Die Verbände BDE, DGAW, ITAD und VKU haben in einer gemeinsamen Erklärung an Bundesumweltministerin Lemke und Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck erneut auf die negativen Auswirkungen sowie mögliche unerwünschte Folgen durch einen nationalen Alleingang bei der Einbeziehung von Abfällen in den Emissionshandel hingewiesen und rufen im Interesse einer sach- und praxisgerechten Ausgestaltung des Klimaschutzes für die Kreislaufwirtschaft zum Dialog zwischen Ministerien und der Entsorgungswirtschaft auf.
„Das BMUV-Gutachten ‚Auswirkungen des nationalen Brennstoffemissionshandels auf die Abfallwirtschaft‘ bestätigt unsere bereits geäußerten Sorgen: Wird ein CO2-Preis auf Siedlungsabfälle erhoben, drohen Kostensteigerung bei der Entsorgung und damit steigende Gebühren für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Das ist angesichts massiv steigender Energiepreise und Lebenshaltungskosten ohne tatsächliche ökologische Lenkungswirkung nicht zu rechtfertigen. Zudem bleiben relevante Fragen aus der Bundestagsentschließung von 2020 unbeantwortet“, fasst Ingbert Liebing, VKU-Hauptgeschäftsführer Gutachten und Pläne des Bundesumweltministeriums zum nationalen Emissionshandel für Abfälle zusammen.
Peter Kurth, Präsident des BDE, verweist auf die aktuell in Brüssel laufenden Diskussionen zur möglichen Ausdehnung des europäischen Emissionshandels und betont: „Die Einbeziehung der Thermik in den Emissionshandel muss auf europäischer Ebene erfolgen. Nationale Alleingänge würden nicht zu einer Lenkungswirkung zugunsten des Recyclings führen, sondern zu einer Lenkung hin zu schlechteren Verwertungsangeboten in den preiswertesten Lösungen. Der BDE hat sich in Brüssel mit Erfolg dafür eingesetzt, dass eine parteiübergreifende Meinungsbildung zugunsten einer zeitnahen europäischen Einbeziehung von Thermik und Deponien in das (anlagenbezogene) EU ETS I nach einer Gesetzesfolgenabschätzung erfolgt ist. Je früher diese abgeschlossen ist und eine europäische Lösung greift, umso klarer wird sich zeigen, dass dieser Weg zielführender ist als vereinzelte Insellösungen.“
Der Berichterstatter des europäischen Parlaments, Dr. Peter Liese, hatte in seinem Bericht zur Weiterentwicklung des europäischen Emissionshandels ein umfassendes Impact-Assessment zur möglichen Einbeziehung der Abfallverbrennung bzw. der Kreislaufwirtschaft gefordert, unter anderem, um Klimaschutz und abfallwirtschaftliche Zielsetzungen in Einklang zu bringen.
Auch ITAD-Geschäftsführer Carsten Spohn äußert sein Unverständnis zum angekündigten Vorgehen des Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministeriums zur Einbeziehung von Abfällen in das Brennstoffemissionshandelsgesetz ab Anfang 2023: „Vor dem Hintergrund der europäischen Diskussionen und einer unzureichenden Betrachtung der Auswirkungen des nationalen Brennstoffemissionshandels auf die Abfallwirtschaft ist für uns nicht nachvollziehbar, dass die Ministerien an einer Einbeziehung von Abfällen in das Brennstoffemissionshandelsgesetz ab Anfang 2023 festhalten wollen. Wenn aufgrund eines nationalen Alleingangs zukünftig stofflich nicht verwertbare Abfallströme kreativ umgeschlüsselt werden und am Ende statt in der Abfallverbrennung auf den sehr viel klimaschädlicheren Deponien oder in Scheinverwertungen landen, haben wir am Ende überhaupt nichts gewonnen“.
Grundsätzlich seien sich alle Beteiligten einig, dass auch die Kreislaufwirtschaft ihren Beitrag beim Kampf gegen den Klimawandel leistet und weiterhin leisten wird, betont Dr. Alexander Gosten, Vorstandssprecher DGAW: „Es wäre aber wünschenswert, dass Ministerien und Kreislaufwirtschaft aufgrund der aufgezeigten Risiken und der zu befürchtenden abfallwirtschaftlichen Folgeschäden durch den nationalen Emissionshandel nach praxisgerechteren Lösungen suchen, um das volle Klimaschutzpotenzial der Kreislaufwirtschaft zu heben.“