In vielen industriellen Prozessen fallen Sonderabfälle an, die gefährliche Schadstoffe – zum Beispiel Schwermetalle – in hohen Mengen enthalten. Filterstäube aus der Müllverbrennung, Stahlwerksstäube oder feste Abfälle und Schlämme aus der Abfallbehandlung sind einige typische Beispiele dafür. Doch welche Entsorgungswege nehmen diese Abfälle? Wohin gelangen die in ihnen enthaltenen Schadstoffe? Und wie groß ist das Potenzial einer langfristigen Freisetzung dieser Schadstoffe in die Umwelt?
Diesen Fragen sind Wissenschaftler des Öko-Instituts nun erstmals qualitativ und quantitativ nachgegangen. Das alarmierende Ergebnis: „Die Möglichkeit, dass diese Schadstoffe in ein-, zwei- oder dreihundert Jahren freigesetzt werden könnten, ist viel größer als bisher angenommen“, sagt Projektleiter Günter Dehoust, Experte für Stoffstrommanagement und Ressourceneffizienz am Öko-Institut.
„Dieser Problematik ist bisher viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden. Das muss sich dringend ändern!“ Denn die Schadstofffrachten, die mit den Abfällen transportiert werden, sind beachtlich. So entspricht die Menge an Blei, die beispielsweise in den rund 500.000 Tonnen untersuchten Filterstäuben aus der Müllverbrennung konzentriert ist und bei nicht langfristiger Entsorgung in die Umwelt gelangen könnte, dem Doppelten der Gesamtsumme an Blei, das aus Produktionsanlagen jährlich über Emissionen in Gewässer und die Luft freigesetzt wird. Der Bleigehalt der zehn bedeutendsten Abfälle ist zehnmal so hoch wie die Bleiemissionen aus Produktionsanlagen.
Ähnliches gilt für Cadmium: So ist der Gehalt an Cadmium in den sechs am stärksten belasteten Abfällen ebenfalls rund zehnmal so hoch wie die gesamte aktuelle Wasser- und Luftbelastung durch Cadmium in Deutschland.
„Diese Zahlen machen deutlich, dass Böden und Gewässer schon erheblich mehr belastet werden können, wenn nur ein kleiner Teil dieser Schadstoffe freigesetzt wird“, sagt Günter Dehoust.
„Abfälle, die hohe Mengen an Schadstoffen enthalten oder in der Summe transportieren, müssen folglich adäquat und langfristig sicher entsorgt werden.“
Dafür stehen prinzipiell zwei Wege zur Verfügung, die den Ansprüchen an langfristig sicherem Schadstoffeinschluss gerecht werden. Die Verbringung unter Tage und das hochwertige Recycling dieser Metalle, soweit hohe Umweltschutzstandards eingehalten werden.
Die Langzeitsicherheit von Entsorgungsalternativen über Tage ist dagegen deutlich geringer. Das belegt die aktuelle Studie des Öko-Instituts und bestätigt damit die Kritik zahlreicher Experten an der zum Teil zu sorglosen Entsorgung dieser Sonderabfälle.
Besonders kritisch ist die sogenannte „Immobilisierung“ der Filterstäube aus der Müllverbrennung, in denen gerade die Schadstoffe hoch aufkonzentriert vorliegen, und deren „Verwertung“ im Deponiebau über Tage.
In der Studie des Öko-Instituts wurden erstmals verschiedene Entsorgungsalternativen unter dem besonderen Fokus der Langzeitsicherheit vergleichend bewertet. Bisher fehlte dafür ein geeignetes Verfahren.
Die Wissenschaftler haben jedoch die anerkannten Methoden der Ökobilanz und der Stoffstromanalyse fortentwickelt und um die Wirkungskategorie „langfristige Sicherheit“ erweitert.
Für ihre Analyse haben sie 50 Abfallarten und deren Entsorgungsvarianten betrachtet. Davon wurden zehn Abfallarten im Detail vergleichend ökologisch bewertet.
„Ich halte es für wichtig, dass die Erkenntnisse aus unserer Studie in der Gesetzgebungs-, Genehmigungs- und Entsorgungspraxis umgesetzt werden“, fordert Günter Dehoust. „Die derzeit im Umbruch befindliche Abfallwirtschaft auf ihrem Weg zu einer vorsorgenden und nachhaltigen Stoffstromwirtschaft bietet dafür die notwendigen Voraussetzungen.“
Aus der Studie resultieren dazu zahlreiche Empfehlungen. Die WissenschaftlerInnen schlagen auch ein Konzept vor, wie das entwickelte Bewertungsverfahren in der Praxis umgesetzt und auf weitere Abfallarten übertragen werden kann.
Zur Studie: Download der Studie