Die Auflagen der EU-Gesetzgebung zu Umweltschutz und Ackerbau in den Mitgliedsländern bringen ttz Bremerhaven zufolge besonders Staaten, die bisher weitgehend ohne Klärsysteme für ihre Abwässer auskamen, in Handlungszwang. Bei der notwendigen Investition in die Produktionsinfrastruktur stehen Produzenten vor der Wahl: Entweder Investitionen in den Ausbau von besserer Anlagentechnik und damit ausländisches Know-how tätigen oder die Landwirte der Region als Abnehmer für Schwarz- und Grauwasser gewinnen und so einen beträchtlichen Teil der Investitionen für die nachhaltige Entwicklung der eigenen Region einsetzen.
Das Konsortium des EU-Projektes Biopros will daher in Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Verbänden das Wissen über die sichere und effiziente Verwendung von kommunalen Abwässern zur Biomasseproduktion stärker verbreiten. Partner aus 12 Ländern unter Leitung des ttz Bremerhaven arbeiten daran, besonders die Biomasseproduktion in den stark ländlichen geprägten östlichen EU-Ländern und dem niederschlagsarmen Südeuropa auf diese Weise zu beleben.
Die Potenziale für Landwirtschaft und Ökobilanz sprechen für sich: 10 Prozent zusätzliche Einnahmen durch die Abnahme von Abwässern könnten die Position der Landwirte erheblich verbessern und sie unabhängiger von Subventionen machen. Darüber hinaus sparen sie Kosten für Nitratdünger ein – bei den aktuellen Verteuerungsraten ein wesentlicher Faktor. Der Bedarf an CO2-neutralen Energieträgern ist immens, die Abnahme daher gesichert. Die Schonung der natürlichen Wasserressourcen durch die Bewässerung mit Abwässern kann in trockenen Gebieten rund 70 Prozent betragen. Auch für die Betreiber von Kläranlagen ergeben sich Kostenersparnispotentiale bis zu 50 Prozent für die Abwasserbehandlung.
Damit das Modell der geschlossenen Kreislaufwirtschaft sachkundig umgesetzt und Anwendungsfehler vermieden werden, versuchen die Biopros-Projektpartner Standards zu etablieren. In der dreijährigen Projektlaufzeit von Biopros wurden Best-Practice Modelle und Kostenanalysen erarbeitet, die nun über landwirtschaftliche Verbände in Schweden, Bulgarien, Polen, Estland, Tschechien, der Slowakei, Italien und Spanien potentiellen Anwendern vermittelt werden. Mehrere hundert Interessenten – Energieproduzenten, Landwirte, Prozessingenieure – haben die europaweiten Trainings bereits genutzt.
Landwirte werden in diesem System für die Abnahme des Abwassers entlohnt, dessen Inhaltsstoffe Stickstoffdünger teilweise ersetzen können. Den Entzug von Nährstoffen aus dem Boden kompensieren schnellwachsende Pflanzen durch den Abwurf ihrer Blätter, aus denen Humus gebildet wird. Pappeln und Weiden können bereits nach zwei bis vier Jahren geerntet und als Biomasse für die CO2-neutrale Energiegewinnung genutzt werden. Bei diesem Verwendungszweck tritt kein Hygieneproblem auf. Noch steht der weiteren Ausbreitung aber ein geringer Wissensstand über die Potenziale von sicherer Abwassernutzung bzw. eine Ablehnung gegenüber der Verwendung von Schwarz- und Grauwasser entgegen. In einigen Ländern schränken gesetzliche Vorgaben die Nutzung zudem stark ein.
Nach den Vorgaben des Biopros-Konsortiums hat sich der Einsatz des Kreislaufsystems bereits in einem größeren Zusammenhang bewährt: In Schweden wird das gesamte Abwasser-Recycling einer Gemeinde nach diesem Verfahren reguliert. „Dabei werden Seen (Ponds) zur Zwischenlagerung des Wassers im Winter genutzt. Durch Drip-Pipes wird es dann in der Vegetationsperiode auf die Ackerflächen gepumpt“, erläutert Projektmanager Alexander Schank aus dem Bereich Wasser-, Energie- und Landschaftsmanagement des ttz Bremerhaven. Flächenstarke ländliche Regionen ohne Kapazitäten zur Abwasseraufbereitung können dabei besonders profitieren.
Das Projekt Biopros wird von der Europäischen Union als Collective Research Project im 6. Forschungsrahmenprogramm gefördert.