Von Gerhard Wirsig
Am Vortag des 21. Kasseler Abfall- und Bioenergieforums verkündete der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA): „Wir rechnen ab Jahresmitte mit dem Ende der bisherigen Talfahrt bei den Auftragseingängen“. Ein Anlass, um bei Ausstellern und Teilnehmern des Kasseler Forums nachzufragen, wie sie die Lage aktuell einschätzen und erleben:
Die Biogas-Anlagenbau Langenau GmbH bei Ulm bezeichnet ihre Perspektive als hoffnungsvoll. Laut Hans Deuschl, zuständig für Automatisierungstechnik, hält sich das Interesse aus dem In- und Ausland in etwa die Waage. Das Unternehmen war zunächst Betreiber einer Vergärungsanlage und ist seit Anfang 2008 selbst Anbieter von Anlagen zur Trockenfermentation von Silagen, Grüngut und Bioabfall im Batch-Betrieb. Die erste Anlage entstand in Langenau, eine zweite soll in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart folgen.
Bei Bellwether Gasification Technologies Ltd. aus Hennigsdorf bei Berlin verspürt man weltweites Interesse an dem selbst entwickelten Vergasungsverfahren IMG (Integrated Multifuel Gasification) für heizwertreiche oder metallhaltige Abfälle. Geschäftsführerin Marion Hagedorn erwähnt als aussichtsreiche Zielländer die USA und Kroatien. Die erste Anlage wurde in Rumänien realisiert. Sie ist für die Verarbeitung von jährlich 80.000 Tonnen Hausmüll ausgelegt.
„Die Talsohle ist noch nicht durchschritten“. So schätzt Ralf Bohn, Geschäftsführer der B+T Umwelt GmbH die Lage ein. Im zweiten Halbjahr könne es besser werden. Das auf die Verwertung von Reststoffen aus der Papierindustrie spezialisierte Unternehmen ist Besitzer und Betreiber der Ersatzbrennstoff-Aufbereitungsanlage (EBS) Weidenhausen und des EBS-Kraftwerkes Witzenhausen, beide in der Nähe von Kassel. Der Anteil des Auslandsumsatzes liegt laut Bohn in der Größenordnung von 10 Prozent, mit steigender Tendenz. Chancen im Ausland würden sich vor allem dann ergeben, wenn dort ein Partner für die thermische Verwertung von Ersatzbrennstoffen, etwa aus Hausmüll, gefunden werde. Derzeit gebe es Projekte in Spanien und Ungarn.
In der thüringischen Hammel Recyclingtechnik GmbH, spezialiert auf die Zerkleinerung von Holz, Metall und Abfall, ist die Stimmung eindeutig positiv. „Es ist noch kein Auftragsrückgang zu verzeichnen“, sagt Vertriebsmitarbeiter Rainer Grebe. Der weltweite Export mache etwa 90 Prozent des Umsatzes aus. Man arbeite mit Vollauslastung und habe ein zufriedenstellendes Auftragspolster. Nach einem Boom im vergangenen halben Jahr in den USA könne Asien demnächst anziehen.
„Es gibt zur Zeit eine Bodenbildung“, beschreibt Dirk Schrader den Abfallmarkt. Er ist in der Düsseldorfer Metso Lindemann GmbH zuständig für Abfallzerkleinerungsmaschinen. Für die Abfallbehandlungskapazität in Deutschland sieht er eine Marksättigung. Er registriere jedoch eine vermehrte Nachfrage an Einzelkomponenten für bestehende Anlagen. Hinzu komme eine starke Nachfrage im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe (Nawaro). Die Abfallmärkte in England, Frankreich, Spanien, Portugal, Griechenland und Norwegen bezeichnet Schrader als ansteigend. Insgesamt sei die Nachfragesituation an Maschinen stabil, wobei es sich allerdings nur um eine Momentaufnahme handele.
Im Bereich Umwelttechnik der niedersächsischen Neuenhauser Maschinenbau GmbH wird der Auftragseingang als „ganz ordentlich“ beschrieben. Für das kommende Vierteljahr sei man zufrieden. Schwerpunkte der Sparte Umwelttechnik sind Anlagen zum Zerkleinern und Sieben. Der Export mache etwa 70 Prozent des Umsatzes aus, wobei die Tendenz steigend sei. Positiv erwähnt werden die Zielländer Großbritannien und Niederlande.
„Wir haben derzeit keinen Nachfrageeinbruch“, antwortet Andreas Puchelt auf die Frage nach einer Krise. Puchelt ist Geschäftsführer der hessischen WasteTec GmbH, die in der Planung und Ertüchtigung von Anlagen zur biologischen Abfallbehandlung und zur EBS-Gewinnung tätig ist. Es gebe eine verstärkte Nachfrage aus dem Ausland zur brennstofforientierten Abfallaufbereitung. Aktuell betreibt das Unternehmen eine Demonstrationsanlage zur Hausmülltrocknung in Singapur.
Aus Sicht des hessischen Umweltministeriums sind in Hessen keine neuen Abfallbehandlungsanlagen zu erwarten. Günter Treudt, zuständig für Abfallwirtschaftsplanung, weiß jedoch zu berichten, dass mehrere Aufrüstungen von Kompostwerken mit Vergärungsanlagen in Arbeit oder beantragt sind.
Derartige Aufrüstungen sieht Thomas Grundmann auch als bundesweite Tendenz. Er ist Vorsitzender des MBA-Betreiberverbandes ASA e.V. in Ennigerloh. In den deutschen MBA gebe es tendenziell weniger Um- und Aufrüstungen, allerdings käme es gelegentlich zu Ersatzinvestitionen bei der Abluftbehandlung mittels RTO (regenerativ-thermische Oxidation).