„Die deutsche Lösung ist mir die liebste“

Die Umsetzungsfrist für die europäische Batterierichtlinie ist am 26. September abgelaufen. Nur sieben Staaten haben diese Frist eingehalten - Deutschland nicht. Thomas Holberg, Geschäftsführer der Dataserv GmbH, sagt im RM-Interview, er halte die momentane Situation auf dem deutschen Markt dennoch für eine der besten in ganz Europa.

Zum 26. September sollte die Batterierichtlinie der EU umgesetzt werden. In Deutschland ist das aber nicht geschehen. Wie beurteilen Sie das?

Wir kennen das ja eigentlich aus der Umsetzung der E-Schrottverordnung, also der WEEE-Direktive. Eine europäische Richtlinie zeitnah europaweit umzusetzen, ist eigentlich unmöglich. Bislang liegt Deutschland noch ganz gut im Rennen im Vergleich zu anderen. Wir hätten das natürlich auch schöner gefunden, wenn am 26. September jemand auf den Knopf gedrückt und die Batterierichtlinie umgesetzt hätte. Aber ich denke, der Zeitpunkt war nicht realistisch.

Aber andere Staaten haben die Richtlinie ordnungsgemäß umgesetzt.

Ja, was heißt das? Die Frage ist doch, funktioniert deren System?Genau das kennen wir ja auch von der E-Schrottverordnung. Wo waren da denn in Griechenland die Mengenströme? Dort hat man die Richtlinie als erstes umgesetzt.- Die fehlen in Griechenland noch heute. Die Gesetzgebung ist das eine, das andere ist das Tagesgeschäft. Wo sind neben der Umsetzung die Kontrolleure? Am Ende fehlen doch immer die Kontrollen und die nötigen Schritte gegen Wettbewerbsverzerrer.

In welchem Staat gibt es Ihrer Meinung nach die größten Probleme bei der praktischen Umsetzung der Batterierichtlinie?

In Italien. Wir betreiben dort schon länger ein Rücknahmesystem für Elektronikschrott. Das Gesetz ist im vergangenen Jahr in Kraft getreten, eine geregelte Rücknahme gibt es aber immer noch nicht. Italien ist – als Staat mit einer der rigidesten Abfallgesetzgebungen – sehr langsam in der tatsächlichen Umsetzung. Aber auch Spanien ist ein schwieriger Markt. Von den großen europäischen Ländern und bekannten Märkten sind das sicherlich die schwierigen Fälle.

Im Vergleich ziehen Sie also die deutsche Lösung vor, rechtlich zwar noch nicht umzusetzen, aber in der Praxis ein funktionierendes System zu betreiben.

Sicherlich gibt es schlimmere Lösungen. Ich denke, die Skandinavier sind immer ganz schnell in Umsetzung, schaffen aber auch sehr schnell monopolistische Strukturen. Ähnlich sieht es bei den Benelux-Staaten aus, wenn man sich Belgien oder Holland anschaut. Aber das sind natürlich auch keine riesen Flächenstaaten, und nicht föderalistisch strukturiert wie wir. Oder wenn Sie nach Spanien schauen, wo Sie noch nicht mal von der einen in die nächste Region irgendwelche Abfälle transportieren dürfen, weil da Protektionismus betrieben wird. Meiner Meinung nach können wir mit unserer deutschen Struktur noch zufrieden sein. Vor allem, dass bei uns wenigstens schon mal die Strukturen stehen, ist gut. Wir haben ja einen bestehenden Markt mit bestehenden Rücknahmemengen. Natürlich wünschen wir uns mehr Wettbewerb und mehr Möglichkeiten, aber es ist ja wenigstens schon ein bisschen Volumen und Technik vorhanden im Vergleich zu anderen Industrienationen wie Großbritannien. In diesem Markt sind kaum Mengen vorhanden und die Umweltbehörde weiß gerade einmal von vielleicht 400, 500 Tonnen, die zurückgenommen werden. Es gibt keine Kapazitäten und man weiß auch noch nicht so genau, wie man das erfassen will. Ich denke, wir Deutschen klagen hier auf einem hohen Niveau. Wir wünschen uns zwar immer, dass Gesetzgebungsprozesse schneller gehen. Gleichzeitig gibt es aber natürlich auch sehr viele Parteien, wie Hersteller und Verwerter, die mitreden wollen.

„Hersteller“ ist ein gutes Stichwort. Laut der EU-Direktive ist ja die Herstellerdefinition recht ungenau.

Das stimmt. Aber letztendlich braucht man irgendwo jemanden , der dafür verantwortlich ist, dass die Batterien in Umlauf gebracht werden. Und von daher ist es egal, ob man das Hersteller, Inverkehrbringer oder Importeur nennt. Ich denke, dass auch in Brüssel noch einiges zu klären ist: der Hersteller-Begriff, die Frage der Recyclingraten, die Registrierung, und einiges mehr. Das ist ja alles noch nicht so 100 prozentig geklärt. Da wird die technische Kommission sicher noch Input liefern und im Vergleich zur E-Schrottverordnung bin ich immer noch positiv gestimmt, dass das dieses Mal ein bisschen besser strukturiert wird.

Warum?

Weil man früh genug angefangen hat, das Thema Registrierung anzupacken und an die Industrie zu kommunizieren. Wir sind immer noch in dem Prozess, für unsere Kunden Registrierungen in verschiedenen Ländern durchzuführen und das ist ein unglaublicher Wildwuchs. Besonders internationale Konzerne haben oft Schwierigkeiten, sich vernünftig zu registrieren und die einzelnen Gesetzgebungen zu verstehen. Die verschiedenen Anforderungen in den 27 EU-Staaten plus Norwegen und Schweiz die die Batterierichtlinie im Prinzip ähnlich umsetzen das ist schon abenteuerlich. Daher haben wir immer noch die Hoffnung, dass die EU bei der Batterieverordnung die einheitliche Registrierung durchführt. In diesem Punkt sind wir in Deutschland auch noch nicht auf der sicheren Seite.

