Altpapierqualität – eine Herausforderung für die gesamte Altpapierkette

Digitalisierung, E-Commerce und die gestiegene Nachfrage nach komplexen, individualisierten Produkten haben in den letzten Jahren nicht nur verstärkt zu einer Verschiebung in den Verfügbarkeiten von Altpapiersorten geführt, sondern insbesondere auch zu höheren Anforderungen in Bezug auf deren Qualitäten. Dies bringt für die Unternehmen der Altpapierkette eine Vielzahl von neuen Herausforderungen, wie auf dem 19. Internationalen Altpapiertag am 21. April 2016 in Düsseldorf deutlich wurde.
Rudolpho Duba, pixelio.de
Rudolpho Duba, pixelio.de

Die Unternehmen müssen sich zunehmend mit den Fragen auseinandersetzen: reicht die vorhandene Sortiertechnologie noch aus, um den gestiegenen Qualitätsanforderungen gerecht zu werden? Welche Qualitätsparameter müssen zukünftig in der Altpapiereingangskontrolle Berücksichtigung finden, um die hohen Ansprüche der Papierfabriken zu bedienen – und – reicht hier die bisher vornehmlich praktizierte visuelle Kontrolle? Ist etwa eine technische Aufrüstung unumgänglich?

Durch die Zunahme an Verbundverpackungen ist zudem davon auszugehen, dass immer mehr papierbasierte Verpackungen in der gemischten Wertstoffsammlung entsorgt werden. Dies stellt die Branche zusätzlich vor die Aufgabe Papierfasern in ausreichender Qualität aus der gemischten Wertstoffsammlung zurückzugewinnen.

Auch Aufbereitungstechnologien stehen mit neuen Qualitätsanforderungen auf dem Innovationsprüfstand. Doch wie sollen hierfür notwendige Investitionen in neue Techniken und Anlagen, die schnell einen zweistelligen Millionenbetrag erreichen, gestemmt werden, fragen sich insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen der Recyclingbranche?
“Mit dem Einsatz von High-Tech Messeinrichtungen zur automatisierten Altpapier-Eingangskontrolle reagieren wir auf die gestiegenen Qualitätsanforderungen unserer Abnehmer, der Markenhersteller und Konsumenten”, erklärte dazu der Procurement Director der spanischen Papierfabrik SAICA, Guillermo Valles in seinem Praxisbericht. Für Parameter, auf die die Zulieferer Einfluss nehmen könnten, wie beispielsweise Störstoffanteile, Ballenzustand, Feuchtigkeits- und sogar Aschegehalt, müssten diese in Zukunft deutlich höhere Anstrengungen im Sinne der Qualitätssicherung unternehmen, forderte Valles.

Einen großen Vorteil der automatisierten Messeinrichtungen, die die Anforderungen der Altpapier-Standardsortennorm EN643 prüfen, sieht der spanische Hersteller-Repräsentant dabei auch in Bezug auf die Lieferantenauswahl und die Qualität der zukünftigen Preisverhandlungen. “Die genauen Messdaten bieten eine gesicherte und objektive Grundlage für die Einschätzung der Güte und des Warenwerts der gelieferten Sekundärrohstoffe und bilden damit eine gute Basis für faire Verhandlungen mit den Altpapierlieferanten,“ so Valles.

Obwohl beispielsweise das System von Saica Paper, im überschaubaren Rahmen, Bonuszahlungen für besonders gute Qualität vorsieht, dürfte es für die Altpapierlieferanten wohl nicht bedeuten, dass sie mit der Lieferung von besseren Qualitäten, für die sie zukünftig einen noch höheren und kostenintensiveren Aufwand betreiben müssen, auch analog mit signifikant höheren Erlösen rechnen können.

Die automatisierte Qualitätskontrolle dürfe jedoch nicht ausgenutzt werden um die kleinen und mittelständischen Altpapierlieferanten der Branche unter Druck zu setzen, betonte der ERPA-Delegierte des bvse, Andreas Uriel. “Die Qualität des Rohstoffes Altpapier ist für den Geschäftserfolg unserer Unternehmen ganz entscheidend und wir haben mit den Papierfabriken zweifellos ein gemeinsames Interesse an bestmöglicher Qualität. Dennoch ist es unabdingbar, dass die mit hohen Kosten verbundenen Investitionen in zusätzliche Sortieranlagen und Messverfahren zur Qualitätskontrolle, für alle Beteiligten gleichermaßen nachvollziehbar, integrierbar und wirtschaftlich tragbar sein müssen,” forderte das Vorstandsmitglied des bvse-Fachverbands Papierrecycling.

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