Nach über 15 Jahren Erarbeitungsdauer und zwei Jahren Übergangsfrist tritt die Ersatzbaustoffverordnung an diesem Dienstag, den 1. August 2023, nun endlich in Kraft und regelt erstmals bundeseinheitlich die Herstellung und den Einsatz von mineralischen Ersatzbaustoffen im Straßen-, Erd- und Tiefbau. Nach zwei intensiven Jahren der Vorbereitung für die Unternehmen der Recyclingbranche, die Verbände und Behörden stehe die Verordnung jetzt vor der eigentlichen Feuerprobe und müsse sich in der Praxis behaupten.
Ein möglicherweise etwas holpriger Start sei mit Blick auf die Komplexität des Verordnungstextes auch trotz der guten Vorarbeit nicht ganz zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund wiege es umso schwerer, dass die vor Kurzem beschlossene erste Novelle der EBV nicht dazu genutzt wurde, um die EBV in für die Praxis entscheidenden Punkten auszubessern, so BDE-Präsident Peter Kurth.
„Wir sprechen uns wie der Bundesrat in seinem Beschluss vom 07.07.2023 für eine erneute zeitnahe Überarbeitung der EBV an einigen zentralen Stellen aus. Wir unterstützen ausdrücklich die Pläne des BMUV, eine gesonderte „Abfallende-Verordnung“ noch im Laufe dieser Legislatur zu erarbeiten und verweisen in diesem Zusammenhang erneut darauf, dass die ordnungsgemäße Herstellung, Güteüberwachung und Verwendung mineralischer Ersatzbaustoffe gemäß EBV nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetztes führen. Eine Abfallende-Verordnung, die nur einen Teil der Materialklassen der EBV abdeckt, ist somit nicht sinngemäß und würde dem wichtigen Ziel einer nachhaltigen Kreislaufführung in der Bauwirtschaft nicht gerecht werden.“
Michael Stoll, Vorsitzender der BRB, weist auf ein weiteres Problem aus Sicht der Verbände hin: „Die Verordnung schließt eine Verwendung von Baustoffrecycling-Material der besten Güteklasse auf kiesigem Untergrund, also u. a. in nahezu allen Flussgebieten Deutschlands aus. Diese Einschränkung geht aus nicht erkennbarem Grund weit über die wissenschaftlichen Grundlagen der Ersatzbaustoffverordnung sowie die bis 31.07.2023 geltenden Länderregelungen hinaus und wird das Baustoffrecycling in den jeweiligen Regionen erheblich reduzieren, wenn nicht gar ganz beenden. Diese Regelung ist nicht im Sinne der Kreislaufwirtschaft und muss schnellstens angepasst werden.“
Der Vorsitzende der IGAM, Dieter Kersting, betont schließlich die nach wie vor überwältigende Rolle der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung. Die Ersatzbaustoffverordnung könne sich nur in der Praxis beweisen, wenn Bund und Länder endlich auch bei diesem Thema weitere notwendige Schritte gehen würden. So betonte Kersting, dass die erneute Anpassung von § 45 KrWG überfällig sei. Dies sähen glücklicherweise auch immer mehr Behördenvertreter ein: „Eine Nachschärfung von § 45 KrWG muss u. a. die Einführung einer rechtsverbindlichen Begründungspflicht der öffentlichen Auftraggeber und eine ausdrückliche Regelung des vergaberechtlichen Rechtsschutzes im Sinne einer Klarstellung, dass es sich bei den Beschaffungspflichten der öffentl. Auftraggeber um justiziable Rechtspflichten handele, beinhalten.