In der Branche gibt es das Gerücht, dass die Registrierung beim Umweltbundesamt (UBA) oder der Stiftung Elektro-Altgeräte-Register (EAR) angesiedelt werden soll.

Mit der EAR und ihrer Eigendynamik hat die Industrie so ihre Erfahrung gemacht. Meiner Meinung nach wäre das UBA da die bessere Adresse. Obwohl die EAR natürlich schon die Infrastruktur hat. Aber beim ElektroG ist das sicher suboptimal gelaufen, das wurde überreguliert.

Aber die Idee der EU sind laut Batterierichtlinie gemeinsame Stellen in jedem Land. In Deutschland könnte also durchaus ein System entstehen, das mit der EAR vergleichbar ist.

Aber die werden sicher nicht so ins Tagesgeschäft eingreifen, wie die EAR das durch Regeln tut. Die neue Gemeinsame Stelle will einfach nur registrieren und fertig. Das ist eine Datenbank. Und das halte ich aus Sicht unserer Kunden für sinnvoll, aber eben nicht in ähnlicher Form wie die EAR.

Sie haben erwähnt, dass die Industrie zwar bemerkt, dass die Batteriedirektive eine Rahmenrichtlinie ist. Gleichzeitig wird aber kritisiert, dass der nötige Input an die Staatenregierungen fehlt, um die Richtlinie richtig umsetzen zu können. Überwiegt bei Ihnen eher Lob oder Kritik an der EU?

Also erst mal finde ich den Versuch aller Ehren wert. Man hat sich bemüht und auch sehr früh versucht, alle Beteiligten anzuhören. Die europäischen Verbände und die Industrie haben das auch stark genutzt. Aber es fehlt sicher im Detail noch eine Klärung an einigen Stellen. Diese Schwammigkeiten führen natürlich auch immer zu diesen Problemen in der nationalen Umsetzung: Jeder macht sich seine eigenen Gedanken, kommt zu unterschiedlichen Ergebnissen und löst damit eine Diskussion aus. Wenn man Glück hat, ist man als Recycler national involviert und kann Dinge gerade rücken, bevor es irgendwie zu irgendwelchen Anforderungen kommt, die technisch gar nicht umsetzbar sind.

In der Batterierichtlinie werden zwar keine Quoten genannt, aber zwischen den Zeilen wird dennoch deutlich, dass das Recyclingziel in absehbarer Zeit deutlich über den bisher vereinbarten 60 Prozent liegt.

Ja. Aber dazu sollen ja „best available techniques“ verwendet werden. Der Begriff ist klar, aber er muss auch genau definiert und abgegrenzt werden. Es reicht nicht, , wenn ich das Zeug einfach irgendwo mit in den Schmelzofen werfe und meine Metalle raushole.

Aber genügt es denn nicht, dass die EU-Kommission thermische Verwertung und Deponierung verbietet? Es gibt Vorgaben, dass die einzelnen Materialien raus müssen und einige Stoffe gar nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürfen. Die Regeln stehen alle in der Batterierichtlinie, es werden nur keine Zahlen genannt.

Richtig, aber daran wird derzeit gearbeitet. Soweit ich weiß, kommt im Frühjahr ein Beschluss der technischen Kommission. Die haben einen Berater beauftragt, sich das Thema „best available techniques“ anzuschauen und eine Art Audit-Katalog zu erstellen. Das ist wichtig, um in Europa ein einheitlich hohes Niveau für einen einheitlichen Wettbewerb zu schaffen.

Seit zwei Jahren ist die Batterierichtlinie den Mitgliedsstaaten bekannt. In Deutschland steht das Sammelsystem, die Industrie und die Hersteller haben sich vorbereitet und auch die Verwerter sind bereit. Was fehlt, ist nur noch das Gesetz. In anderen Staaten ist es umgekehrt, das Gesetz ist da, aber das funktionierende System fehlt. Warum haben aus Ihrer Sicht zwei Jahre nicht ausgereicht, um die Richtlinie richtig umzusetzen?

In Deutschland ist dem Gesetzgeber offenbar die Zeit ausgegangen, um wirklich so die finalen Gesetze anzupassen. Und in den anderen Staaten ist fast kein Druck da. „Batterien“ ist ja, was den Mengenstrom anbelangt, ein kleines Thema. Aus abfallwirtschaftlicher Sicht kann es also nicht so schwierig sein. Aber auch, wenn das umwelttechnisch kein Problem ist, ist es natürlich administrativ schon ein Monster. Man hat sehr viele Hersteller und sehr viele Verkaufsprozesse. Ich glaube, das hat man unterschätzt. Außerdem glaube ich, dass die Regierungen mit der Umsetzung der WEEE-Direktive viel zu tun hatten und einige Regierungen auch wirklich überfordert waren.

Bis wann ist die Batterierichtlinie Ihrer Meinung nach in ganz Europa umgesetzt?

Bis 2011. Allerdings kann ich im Moment die osteuropäischen Staaten nicht so richtig einschätzen. Die sind ja manchmal noch sehr wackelig in der Umsetzung. Bis dort wirklich Volumen fließt, denke ich, werden wir noch vier bis fünf Jahre brauchen.

Herr Holberg, ich danke für das Gespräch.

Kommentar schreiben

Please enter your comment!
Please enter your name here

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.