Den Hintergrund schildert der Verband so: Der baden-württembergische Abfallwirtschaftsplan schreibt vor, dass die baden-württembergischen Landkreise und Kommunen für die Beseitigung ihrer Siedlungsabfälle ausschließlich in Baden-Württemberg gelegene Abfallbeseitigungsanlagen nutzen dürften. Bei der Ausschreibung von Entsorgungsverträgen der baden-württembergischen Landkreise und Kommunen kämen daher nur Bieter zum Zuge, die über Anlagen oder Kapazitäten in Baden-Württemberg verfügen. Alle anderen Anlagenbetreiber seien von Entsorgungsverträgen ausgeschlossen.
Gegen diese Autarkieverordnung hatte der BDE bereits im Dezember 2010 Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingelegt. Der Verband begründete seinen Vorstoß damit, dass die Autarkieverordnung Baden-Württembergs gegen die Europäische Abfallrahmenrichtlinie, die Abfallverbringungsverordnung und grundsätzlich gegen die Warenverkehrsfreiheit verstoße. Die Autarkieverordnung schaffe faktisch ein Ausfuhrverbot für Abfälle.
Diese Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit ist nach Ansicht des BDE nicht von der Abfallverbringungsverordnung gedeckt, da Beschränkungen der Verbringung nur für eine eng definierte Sparte von Beseitigungsabfällen und gemischte Siedlungsabfälle (nach dem Schlüssel 20 03 01 des europäischen Abfallverzeichnisses) zulässig sind. Die Autarkieverordnung erstrecke sich in der Praxis jedoch auf wesentlich mehr Siedlungsabfallarten.
Nach Auffassung des BDE begünstigt die Autarkieverordnung die Anlagenbetreiber in Baden-Württemberg einseitig gegenüber anderen Betreibern, da sie ihnen exklusiv die baden-württembergischen Siedlungsabfälle sichert. Der BDE hält das für eine unzulässige staatliche Beihilfe.
Die Europäische Kommission habe die BDE-Beschwerde nunmehr in wesentlichen Punkten aufgegriffen. In einem Schreiben an die Bundesregierung werfe die Europäische Kommission der Bundesrepublik Deutschland vor, durch die Autarkieverordnung in Baden-Württemberg gegen Regelungen der Europäischen Abfallrahmenrichtlinie, der Abfallverbringungsverordnung und der Warenverkehrsfreiheit zu verstoßen.
Der BDE begrüßt die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die EU-Kommission ausdrücklich. BDE-Präsident Peter Kurth: „Mit diesem Schritt sendet Brüssel ein wichtiges Signal für fairen Wettbewerb und Warenverkehrsfreiheit aus. In einem Großteil der in Deutschland und Europa anfallenden Abfälle stecken wichtige Wertstoffe, die in Recyclingprozessen zu hochwertigen Sekundärrohstoffen veredelt werden können. Diese Abfälle müssen konsequent dem Prinzip der Warenverkehrsfreiheit unterliegen. Es ist gut, dass die EU-Kommission diesem Recht zur Durchsetzung verhilft.“