Von Ena Smidt, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Abfallwirtschaft der Universität für Bodenkultur Wien
Das vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung unterstützte Projekt startete im Januar 2007 und läuft noch bis September dieses Jahres. Entsprechend der österreichischen Deponieverordnung darf Restmüll seit Januar 2004 nicht mehr unbehandelt deponiert werden. Die mechanisch-biologische Behandlung ist neben der Verbrennung eine der Möglichkeiten, das Material hinsichtlich gasförmiger Emissionen zu stabilisieren.
Die Ablagerungskriterien für die Massenabfalldeponie sind durch Grenzwerte festgeschrieben. Die Einhaltung der Atmungsaktivität (AT4), der Gasspendensumme (GS21) und des Brennwertes ist vor der Ablagerung nachzuweisen. In früheren Untersuchungen hat sich gezeigt, dass sich die Reaktivitätsparameter AT4 und GS21 im Infrarotspektrum und der Brennwert im thermischen Verhalten des Abfalls widerspiegeln. In diesem Projekt werden Vorhersagemodelle entwickelt, die auf einer großen Zahl an Proben, infrarotspektroskopischen beziehungsweise thermoanalytischen Untersuchungen und statistischen Auswertemethoden beruhen.
Die Modelle sollen die Anwendung dieser schnellen und umweltfreundlichen Methoden in der Praxis ermöglichen, die über die Parameterbestimmung hinaus noch weitere Informationen über das Material liefern. Aufgrund der vielen Proben konnte durch die zusätzliche Bestimmung konventioneller Parameter ein gutes Bild über die Situation der Anlagen gewonnen werden.
Die Vorhersagemodelle erfordern eine große Anzahl an Proben, die einen weiten Bereich unterschiedlicher Reaktivitäten und Brennwerte repräsentieren. Die Probennahmen erfolgten mehrmals im Jahresverlauf, um jahreszeitliche Schwankungen in der Zusammensetzung des Inputmaterials zu erfassen. Daraus konnte später die Gleichmäßigkeit der Prozessführung abgeleitet werden. Insgesamt wurden etwa 300 Proben untersucht.
Durch die Probennahmen war es möglich, die Gaszusammensetzung während der Rotte zu messen. Ein ähnliches Bild bot sich in den meisten Anlagen. Atmungsaktivität (AT4), Gasbildungspotenzial (GS21) und Brennwert bildeten neben den infrarotspektroskopischen und thermoanalytischen Untersuchungen die Grundlage für die Modellbildung. Zur Vervollständigung wurden die Parameter Glühverlust, organischer Kohlenstoff (TOC), Gesamtstickstoff (TN), Ammonium- und Nitratstickstoff, niedermolekulare Carbonsäuren (Essigsäure bis Valeriansäure), Leitfähigkeit und pH-Wert von den einzelnen Rottestadien bestimmt. Dabei wurden nicht durchgehende Prozesse beprobt, sondern unterschiedliche Chargen, die bei den Probennahmen zur Verfügung standen. Dennoch lassen sich anlagenspezifische Verläufe einzelner Parameter abbilden.
Allerdings zeigte sich auch, dass der Abbau durch Schwankungen in der Prozessführung nicht immer gleichmäßig vor sich ging. Gemessen an den Parametern pH-Wert, Gesamtstickstoff (TN in Prozent Trockenmasse, TM) und Leitfähigkeit (Lf in mS cm-1) wurde die Atmungsaktivität der Proben vor und nach acht Wochen dauernder Behandlung untersucht. Es zeigte sich, dass die Atmungsaktivität nach acht Wochen in den meisten Materialien deutlich abgenommen hat und dass manche MBA-Proben bereits den Grenzwert der österreichischen Deponieverordnung von 7 mg O2 g-1 TM erreicht haben.
Im Laufe des Projektes sollte auch die Aussagekraft der konventionellen Parameter überprüft werden. Summenparameter wie gesamter organischer Kohlenstoff (TOC) und Gesamtstickstoff (TN) liefern nur ein grobes Bild über den Abbauprozess. Die Dynamik der Prozesse, vor allem der ersten, intensivsten Abbauphase, spiegelt sich gut in den Gehalten an Ammonium-Stickstoff und niedermolekularen Carbonsäuren wider. Erwartungsgemäß liefern die biologischen Tests (Atmungsaktivität und Gasbildung) die meiste Information über das Verhalten des Materials und die Prozesskinetik.
Rückstandsfreie Probenaufbereitung
Die vielfältigen Strukturen und die unterschiedliche Konsistenz der Güter und Substanzen, aus denen sich der Restmüll zusammensetzt, verlangen verschiedene mechanische Aufbereitungsschritte. Die Herstellung einer rückstandsfreien Probe mit entsprechender Feinheit für Einwaagen im Milligrammbereich (für Infrarotspektroskopie und Thermoanalyse) und die geforderte Reproduzierbarkeit, stellt bei MBA-Material eine Herausforderung dar.
Dieses Vorhaben gelang nach mehreren Wochen, als die bestmögliche Art der Probenzerkleinerung gefunden worden war. Durch den besonders in frischen Abfällen auftretenden hohen Gehalt an faserigen Bestandteilen (Cellulose) erwies sich die mehrstufige Bearbeitung mit der Schneidmühle vor dem Mahlen in der Zentrifugalmühle als notwendig, um Partikel gleicher Geometrie zu erhalten. Letztere ist für die gute Reproduzierbarkeit unerlässlich.
