Die deutsche Industrie konnte im Jahr 2011 laut Deutsche Bank Research mit einem realen Produktionswachstum von 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr erneut ein starkes Jahr vorweisen (2010: 11,5 Prozent). Damit hätten die deutschen Unternehmen den durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise bedingten Einbruch des Jahres 2009 (minus 17 Prozent) wieder wett gemacht. Die stärksten Wachstumsbranchen 2011 seien die Elektrotechnik (Produktionsindex: plus 14 Prozent), die Automobilindustrie (plus 13,4 Prozent), der Maschinenbau (plus 13 Prozent) und die Metallerzeugung (plus 12 Prozent) gewesen. Impulse seien sowohl vom Inlands- als auch vom Auslandsmarkt gekommen. Insbesondere in den exportstarken Branchen Maschinenbau und Automobil, aber auch in der pharmazeutischen Industrie, habe die Nachfrage aus dem Ausland das Wachstum der Inlandsaufträge überstiegen. In den konsumnahmen Branchen Textil- und Bekleidungsindustrie habe 2011 jeweils ein kleines Produktionsplus erzielt werden können.
Die positive Gesamtbetrachtung dürfe allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass seit Mitte des Jahres 2011 deutliche Bremsspuren zu verzeichnen sind. Wenig überraschend ist in den Augen der Kommentatoren DB Research, dass die Abkühlung in den frühzyklischen Branchen wie der chemischen Industrie, die vor allem Vor- und Zwischenprodukte produziert, frühzeitig einsetzte. Die Automobilindustrie oder die Elektrotechnik hätten die konjunkturelle Verlangsamung hingegen erst ab Herbst zu spüren bekommen, hätten aber nun deutliche Rückgänge zu verzeichnen. Auch die Kapazitätsauslastung sei im zweiten Halbjahr 2011 von ihrem Hoch Mitte des Jahres bei gut 86 Prozent um 2 Prozentpunkte gesunken.
Stagnation im Jahr 2012 auf hohem Niveau möglich
Der Ausblick für das Jahr 2012 ist laut DB Research von hoher Unsicherheit geprägt. Zwar habe sich die Sorge der Investoren um die EWU etwas gelegt. Auch seien seit Jahresbeginn Zuwächse auf den Aktienmärkten zu verzeichnen. Die EWU-Krise sei aber längst noch nicht beigelegt. Vor allem die Notwendigkeit zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte drücke das Wachstum in zahlreichen EWU-Ländern. Dies sei auch bei den Aufträgen der deutschen Industrieunternehmen zu spüren. So seien die Aufträge aus den Ländern der Eurozone im Dezember um 6,8 Prozent gegenüber dem Vormonat. zurückgegangen (November: minus 4,8 Prozent). Dies dürfte zum Beispiel den Maschinenbau belasten, für den Italien und Frankreich zu den fünf wichtigsten Absatzmärkten zählen. Aber auch die deutsche Automobilindustrie setze circa die Hälfte der Pkw-Exporte in Westeuropa ab.
Das gesunde Wachstum auf dem asiatischen Markt dürfte hingegen 2012 stabilisierend wirken. Die Wirtschaft in China – ein wichtiger Absatzmarkt für Maschinen, Autos und Elektronik – werde 2012 immerhin um gut 8 Prozent zulegen. Dies sei zwar eine schwächere Dynamik als in den Jahren zuvor (2011: plus 9,1 Prozent; 2010: plus 10,3 Prozent), aber weiterhin robust und eröffnet den deutschen Produzenten von Investitions- und Konsumgütern Chancen. Davon werde auch die Elektrotechnik profitieren, die bereits 2011 in China ein beachtliches Umsatzwachstum erzielen konnte.
Erholung der Branchenkonjunktur im 2. Halbjahr
Die leichte Entspannung in der EWU-Schuldenkrise habe auch zu einer Aufhellung der Stimmung in der deutschen Wirtschaft beigetragen. Der ifo-Index hat im Januar zum dritten Mal zugelegt; das Klima im Verarbeitenden Gewerbe stieg erst zum zweiten Mal, auf nun 104,2. Der Saldo aus positiven und negativen Meinungen bei den Geschäftsaussichten sei zwar in den meisten Industriebranchen noch leicht negativ. Die Talsohle ist aber wohl durchschritten, meint DB Research. In der frühzyklischen Chemiebranche habe der Saldo der Geschäftserwartungen sogar schon wieder positive Werte erreicht. Dies spreche dafür, dass die Industrieproduktion nach einem schwachen ersten Halbjahr zur Jahresmitte wieder zulegen wird.
So könnte beispielsweise die Automobilbranche ihre Produktion 2012 auf hohem Niveau insgesamt um real rund 1 Prozent ausweiten. Für das deutlich abgeschwächte Wachstum im Vergleich zu 2011 sei die geringere Dynamik der Autokonjunktur in wichtigen Abnehmerländern (zum Beispiel China), aber auch in Deutschland maßgeblich. Der Maschinenbau dürfte den schwachen Jahreswechsel 2011/12 im Verlauf des Jahres 2012 allmählich wieder fast völlig ausgleichen.
Die sich im Jahresverlauf verbessernde Weltkonjunktur komme auch Stahl und Eisen zugute. Die Metallpreise dürften schon vor der Fertigung anziehen. Die Geschäftserwartungen der deutschen Elektroindustrie hätten sich zum Jahresbeginn wieder deutlich aufgehellt. „Ausgehend von einem negativen Überhang erwarten wir für das laufende Jahr insgesamt in der deutschen Elektroindustrie ein Null-Wachstum; die Dynamik dürfte aber auch hier im 2. Halbjahr wieder zunehmen“, heißt es im Kommentar der DB Research. Die Produktion in der Chemieindustrie weise ein ähnliches Profil auf, werde aber in 2012 um circa 2 Prozent zurückgehen.