Auf der Advanced Recycling Conference 2024 gaben Referenten führender Unternehmen und Forschungseinrichtungen einen Überblick über den aktuellen Stand und die Perspektiven fortschrittlicher Recyclingtechnologien. Verfahren wie Pyrolyse, Gasifizierung, Depolymerisation und Auflösung (Dissolution) wurden in ihren unterschiedlichen Facetten vorgestellt. Die Konferenz erhielt positives Feedback von den Teilnehmern, die die vielfältigen, detaillierten und qualitativ hochwertigen Informationen lobten.
Von der Auflösung bis zu breit gefächerten Strategien
Die Auflösung (Dissolution) wurde als vielversprechende Lösung für fortschrittliches Recycling anerkannt und im Zusammenhang mit verschiedenen Materialien diskutiert: ABS und PC (z. B. Trinseo, Niederlande, und ReSolved Technologies, Niederlande), PE und PP (z. B. PureCycle, Belgien, und Reventas, Vereinigtes Königreich), PS (z. B. Polystyvert, Kanada) und PVC (z. B. INEOS Inovyn, Belgien). Diese Technologien bieten kürzere und energieeffizientere Recyclingwege.
In den Podiumsdiskussionen und im Austausch mit dem Publikum kristallisierte sich eine wichtige Erkenntnis heraus: Keine Einzellösung kann allen Herausforderungen gerecht werden. Ein vielschichtiger Ansatz ist nach wie vor unerlässlich, um den besonderen Anforderungen an ein fortschrittliches Recycling gerecht zu werden.
Da Kunststoffabfälle weiterhin eine Herausforderung für die globale ökologische Nachhaltigkeit darstellen, erforschen Branchenexperten innovative Recyclingtechnologien, um komplexe Abfallströme zu bewältigen. In ihrem Vortrag betonte Outi Teräs von Neste (Finnland) die Notwendigkeit des physikalischen und chemischen Recyclings, um alle Kunststoffabfallströme zu bewältigen, die nicht durch mechanisches Recycling verwertet werden können.
Herausforderungen des mechanischen Recyclings
Auf der Advanced Recycling Conference wurde auf das mechanische Recycling von PET hingewiesen, das in Europa, insbesondere in Deutschland, durch Programme wie das Flaschenpfand, gut etabliert ist. Dieses Verfahren ist effektiv, stößt aber bei komplexen Abfallströmen wie Mischkunststoffen und Textilien auf erhebliche Herausforderungen. Aus verfahrenstechnischer Sicht ist das mechanische Recycling dieser Materialien sehr anspruchsvoll, und das resultierende Rezyklat ist für kontaktsensitive Anwendungen ungeeignet.
Aufgrund dieser Einschränkungen wurden fortschrittliche Depolymerisationstechnologien als vielversprechende Lösungen hervorgehoben. Innovationen auf der Basis von Solvolyse (z. B. DePoly in der Schweiz), Festkörperhydrolyse (z. B. matterr in Deutschland) und Enzymolyse (z. B. EU-Projekt WhiteCycle und Plasticentropy in Frankreich) zeigen großes Potenzial für die Behandlung komplexer PET-Abfallströme. Diese Technologien zeichnen sich dadurch aus, dass sie PET in seine Monomere zerlegen und so die Herstellung von recyceltem PET in Neuwarequalität ermöglichen.
Diese fortschrittlichen Verfahren gelten als ideale Kandidaten für die Erfüllung der vorgeschriebenen Quoten für recyceltes PET und ermöglichen, die Recyclingquote und -qualität in Anwendungen zu verbessern, in denen herkömmliche Methoden nicht ausreichen.
Pyrolyse als wichtiger Recyclingweg
Die Pyrolyse, obwohl ein zeitaufwändigeres und energieintensiveres Verfahren als die chemische Auflösung, hat sich als wichtiger Recyclingweg für Polyethylen- (PE) und Polypropylen- (PP) Abfälle erwiesen, insbesondere für die Herstellung von neuwertigen Recyclingkunststoffen, die für kontakt-sensitive Anwendungen geeignet sind. Aufgrund ihrer Fähigkeit, verschiedene Abfallströme zu verarbeiten und qualitativ hochwertige Ergebnisse zu erzielen, ist sie eine wesentliche Ergänzung des mechanischen Recyclings.
