„Der Vermittlungsausschuss hat sich am Ende wie erwartet nur noch mit Details befasst, die am Gesamtkontext nichts verändern. Ich sage es ganz offen, das vorliegende Gesetz ist enttäuschend“, so Peter Kurth, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE). „Das Kreislaufwirtschaftsgesetz schafft nicht – wie von der gesamten Branche und den Umweltverbänden erhofft und erwartet – jene Rahmenbedingungen, die für eine weitere Entwicklung des international hoch geachteten Recyclingstandorts Deutschland erforderlich wären. Wir werden feststellen, dass durch dieses Gesetz die Mengen der echten stofflichen Verwertung weiter zurückgehen.“
Die Politik habe das Klassenziel, so Kurth, hier leider klar verfehlt. Es sei den Regierungsparteien nicht gelungen, die noch in der Koalitionsvereinbarung von 2009 festgeschriebenen Ziele umzusetzen. Das Gesetz werde weder dafür sorgen, dass werthaltige Abfälle in Deutschland künftig mehr und besser recycelt werden, noch werde es mehr Wettbewerb unter fairen Bedingungen im Bereich der Kreislaufwirtschaft geben. Kurth: „Es ist zu befürchten, dass durch die Schaffung neuer kommunaler Monopole bei der Sammlung werthaltiger Abfälle die Wertstofferfassung hierzulande in Zukunft von kommunaler Rosinenpickerei und intransparenten Strukturen geprägt sein wird. Die Zeche für die Abkehr von fairem Wettbewerb muss am Ende der Bürger über höhere Müllgebühren zahlen.“
Nach Auffassung des BDE verstößt die Einschränkung des Wettbewerbs eindeutig gegen europäisches Recht. Darüber hinaus würden zentrale Vorgaben der europäischen Abfallrahmenrichtlinie im Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht umgesetzt. Kurth: „Durch die Aufweichung der von Brüssel vorgegebenen fünfstufigen Abfallhierarchie wird die Müllverbrennung dem Recycling quasi gleichgestellt. Das ist kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt für das Recycling.“
BDE-Präsident Kurth kündigte an, dass der Verband unmittelbar nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Beschwerde bei der EU-Kommission einlegen werde. Kurth: „Ich bin zuversichtlich, dass Brüssel unseren Argumenten folgt und nach genauer Prüfung des Gesetzestextes ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland anstrengen wird. Schließlich hat die Kommission im Sommer des letzten Jahres schon den Referentenentwurf in zentralen Punkten kritisiert und Nachbesserungen eingefordert, die bekanntermaßen ausgeblieben sind.“
Enttäuschung ist auch auf Seiten des Verbands der Bayerischen Entsorgungsunternehmen (VBS) zu spüren. Insbesondere die im Vermittlungsausschuss gefundene neue Formulierung zur gewerblichen Sammlung ist aus Sicht der privaten bayerischen Entsorgungswirtschaft nicht europarechtskonform. Bis zuletzt waren die Regelungen zur gewerblichen Sammlung am meisten umstritten. Nun soll nach dem Beschluss des Vermittlungsausschusses in Zukunft gelten: Möchte ein privates Entsorgungsunternehmen gegen den Willen der Kommune eine gewerbliche Sammlung durchführen, so muss diese „wesentlich leistungsfähiger“ als das bestehende oder geplante kommunale Sammelsystem sein.
Dass das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz einer Kommune selbst dann die Möglichkeit zur Untersagung gewerblicher Sammlungen einräumt, wenn diese kein hochwertiges Erfassungssystems anbietet, steht nach Meinung des VBS im völligen Widerspruch zum stets proklamierten Weg hin zur angestrebten Recycling-Gesellschaft. Bedauerlicherweise habe es für große Teile der Politik offenbar Vorrang, kommunale Monopolstrukturen vor unliebsamer Konkurrenz zu schützen. Der Bundesregierung sei es somit nicht gelungen, die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag, Überlassungspflichten nicht auszuweiten und gewerbliche Sammlungen nicht weiter einzuschränken, im neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz umzusetzen.
Interessant wird, so der VBS, ob die EU-Kommission die neue Regelung als Verletzung der Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit einschätzt. VBS-Präsident Otto Heinz: „Wir begrüßen die Ankündigung unseres Bundesverbandes BDE, unmittelbar nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Beschwerde bei der EU-Kommission einzulegen. Wir sind der Überzeugung, dass die Einschränkung der gewerblichen Sammlung nicht europarechtskonform ist und daher am Ende auch nicht Bestand haben wird.“