2002 habe die frühere Verwaltungsgemeinschaft Sangerhausen – die heute mit dem Mansfelder Land dem Landkreis Mansfeld-Südharz angehört – ohne Ausschreibungsverfahren einen Abfallentsorgungsvertrag mit einem öffentlich-privaten Unternehmen geschlossen. 2004 habe dasselbe Unternehmen den Zuschlag für einen Auftrag des Mansfelder Lands erhalten, diesmal jedoch im Anschluss an ein EU-weites Ausschreibungsverfahren, schildert die EU-Kommission.
2007 wurden Sangerhausen und das Mansfelder Land im Landkreis Mansfeld Südharz vereint und hielten nun 75 Prozent des Unternehmens, das den Abfallentsorgungsauftrag ausführt. Die Aufträge laufen bis 2015 beziehungsweise 2017. Allerdings habe der Landkreis 2009 seine gesamte Beteiligung an dem Unternehmen an ein anderes privatwirtschaftliches Unternehmen verkauft.
Nach eindeutiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der EU müssen öffentliche Aufträge (erneut) ausgeschrieben werden, wenn sie gegenüber dem ursprünglichen Auftrag in wesentlicher Weise geändert wurden. Die Kommission ist der Auffassung, dass angesichts der Beteiligung des neuen Eigentümers am Auftragsmanagement der Eigentümerwechsel des auftragnehmenden Abfallentsorgungsunternehmens eine neue Auftragsvergabe darstellt. Deshalb müsste der Auftrag nach Ansicht der Kommission im Einklang mit den EU-Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen erneut Gegenstand eines offenen und durch Wettbewerb gekennzeichneten Ausschreibungsverfahrens sein.
Im Rahmen der öffentlichen Beschaffung wendeten staatliche Stellen Mittel auf, um Infrastruktur zu errichten und alle Arten von Gütern und Dienstleistungen, von Computersystemen über Kläranlagen und Werftarbeiten bis hin zu Beratungsdiensten, zu erwerben. Der Anteil der öffentlichen Aufträge am BIP der EU wird auf insgesamt etwa 17 Prozent geschätzt. Die im EU-Vergaberecht vorgeschriebenen offenen und transparenten Vergabeverfahren bedeuteten mehr Wettbewerb und besseren Schutz vor Korruption sowie bessere Waren und Dienstleistungen und ein günstigeres Preis-Leistungs-Verhältnis für den Steuerzahler, erläutert die EU-Kommission.
Werden wesentliche Bedingungen eines öffentlichen Auftrags geändert, ohne anderen Bietern die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Ausschreibung zu geben, so bestehe ein ernsthaftes Risiko der Wettbewerbsverzerrung, der Abschreckung potenzieller neuer Bieter sowie der Verschwendung von Steuergeldern.-
Die Aufforderung der Kommission an Deutschland ergeht in Form einer mit Gründen versehenen Stellungnahme; dies ist die zweite Stufe des EU-Vertragsverletzungsverfahrens. Teile Deutschland nicht innerhalb von zwei Monaten mit, welche Maßnahmen zur Einhaltung der EU-Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen getroffen wurden, so könne die Kommission den Europäischen Gerichtshof mit dieser Angelegenheit befassen.