Bei der Einschätzung der w irtschaftspolitischen Rahmenbedingungen gibt es laut Herbstumfrage des BDI eine leichte Eintrübung. Aktuell bezeichneten nur noch 41 Prozent der Befragten die Rahmenbedingungen als gut oder sehr gut. Im Juni seien es noch 51 Prozent gewesen. Eindeutig wichtigstes Handlungsfeld der Wirtschaftspolitik sei mit einer Zustimmung von 86 Prozent der mittelständischen Industrieunternehmen die Haushaltskonsolidierung. Sie stehe nun erstmals an der Spitze des Forderungskatalogs an die Wirtschaftspolitik. An zweiter Stelle werde mit 66 Prozent die Rettung der Eurozone genannt, führt der BDI weiter aus.
„Aus realwirtschaftlicher Perspektive gibt es keinen Anlass, mit einer Rezession zu rechnen. Die deutsche Industrie ist, was ihre Fundamente angeht, gut aufgestellt“, sagte Arndt G. Kirchhoff, Vorsitzender des BDI/BDA-Mittelstandsausschusses, bei der Präsentation der BDI-Umfrag in Berlin. Sorgen bereiteten allerdings die Finanzmärkte. Dort drohten Risiken, die nicht kalkulierbar seien. „Es mangelt vor allem an Vertrauen in die Politik, dass sie zur Bew ältigung der Staatsschuldenkrise w irklich nachhaltige Lösungen findet und auch umsetzt.“
Die Befragungsergebnisse zeigen eine deutliche Verunsicherung der Unternehmen, so der BDI. So könne jedes siebte Unternehmen beim Ausblick für die nächsten zw ölf Monate keine konkreten Angaben machen. „Allerdings sind die Konjunktursorgen nicht allein auf die Zuspitzung der Staatsschuldenkrise zurückzuführen. Als w ichtigsten Risikofaktor für die eigene Geschäftstätigkeit bezeichnen 73 Prozent der befragten Unternehmen die Entw icklung der Energie- und Rohstoffpreise“, erklärte Frank Wallau, Professor am Institut für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn.
Enge Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette als wichtig eingestuft
Die Umfrage zeige, wie wichtig den Unternehmen die enge Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette am Standort Deutschland sei. Dies gilt umso mehr, als heimischen Anbietern in punkto Qualität, Beratung und Kundennähe ein klarer Vorsprung vor der ausländischen Konkurrenz bescheinigt werde. Daher sei es von größter Bedeutung, so betonte IKB-Chefvolkswirt Kurt Demmer, dass das industrielle Netzwerk in seiner einzigartigen Dichte erhalten bleibe – einschließlich Sektoren mit hohem Energieverbrauch, die durch den absehbaren Energiepreisanstieg existentiell getroffen würden. „Ohne die Innovationsbeiträge von Unternehmen aus energieintensiven Branchen wie Chemie und Metallerzeugung würde die gute Marktposition der deutschen Wirtschaft gerade in Zukunftsfeldern wie regenerative Energien und Elektromobilität nachhaltig geschwächt. Und nur mit den Spitzenprodukten dieser Industrien wird sich die Energiewende in Deutschland realisieren lassen“, erklärte Demmer.
Das Thema Nachhaltigkeit wird laut Umfrage in vielen mittelständischen Unternehmen noch nicht ernst genug genommen. Und das, obw ohl Konsumenten immer häufiger umweltschonende Produkte nachfragen und obwohl es den Finanzmärkten immer wichtiger werde, dass Unternehmen Transparenz über ihr nachhaltiges Wirtschaften schaffen: Weniger als 50 Prozent der Befragten hätten nachhaltige Unternehmensführung in ihren Unternehmensgrundsätzen verankert. Nur in jedem dritten Unternehmen sei Nachhaltigkeit schriftlich fixiert. Hätten 2006 noch 60 Prozent der befragten Unternehmen angegeben, umwelt- und ressourcenschonende Produktionsmethoden anzuwenden, tue dies in der aktuellen Befragung nur noch jedes zweite Unternehmen.
Hauptmotivation für eine nachhaltige Unternehmensführung ist für die Unternehmen laut BDI ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit – die Festigung der Kundenbeziehung spiele dagegen eine weit geringere Rolle. „Nachhaltigkeit ist jedoch zunehmend eine Frage der Compliance und der Geschäftstätigkeit. Unternehmen sollten sich daher dringend klar darüber werden, wie sie Nachhaltigkeit in ihre Geschäftsprozesse integrieren können“, stellt Peter Englisch, Partner bei Ernst & Young, fest.