Noch zu Jahresbeginn war die Wirtschaft wegen der Finanzkrise mit 3,5 Prozent so stark abgestürzt wie noch nie seit Beginn der Statistik 1970. Der Staatshaushalt ist dagegen im ersten Halbjahr ins Minus gerutscht.Die Wirtschaft kam vor allem dank der privaten und staatlichen Konsumausgaben wieder in Fahrt. Sorge machten dagegen die Exporte und die Unternehmen, die weniger in Maschinen und Anlagen investierten.
Die Deutschen kauften aber kräftig und steckten 0,7 Prozent mehr in den privaten Verbrauch als zu Jahresbeginn – unter anderem wegen der stabilen Preise und der Abwrackprämie von 2500 Euro, die einen Boom beim Autokauf auslöste. Der Staat erhöhte seine Ausgaben um 0,4 Prozent. Dank der Frühjahrsbelebung und der Konjunkturprogramme zum Ausbau der Infrastruktur hatte auch die Bauindustrie mehr zu tun. Die Bauinvestitionen stiegen um 1,4 Prozent, allerdings hatte die Industrie zu Jahresbeginn unter dem strengen Winter gelitten.
Die Wirtschaftskrise hat den deutschen Staatshaushalt im ersten Halbjahr tief in die roten Zahlen gestürzt. Wegen sinkender Steuereinnahmen und hoher Ausgaben belief sich das Finanzierungsdefizit des Staates auf 17,3 Milliarden Euro – nach einem Überschuss von gut 7 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2008. Das Staatsdefizit lag bei 1,5 Prozent des BIP. Damit erfüllte Deutschland das Maastricht-Kriterium von maximal 3,0 Prozent.
Es ist aber längst nicht alles ausgestanden, die Folgen der Finanzkrise belasten die Wirtschaft immer noch massiv. 2009 wird die Wirtschaftsleistung wegen des schlechten Jahresauftakts so stark sinken wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Wegen der guten Daten aus dem Frühjahr dürfte das Minus im Gesamtjahr aber kleiner ausfallen als gedacht. Volkswirte revidierten am Dienstag ihre Prognosen und rechnen nun mit rund minus fünf statt – wie die Bundesregierung – mit minus sechs Prozent. Die DekaBank erwartet, dass die Wirtschaft nur um 4,6 Prozent schrumpft.
Der langjährige Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft, die Exporte, machen jedoch Sorge. Wegen der weltweiten Flaute sank die Nachfrage nach Produkten «Made in Germany» im Frühjahr. Der Außenhandel des Exportweltmeisters Deutschland trug dennoch zum Mini- Aufschwung bei, da die Importe stärker zurückgingen (minus 5,1
Prozent) als die Exporte (minus 1,2 Prozent).
Gebremst wurde die Konjunktur dagegen von vielen Unternehmen. Wegen der ungewissen Aussichten räumten viele ihre Lager und fuhren die Produktion herunter. Zudem steckten sie wegen der schwachen Auslastung der Werke und der Kreditklemme 0,5 Prozent weniger Geld in Maschinen und Ausrüstung als im Vorquartal.
„Die Talfahrt bei Exporten und Ausrüstungsinvestitionen hat an Schwung verloren, das lässt auf eine dauerhafte Wende zum Besseren hoffen“, kommentierte Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen die Zahlen. Für das dritte und vierte Quartal rechnet die Bank mit einem Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von jeweils 0,8 Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorquartal.
Wegen des dramatischen Einbruchs zum Jahresbeginn steht die deutsche Wirtschaft aber immer noch schlechter da als vor einem Jahr. Im zweiten Quartal sank das BIP im Vorjahresvergleich um 7,1 Prozent, kalenderbereinigt nur um 5,9 Prozent. Auch diese Daten bestätigte das Bundesamt. (dpa)