„Wird im Abfallrecht die Möglichkeit geschaffen, dass sich private Unternehmen die lukrativsten Geschäfte herauspicken können, sind drastische Gebührenerhöhungen für die privaten Haushalte die Folge.“ Das betonten heute die Präsidenten des Deutschen Städtetages, des Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Oberbürgermeister Christian Ude (München), Landrat Hans Jörg Duppré (Südwestpfalz), Bürgermeister Roland Schäfer (Bergkamen) sowie der Präsident des VKU, Oberbürgermeister Stephan Weil (Hannover).
Bei ihrer Forderung gehe es den Kommunen nicht um Einnahmen zu Gunsten der kommunalen Haushalte. Jeder Euro, den eine Kommune mit werthaltigem Haushaltsabfall wie Altpapier verdiene, komme aufgrund gebührenrechtlicher Vorgaben den Gebührenzahlern zugute: „Die Bürger, die Wertstoffe getrennt sammeln und bereitstellen, erwarten zu Recht, dass sie in den Genuss der damit erzielten Gewinne kommen. Durch die Zulassung gewerblicher Sammlungen würden hingegen abfallwirtschaftliche Gewinne privatisiert und zugleich Verlustgeschäfte kommunalisiert“, heißt es weiter.
Die Kommunen und ihre Unternehmen wenden sich der Stellungnahme zufolge entschieden gegen die im Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit privater Unternehmen, sogenannte gewerbliche Sammlungen durchzuführen, also die im Hausmüll enthaltenen Wertstoffe abzuschöpfen. Die Verbände stützen ihre Kritik auf ein Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2009 (Aktenzeichen 7 C 16.08). Im Streit um die Zulässigkeit einer kommerziellen Altpapiersammlung hatte das Gericht höchstinstanzlich die Entsorgungsverantwortung für den Hausmüll einschließlich der darin enthaltenen Wertstoffe den Kommunen zugewiesen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sehe vor, diese Rechtslage grundlegend zu ändern. Dadurch sehen die Kommunen ihre Entsorgungshoheit und ihren Zugriff auf Wertstoffe wie Altpapier in Gefahr. „Der vorliegende Gesetzentwurf erlaubt Privatunternehmen das Rosinenpicken und degradiert die Kommunen zu Lückenbüßern für kostenträchtige Entsorgungsaufgaben“, erklärten die Präsidenten der kommunalen Spitzenverbände und des VKU.
Die Kommunen begrüßen die Festlegung ehrgeiziger Recyclingquoten für Wertstoffe, lehnen aber bundesrechtliche Vorgaben zur Ausgestaltung ihrer Sammelsysteme ab. Auch der europäische Gesetzgeber habe auf Vorgaben zur Ausgestaltung der Sammelsysteme in der Abfallrahmenrichtlinie verzichtet. Mittel und Wege zu bestimmen, die über Quoten festgelegten Ziele zu erreichen, müssten auch weiterhin den Kommunen unter Berücksichtigung der lokalen Bedürfnisse überlassen bleiben. Die Bezeichnung des Systems als „Wertstofftonne“ im Gesetz greife daher zu kurz.
Auch EU-rechtlich sei eine Stärkung der kommunalen Verantwortung zulässig: „Der Lissabon-Vertrag lässt es ohne Weiteres zu, die Hausmüllentsorgung umfassend den Kommunen zuzuweisen. Indem sich die Bundesregierung auf vermeintliche europarechtliche Pflichten beruft, versucht sie sich der ordnungspolitischen Diskussion um die kommunale Zuständigkeit für die Hausmüllentsorgung zu entziehen“, so die Präsidenten.