Die Begründung für die Einberufung des Vermittlungsausschusses sei die Klarstellung der Überlassungspflicht, also die eindeutige gesetzliche Regelung, dass private Haushalte keine Verträge zur Entsorgung von Wertstoffen mit privaten Anbietern schließen dürfen, wie der Abfallwirtschaftsbetrieb München erklärt. Weiter werde nochmals über die Gleichwertigkeitsprüfung verhandelt, die die Entsorgung von Wertstoffen durch private Entsorger parallel zu kommunalen Betrieben ermögliche, sofern der kommunale Entsorger kein gleichwertiges Sammelsystem in Bezug auf Service, Qualität, Umfang, Effizienz und Dauer anbiete. Der Vorschlag des Bundestags sei als nicht tragfähiger Kompromiss abgelehnt worden, da er für die Behörden der Länder kaum vollziehbar wäre und eine Rosinenpickerei, also ein Sammeln gut vermarktbarer Abfälle, durch gewerbliche Sammler begünstigen würde.
„In München sammeln wir seit Jahren Papier und Bioabfälle flächendeckenden direkt am Haus und erfassen auf unseren zwölf Wertstoffhöfen über 30 Abfallfraktionen getrennt. So gab es bereits vor einigen Jahren, als private Anbieter versucht haben, Papier in Münchner zu sammeln, kein Betätigungsfeld für sie“, erklärt AWM-Werkleiter Schmidt. „Auch wir sehen die unklare Definition von Gleichwertigkeit kritisch, sind aber gut gerüstet.“ Im Großstadtvergleich sei München in Bezug auf getrennte Sammlung und hochwertige Verwertung von Wertstoffen bereits jetzt weit vorn.
„Durch die unklaren Formulierung der Gleichwertigkeit würden wir deutlich an Planungssicherheit verlieren, was sich negativ auf unser nachhaltiges und ökologisches Abfallkonzept auswirken würde,“ so Schmidt. „Gleichzeitig hoffen wir darauf, dass das Gesetz noch dahingehend geändert wird, dass die Abfallentsorgung ökologischer gestaltet werden kann. Insbesondere für Metalle und Papier hätte aus unserer Sicht eine deutlich höhere Recyclingquote als 65 Prozent festgelegt werden müssen. In München haben wir bei Papier bereits eine Recyclingquote von deutlich über 75 Prozent, bei Metallen fast 100 Prozent.“
Alle Abfälle, die nicht recycelt werden, kommen in die Münchner Müllverbrennungsanlage (MVA) und werden zur Erzeugung von Strom und Fernwärme genutzt. Da die MVA die R1 Kriterien erfülle, also einen Wirkungsgrad von über 60 Prozent und damit Verwerterstatus habe, würden die hier verbrannten Siedlungsabfälle vollständig energetisch genutzt. Die in München gesammelten Bioabfälle werden laut AWM zur Hälfte in der Trockenfermentationsanlage in Freimann zu Biogas vergoren und zur Stromerzeugung verwendet. Aus dem Gärrest werde Kompost, aus dem die Münchner Blumenerde hergestellt wird. Die andere Hälfte werde teils in der Vergärungsanlage des Landkreises oder in regionalen Kompostierwerken verwertet. Das bedeute, so Schmidt, die Münchner Bioabfälle werden zu 100 Prozent stofflich verwertet. All das geschehe ortsnah, ohne Ferntransporte und in Zusammenarbeit mit regionalen mittelständischen Unternehmen.
„Mit der Novellierung sollen die Vorschriften der neuen EU-Abfallrahmenrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden. Die Abfallrahmenrichtlinie zielt darauf ab, Umwelt- und Ressourcen bei der Abfallbehandlung noch mehr zu schonen, Abfälle weitest möglich zu vermeiden und Recycling- und Verwertungsquoten zu erhöhen“, sagt AWM-Mann Schmidt. „Nun wird versucht, zusätzlich die Überlassungspflichten von Abfällen aufzuweichen, um den Wettbewerb zu fördern. Das heißt ein Umweltgesetzgebungsverfahren wird für ordnungspolitische Belange missbraucht. Ökologisch und ökonomisch sinnvoller ist es aus unserer Sicht hohe stoffgruppenspezifische Recyclingquoten festzulegen und die Umsetzung den Kommunen zu überlassen.“
Derzeit sei nicht vorauszusehen, wie sich die Situation in der Münchner Abfallentsorgung langfristig entwickeln werde. Eine Konkretisierung der umzusetzenden Maßnahmen werde erst durch das neue Wertstoffgesetzt erfolgen, das in den nächsten Jahren verabschiedet werden soll. Wie Wertstoffe in München dann entsorgt werden und ob eine oder mehrere zusätzliche Wertstofftonnen an den Münchner Haushalten stehen werden, zeige sich erst dann.
„Der Streit um die Wertstoffe wird weitergehen, schließlich handelt es sich um einen Markt von zwei Milliarden Euro pro Jahr,“ so Helmut Schmidt. „Anders als private Unternehmen arbeiten wir als kommunaler Eigenbetrieb nicht gewinnorientiert. Der AWM nutzt Einnahmen, um eine ökologische und nachhaltige Abfallwirtschaft zu betreiben und gibt Überschüsse in Form von stabilen oder sinkenden Gebühren direkt an die Bürgerinnen und Bürger zurück.“