Ein herausragendes Beispiel ist die Zusammenarbeit zwischen den österreichischen Unternehmen Borealis und OMV, die ein integriertes Geschäftsmodell für die Kombination von Pyrolyse und mechanischem Recycling entwickelt haben. Die neue Demonstrationsanlage von OMV mit einer Kapazität von 16.000 Tonnen pro Jahr wurde vor kurzem in Betrieb genommen, und es gibt Pläne für eine kommerzielle Anlage mit einer Kapazität von 200.000 Tonnen pro Jahr bis 2028.
Jüngste Fortschritte optimieren die Pyrolyse und andere thermochemische Technologien weiter, wobei der Schwerpunkt auf der Verbesserung der Robustheit, der Energieeffizienz, der Ausbeute, der Produktqualität und der wirtschaftlichen Leistung liegt. Beispielsweise erweitert AES Autonome Energiesysteme (Deutschland) die Zugänglichkeit durch Pyrolyseanlagen in kleinem Maßstab, was eine breitere Anwendung ermöglicht. Mura Technology (Vereinigtes Königreich) hat ein Verfahren entwickelt, das tolerant gegenüber organischen Verunreinigungen ist und eine Vortrocknung überflüssig macht, während Aduro Clean Technologies (Kanada) eine höhere Qualität der Endprodukte ohne die Notwendigkeit einer Hydrobehandlung anstrebt, wodurch der Recyclingprozess erheblich verkürzt wird.
Diese Innovationen zeigen das wachsende Potenzial der Pyrolyse, komplexe Kunststoffabfallströme zu handhaben und gleichzeitig Fortschritte in Richtung Kreislaufwirtschaft zu machen.
Die Zukunft des fortschrittlichen Recyclings in Europa
Inmitten der Wirtschaftskrise, mit der die europäische Chemie- und Kunststoffindustrie konfrontiert ist, bietet fortschrittliches Recycling eine überzeugende Möglichkeit, den Sektor zu dekarbonisieren und dringend benötigte Investitionen anzuziehen. In der Session „Märkte, Investitionen und Finanzierung“ untersuchten Experten die Position Europas in diesem Wandel. Sie betonten, dass es für europäische Unternehmen zwar schwierig sein könnte, mit China bei der Produktion neuer Polymere zu konkurrieren, dass aber ein strategischer Wechsel hin zu fortschrittlichem Recycling einen Wettbewerbsvorteil bieten könnte. Durch die Nutzung importierter Kunststoffabfälle als Rohstoff für eine neue, kreislauforientierte chemische Industrie könnte sich Europa als führend im Bereich der nachhaltigen Innovation etablieren und die Widerstandsfähigkeit und das Wirtschaftswachstum in diesem Sektor fördern.
Angesichts der Herausforderungen des globalen Marktdrucks und der Schwachstellen in der Lieferkette betonten die Experten die Bedeutung der Förderung regionaler Lösungen. In seinem Vortrag betonte Gerben Hieminga von der ING Group N.V. (Niederlande), dass die Entwicklung stärker lokalisierter Wertschöpfungsketten eine wirksame Lösung sein könnte, um die Abhängigkeit von und den Druck auf internationale Märkte zu verringern.
Marc Spekreijse von Circular Plastics (Niederlande) wies auf die hohen Einnahmen hin, die die Kommission aus der Abgabe auf nicht recycelte Kunststoffe erzielt, die in jedem Mitgliedsstaat unterschiedlich geregelt sind und die weit über den Mehrkosten für recycelte Kunststoffe liegen.
Europa ist derzeit führend bei der technologischen Entwicklung im Bereich des fortgeschrittenen Recyclings und verfügt über das am besten etablierte Abfallsammelsystem. Durch eine starke Recyclingpolitik und die Förderung der Nachfrage könnte Europa neue Investitionen anziehen und die Defossilisierung vorantreiben, indem weniger fossile Rohstoffe verwendet, mehr recycelt und Kohlenstoff im Kreislauf gehalten wird.
Die Anmeldung für die Advanced Recycling Conference 2025, vom 19. bis 20. November in Köln, wird Anfang Dezember eröffnet.