„Die Europäische Union ist zweifellos ein einmaliges Friedensprojekt, doch die Errungenschaften der EU rücken in der öffentlichen Diskussion immer mehr in den Hintergrund. Das ist gefährlich für die Zustimmung zum ‚Projekt Europa ‘“, sagt VKU-Präsident Ivo Gönner im Rahmen der Vorstandssitzung des VKU. „Der designierte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat recht, wenn er sagt, dass Europa bei den großen Themen wie der Digitalisierung, den Innovationen oder dem Mangel an natürlichen Ressourcen mehr tun muss. Hier brauchen wir ein starkes Europa“.
Allerdings warf der VKU auch die Frage auf, ob sich die 28 Mitgliedsstaaten sich aktuell mit den unterschiedlichen und teilweise sehr heterogenen Ausgangslagen und Vorstellungen nicht selber blockieren. Beispiel dafür seien die Diskussionen über die Energie- und Klimaziele bis zum Jahr 2030 oder auch die Novelle der europäischen Recyclingziele. Dazu VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck: „Bei den Energie- und Klimazielen sind die Mitgliedstaaten voraussichtlich nur in der Lage, sich zum Thema der Emissionsreduktion konkret zu äußern. Bei der Frage nach 2030-Zielen für die erneuerbaren Energien gestaltet sich der Energiemix der Mitgliedstaaten so unterschiedlich, dass die Positionierungen bisher nur sehr vage sind oder nicht mit klaren Verpflichtungen der Mitgliedstaaten verbunden werden können.“ Das gleiche gelte für die Ressourcenpolitik, so Reck: „Zwar hat die EU-Kommission im Juli vorgeschlagen, bis zum Jahr 2030 70 Prozent der Siedlungsabfälle zu recyceln und ab dem Jahr 2025 die Deponierung recycelbarer Abfälle einzustellen. Schaut man sich aber die Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten an, wo über zwei Drittel der Mitgliedstaaten ihren Hausmüll noch komplett oder teilweise deponieren, fragt man sich, ob solche Zielsetzungen realistisch sind.“
Beide Beispiele zeigen die großen Unterschiede innerhalb der Mitgliedstaaten auf. Für den VKU-Hauptgeschäftsführer Reck stellt sich deshalb die Frage, „ob Politikgestaltung heute genauso gestaltet werden kann, wie noch vor zehn Jahren mit gut der Hälfte der Mitgliedstaaten und ob eine „one-size fits it all“ Gesetzgebung auf EU-Ebene noch sinnvoll ist.“ Die Diskussion darüber müsse offensiv geführt werden, denn „wenn wir sie nicht führen, muss man sich nicht wundern, dass die Bürger Europas die Zielsetzungen der EU zunehmend als befremdlich empfinden.“
„Die Richtung ist daher richtig, sich bei der europäischen Gesetzgebung auf die wirklich wesentlichen Dinge zu konzentrieren“, sagt VKU-Präsident Ivo Gönner. Doch auch dort müsse genau analysiert werden, welche Auswirkungen die europäische Gesetzgebung auf die kommunale und regionale Ebene hat.