Macht die fünfstufige Abfallhierarchie der EU-Abfallrahmenrichtlinie auch eine Novelle der Altölverordnung notwendig? Diese Frage stand beim Europäischen Forum Altölentsorgung des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) Mitte November im Fokus. Holger Jacobj (Prof. Versteyl Rechtsanwälte) meint ja. In seinem „Plädoyer für die Änderung der Altölverordnung“ sieht er den Vorrang der Aufbereitung von Altöl nicht konsequent genug umgesetzt. Der jetzige Rechtsrahmen lasse zu viele Ausnahmen zu Gunsten der energetischen Verwertung zu.
Die Kritik der EU-Kommission an der Abfallhierarchie des Kreislaufwirtschaftsgesetzes lasse sich auf die Altölverwertung übertragen. Auch das Getrennthaltungsgebot und das Vermischungsverbot seien nicht konform zu den EU-Vorschriften. Er forderte beim Europäischen Forum Altölentsorgung Mitte November deshalb eine Novelle der AltölV, die unter anderem Einzelfallbegründungen für eine Abweichung von der Abfallhierarchie vorsehen sollte.
Biedermann hält indes eine Novelle für unnötig, da die Verordnung schon seit zehn Jahren über einen relativen Vorrang der Aufbereitung vor der energetischen Verwertung verfüge. Aus ökobilanziellen Studien lasse sich überdies keine eindeutige Rangreihenfolge für diese Verwertungsverfahren ableiten. Die Überwachung sei jedoch bereits durch den Entsorgungsnachweis gegeben und eine Einzelfallbegründung nicht praxistauglich.
“Die AltölV steht in Einklang mit EU-Recht“
Auch Olaf Konzak (Legerlotz Laschet Rechtsanwälte) ist der Auffassung, dass es keiner Novelle bedarf, da das Regelwerk bereits in Einklang mit dem EU-Recht stehe. „Die Möglichkeit, aufgrund von technischen oder wirtschaftlichen Zwängen vom Vorrang der stofflichen Verwertung abzuweichen, entspricht der von der EU vorgegebenen Abfallhierarchie und ist wohl austariert. Ich kann auch nicht erkennen, warum eine weitere Erhöhung der Recyclingquote nicht mit der bestehenden AltölV erreicht werden kann“, so Konzak.
Als Vertreterin der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission machte Anna Karamat deutlich, dass sich die Altölentsorgung in vielen Mitgliedsstaaten sehr positiv entwickelt habe. Sie beobachtet eine klare Ausrichtung zu mehr Aufbereitung. Gegen eine gewisse Flexibilität der Vorrangregelung sei im Prinzip nichts einzuwenden. Für die Kommission sei entscheidend, dass die beste Umweltoption zum Zug kommt und daran bestehe für Deutschland derzeit kein Zweifel.
Keine Überlassungspflicht – Markt sorgt für Qualität und Entsorgungssicherheit
Den Kritikern der AltölV gehe es im Endeffekt darum, eine staatliche normierte Überlassungspflicht zu schaffen und damit Kapazitäten zu sichern, vermutet Konzak. Das würde einen fairen Wettbewerb ausschließen. Das meint auch Guido Schmidt, Vorsitzender des bvse-Ausschusses Altöl, für den offene Märkte der Schlüssel zum Erfolg sind. „Je mehr Produkte aus Altöl nach-gefragt werden, desto höher ist der Anreiz, die Sammelqualität zu verbessern. Das wirkt sich auch positiv auf die Recyclingquote aus. Italienische Verhältnisse, bei denen eine Andienung an ein Konsortium weit unter den üblichen Marktpreisen verpflichtend ist, würde Innovationen und technischen Fortschritt behindern“, so Thomas Probst, bvse-Fachreferent für die Altölentsorgung.
Während der Tagung wurde deutlich, so der bvse, dass beispielsweise in Dänemark oder Belgien der Markt auch ohne Andienungspflicht für eine umweltgerechte Verwertung der anfallenden Qualitäten sorgt und Altöl zum größten Teil in die Zweitraffinerien geht. „Das funktioniert auch in Deutschland gut, die Vorrangregelung greift“, so Probst. Man müsse sich allerdings auch im Klaren sein, dass sich 20 bis 30 Prozent der Altöle gar nicht für eine Aufbereitung eignen. Daran könnte selbst eine Novelle der Verordnung nichts ändern. Vielmehr sei hier Innovationsgeist und der Wille für Investitionen gefragt. Wettbewerb ist dafür die beste Voraussetzung.