Vergleich der Atmungsaktivitäten
Materialien desselben Alters zeigen nicht immer das gleiche Entwicklungsstadium. In Abbildung 2 werden die Atmungsaktivitäten mehrerer deponiefähiger Chargen zweier Anlagen (F und O) dargestellt. Nicht immer wurde dabei der Grenzwert von
7 mg O2 g-1 TM eingehalten. Um die Vorteile zu bestimmen, wurden unbehandelter, abgelagerter Restmüll und eine 30 Jahre alte Hausmülldeponie miteinander verglichen. Die infrarotspektroskopischen und thermoanalytischen Daten sind nicht nur Grundlage für die Entwicklung der Vorhersagemodelle, sondern dienen aufgrund ihrer umfassenden Information auch zur Charakterisierung des Materials und lassen sich auf unterschiedliche Weise auswerten.
In der Auswertung wurde eine Hauptkomponentenanalyse (Principal Component Analysis, PCA) durchgeführt, die mit den Wärmestromkurven gerechnet wurde. Das Probenset umfasste alle MBA-Proben (frisch bis deponiefähig), unbehandelte Restmüllproben und Proben einer Altablagerung. Der unbehandelte Restmüll wurde bis zum Jahr 2007 in eine Deponie (mit Ausnahmegenehmigung) verfüllt. Die Altablagerung enthielt neben unbehandeltem Hausmüll auch Bauschutt.
Das Ergebnis zeigte, dass sich das MBA-Material durch die Behandlung bereits in einem Stadium befindet, das unbehandelter Restmüll auch nach Jahren noch nicht erreicht hat. Die Lage der Altablagerungsproben in der PCA ergibt sich durch den hohen Anteil an mineralischen Komponenten. In einer Anlage wird nach kurzer biologischer Behandlung die deponiefähige Schwerfraktion mit einem hohen Anteil an mineralischen Komponenten von der leichten organikreichen Fraktion getrennt, die in die thermische Verwertungsschiene gelangt. Diese Schwerfraktion ähnelt in ihrem thermischen Verhalten der Altablagerung.
Stabile Restmüll-Zusammensetzung
Neben der Entwicklung der Vorhersagemodelle für die Parameter Atmungsaktivität, Gasbildungspotenzial und Brennwert lieferten die Daten wertvolle Informationen über den Betrieb der österreichischen MBA-Anlagen. Aufgrund der infrarotspektroskopischen und thermoanalytischen Charakteristik der MBA-Materialien ließ sich zeigen, dass in der jahreszeitlichen Zusammensetzung des Restmülls keine signifikanten Unterschiede bestehen. Die Abweichungen zwischen den einzelnen Entwicklungsstadien des MBA-Materials innerhalb einer Anlage sind größer als die Unterschiede zwischen den Anlagen. Das heißt, dass die Restmüllzusammensetzung in ganz Österreich ziemlich ähnlich ist.
Huminsäuregehalt bis zu 28 Prozent
Eine Ausnahme bilden die Anlagen, die eine größere Menge an Klärschlamm mitbehandeln und/oder die gesamte biogene Fraktion enthalten, wenn in der Region keine getrennte Sammlung dieser Abfälle durchgeführt wird.
MBA-Material, das die biogene Abfallfraktion enthält, zeigt eine viel bessere Humifizierung. Huminsäuregehalte von bis zu 28 Prozent (bezogen auf die organische Trockenmasse, oTM) wurden in diesen Materialien bestimmt. Im Gegensatz dazu enthält deponiefähiges MBA-Material etwa 10 bis 12 Prozent (oTM). Damit wurde die früher aufgestellte Hypothese bestätigt, dass native organische Substanz, wie sie in biogenen Abfällen (Garten-, Obst-, Gemüseabfälle) vorkommt, für eine gute Humifizierung unerlässlich ist. Das bedeutet aber nicht, dass man von dem Konzept der getrennten Sammlung biogener Abfälle abkommen soll. Sie garantiert die notwendige Schadstoffarmut des Inputmaterials und die in dieser Hinsicht erreichte Qualität des Kompostes.
Mängel bei MBA-Anlagen
Die größten betrieblichen Schwierigkeiten entstehen durch zu geringe Luftzufuhr und Wassermangel. Schlecht gereinigte Öffnungen der Belüftungsvorrichtungen, technische Mängel oder zu große in einer Charge behandelte Abfallmengen sind Gründe, die häufiger festgestellt wurden. Geruchsprobleme sind ebenfalls auf diese Mängel zurückzuführen. Zu geringer Wassergehalt, der als Vorteil bei der Siebung angesehen wird, hemmt häufig den mikrobiellen Abbauprozess. Die Ergebnisse haben jedoch gezeigt, dass eine biologische Vorbehandlung unter kontrollierten Bedingungen in relativ kurzer Zeit zu stabilem deponiefähigem Material führt und dass der MBA-Deponie eine wesentliche Rolle als Kohlenstoffsenke zukommt.
Die Stabilisierungsmechanismen und die Menge des langfristig gebunde
nen Kohlenstoffs bleiben Gegenstand weiterer Untersuchungen des Instituts für Abfallwirtschaft an der Universität für Bodenkultur.