In Sachen Bürgermotivation müsse deshalb mehr passieren, waren sich die Teilnehmer der Tagung des Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) einig. Die Deutschen sind Spitzenreiter bei der Abfalltrennung. Warum sollten sie also gerade Elektrogeräte nicht trennen wollen? Dass nur circa 40 Prozent der in Verkehr gebrachten Geräte in den Recyclinganlagen ankommen, hat nach Meinung der Sozialwissenschaftlerin Viola Schetula von der Universität Stuttgart andere Ursachen: „Den Bürgern fehlt es an einfachen Rückgabemöglichkeiten und Wissen über die Zusammenhänge.“
Nötig sei, beim Bürger Verständnis für die Notwendigkeit und den ressourcenschonenden Effekt des E-Schrott-Recyclings zu schaffen. Im Zusammenhang mit der Novelle des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) sollte deshalb unter Einbezug aller Beteiligten – Hersteller, Handel, Verbraucherverbände, Konsumenten, Recyclingwirtschaft und Kommunen – ein Dialogprozess begonnen werden, um zu tragfähigen Konzepten zu kommen. Diese Auffassung teilt auch Thomas Rummler vom Bundesumweltministerium (BMU) und kündigte an: „Das BMU ist bereit sich einzubringen. Im nächsten Jahr sollten Gespräche mit den Akteuren geführt werden.“
„Wir brauchen dringend eine Ausweitung der Sammelnetze“, betonte auch bvse-E-Schrott-Experte Engmann. Diese könnten auf kommunalen Strukturen aufbauen, dürften jedoch zusätzliche privatwirtschaftliche Initiativen, zum Beispiel in der Kleingerätesammlung, nicht ausbremsen. Andreas Habel, Fachreferent für Elektro(nik)-Schrott beim bvse ist überzeugt: „Je näher die Sammlung am Bürger ist, desto erfolgreicher wird sie sein.“ Deshalb müssten alternative Erfassungssysteme, insbesondere für Kleingeräte, diskutiert werden.
Eine Möglichkeit sei ein Sammelsystem mit Containern analog zur Altglaserfassung. Auch über eine Einbeziehung der Schadstoffmobile oder einer Annahme an privaten Sammelstellen müsse nachgedacht werden. Klar müsse aber auch sein: „Derzeit wird die Lücke bei der Erfassung von teils unseriösen Sammlern ausgenutzt, die Geräte direkt bei den Bürgern oder sogar vor den Wertstoffhöfen abgreifen. Die schrottreifen Altgeräte werden dann nicht fachgerecht entsorgt oder landen schlimmstenfalls als Gebrauchtgeräte in Entwicklungsländern, wo sie Umwelt- und Gesundheitsschäden anrichten. Das muss aufhören“, so Habel.
Neue Wertstofftonne nicht geeignet als alternative Erfassungsmöglichkeit
Die Altgeräte gehören nach Auffassung des bvse aber nicht in die neue Wertstofftonne. Die Branchenvertreter warnten vor der Gefahr einer Schadstoffverschleppung bei einer gemeinsamen Erfassung der Altgeräte mit Verpackungen. Laut Thomas Gäckle vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) besteht jedoch Einvernehmen darüber, dass zunächst nur stoffgleiche Nichtverpackungen in der neuen Wertstofftonne erfasst werden. Gäckle stellte weiterhin die Bedeutung einer leistungsfähigen Recyclingindustrie als Baustein der Rohstoffstrategie der Bundesregierung heraus und kündigte den Ausbau der Sammlung und Verwertung von Elektro(nik)-Altgeräten an. Für eine effiziente Kreislaufwirtschaft seien private und kommunale Unternehmen gleichermaßen einzubeziehen: „Der Zugang zu Wertstoffen soll im Wettbewerb erfolgen.“
Auch Thomas Rummler sieht Verbesserungsbedarf bei der Sammlung, dem Transport und der Behandlung von Altgeräten sowie der Kontrolle von Exporten. Dennoch müsse man anerkennen, dass das Sammelziel von vier Kilogramm pro Einwohner und Jahr bereits weit übertroffen sei. Im Rahmen der anstehenden Novelle der WEEE-Richtlinie (Waste Electrical and Electronic Equipment) werde derzeit beispielsweise eine Rücknahmepflicht des Handels, unabhängig davon, ob ein neues Gerät verkauft wird oder nicht, diskutiert, berichtete Rummler. Alternativ könnten die Mitgliedsstaaten effiziente Systeme zur Rücknahme aufbauen.
Die Branche, das wurde auf dem 10. Elektro(nik)-Altgeräte Tag deutlich, versteht sich heute als Motor einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft und wichtiger Lieferant von Sekundärrohstoffen. Wie diese zukünftig erfolgreich gesichert werden können, hängt jedoch maßgeblich von den politischen Rahmenbedingungen ab. Der bvse fordert deshalb eine Anhebung der Sammelquoten, Raum für mittelständische Entsorger, Verhinderung illegaler Exporte, Stärkung des Umweltaspektes beim Bürger und die Weiterentwicklung der Sammelnetze.