoch zu erwarten. Bei der Rohstahlproduktion dürfte in etwa das hohe Niveau des Vorjahres von 44,3 Millionen Tonnen gehalten werden. „Unsere Prognose für 2012 sind 44 Millionen Tonnen. Mit dieser konjunkturell soliden Perspektive bleibt der deutsche Stahlmarkt ein Stabilitätsanker in der Europäischen Union“, ist Kerkhoff überzeugt.
Bei allen positiven Prognosen – Kerkhoff hat beim Pressegespräch auch einen Wehrmutstropfen parat. „Gerade angesichts der stabilen Entwicklung in Deutschland dürfen die Risiken im europäischen Wirtschafts- und Währungsraum nicht unerwähnt bleiben.“ Die Euro-Schuldenkrise sowie die Instabilität der Finanzmärkte markierten wichtige potenzielle Bruchstellen für das Konjunkturbild. Sorge bereitet dem Wirtschaftsverband Stahl auch die schwache Konjunktur insbesondere in den südlichen Mitgliedsländern der Euro-Zone.
Zwar werde die Stahlnachfrage in der EU gemäß der jüngsten Prognose des europäischen Stahlverbandes Eurofer nur moderat zurückgehen. Einbrüche seien jedoch insbesondere in Italien und wohl auch in Spanien zu erwarten. „Vor diesem Hintergrund ist damit zu rechnen, dass der innereuropäische Wettbewerb allgemein zunehmen wird“, sagt Kerkhoff.
Auch die Wettbewerbsintensität auf den globalen Stahlmärkten werde hoch bleiben: Zum einen bildeten sich Überkapazitäten in China nur sehr langsam zurück. Zum anderen erhöht sich im Zuge des WTO-Beitritts der Marktzugang für russische Stahlexporte. Schließlich würden auch in der Türkei in erheblichem Maße Stahlkapazitäten ausgebaut.
Rohstoffversorgung bleibt zentraler Risikofaktor
Ein zentraler Risikofaktor für die Stahlmärkte bleibe auch weiterhin die
Rohstoffversorgung. Trotz des zwischenzeitlichen Dynamikverlustes auf den
Stahlmärkten habe es bei den stahlspezifischen Rohstoffen keine preisliche
Entspannung gegeben, erklärte der Präsident der WIrtschaftsvereinigung. „Aktuell liegen zum Beispiel die Preise des für die Stahlindustrie wichtigsten Rohstoffs Eisenerz mehr als das Dreifache über dem Durchschnitt des „Stahlboomjahres“ 2007.“
Auch bei den anderen Rohstoffen wie Kohle und Schrott hätten sich die Preise auf einem hohen Niveau festgesetzt, das auch bei konjunkturell schwächeren Phasen nicht verlassen werde. Für die Stahlunternehmen in Deutschland bedeute dies eine enorme Kostenbelastung. Insgesamt zeige die Preisentwicklung für stahlrelevante Rohstoffe eine deutliche Sonderentwicklung. Während sich die Rohstoffpreise seit 2003 auf Euro-Basis um das 2,5-Fache verteuert hätten, hätten sich die Stahlrohstoffe mehr als vervierfacht. „Auch in diesem Jahr werden hohe Rohstoffpreise und Volatilität auf der Tagesordnung bleiben“, so Kerkhoff.