Henry Forster: Der bvse ist modern und entwickelt sich prächtig

Die diesjährige bvse-Jahrestagung fand in Hamburg statt und stand unter besonderen Vorzeichen.
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Neben der Wahl des Präsidenten, des Präsidiums und der Vorstände der Fachverbände für drei Jahre, feierte der bvse auch sein 75-jähriges Bestehen.

Präsident Henry Forster blickte auf anstrengende, aber erfolgreiche Jahre zurück. Er betonte in seiner Rede die globalen Krisen, die auch die unternehmerische Tätigkeit beeinflussen, lobte jedoch die positive Entwicklung des Verbandes: „Trotz vieler negativer Trends entwickelt sich unser Verband prächtig. Das macht mich stolz.“ Forster hob besonders die Arbeit der Geschäftsstelle hervor: „Ich darf Ihnen sagen, dass es den unfassbar fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle gelungen ist, in all den vergangenen Krisen als Team zusammenzuhalten und diesen Verband unter der vorbildlichen Führung von Eric Rehbock zu dem zu machen, was er ist. Wir können heute mit fast 1.100 Mitgliedsunternehmen den 75. Geburtstag unseres Verbandes feiern.“

Würdigung der Ehrenamtlichen und des Frauennetzwerks

Forster würdigte zudem die Leistungen der Ehrenamtlichen, insbesondere in den Fachverbänden. Diese arbeiteten hart, investierten Zeit und Geld, ohne oft im Rampenlicht zu stehen. Ein „schönes Beispiel“ sei das neu gegründete bvse-Frauennetzwerk, das unter Leitung von Christiane Neuhaus großen Zuspruch erfahre. Es zeige, dass der bvse nicht nur der mitgliederstärkste, sondern auch ein moderner Verband sei.

Für seine kommende Amtszeit kündigte Forster an, veraltete Prozesse zu modernisieren, darunter auch die Beitragsordnung. Die bisherige Praxis, Beiträge nach Stoffstrommengen zu erheben, bezeichnete er als ungerecht: „Das können wir besser und gerechter!“

bvse ist offen für neue Entwicklungen

bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock betonte in seinem Rechenschaftsbericht, dass der bvse als Verband „offen für neue Entwicklungen“ bleiben müsse und sich den aktuellen wie zukünftigen Herausforderungen stelle.

Rehbock berichtete über Themen und Tagungen des bvse in den vergangenen zwölf Monaten und natürlich über den erfolgreichen Messeauftritt auf der IFAT. Hier hob er besonders die Verleihung der „Grünen Engel“ hervor.

Innovationen im Recycling und Nachhaltigkeit

Rehbock griff in seiner Rede aber auch neue Entwicklungen auf, wie das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien. Hier habe der Verband einen neuen Arbeitskreis gebildet, um sich rechtzeitig und kompetent für ein neues Aufgabenfeld mit neuen Herausforderungen zu positionieren.

Er informierte zudem über das bvse-Nachhaltigkeitstool, das die bvse-Mitgliedsunternehmen in die Lage versetze, über jeden Entsorgungs- oder Liefervorgang einen CO₂-Report zu erstellen und dem Kunden zur Verfügung zu stellen.

Der bvse-Hauptgeschäftsführer betonte, dass mit den neuen gesetzlichen Anforderungen zur umfassenden Nachhaltigkeitsberichterstattung viele größere Unternehmen vor der Herausforderung stehen, ihre CO₂-Bilanz transparent darzustellen. Dazu sind kleinere mittelständische Unternehmen derzeit zwar noch nicht verpflichtet, aber darauf komme es auch nicht an. „Das ist wirklich ein wichtiges Thema, wenn man im Markt als Bestandteil der Lieferkette bleiben will. Sie müssen liefern können“, machte Eric Rehbock deutlich.

Wolfgang Bosbach: Einblicke hinter die Kulissen der Politik

Einen ganz besonderen Akzent setzte der langjährige CDU-Spitzenpolitiker Wolfgang Bosbach. Mit viel Humor und leidenschaftlichem Engagement gewährte er den Teilnehmenden Einblicke hinter die Kulissen der Politik und sparte dabei nicht mit deutlichen Worten.

Für Bosbach steht fest: Bei der kommenden Bundestagswahl geht es um weit mehr als nur den Erfolg einzelner Parteien – es steht die politische und gesellschaftliche Stabilität unseres Landes auf dem Spiel. Die Entscheidung, wer die Wahl gewinne, sei keineswegs gefallen, denn die Lage sei sehr instabil.

Mit eindringlichen Worten wandte sich Bosbach an die Anwesenden: „Setzen Sie bei der Wahl Ihr Kreuz, wo Sie wollen – nur niemals bei politischen Extremisten, weder von links noch von rechts. Wenn solche Kräfte auch nur in die Nähe der Macht kommen, wird es für unsere Demokratie gefährlich.“

Andreas Mundt: Wettbewerbsfragen in der Entsorgungsbranche

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, brachte die Teilnehmenden mit seinem Vortrag wieder in die Entsorgungsbranche zurück. „Solange wir Sie haben, wird uns die Arbeit im Bundeskartellamt jedenfalls nicht ausgehen“, begann der gut aufgelegte Kartellamtspräsident seine Ausführungen und bedankte sich beim bvse insgesamt und bei Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock persönlich „sehr herzlich“ für die wertvolle Zusammenarbeit.

Er hob hervor, dass die Branche wettbewerbsrechtlich zu den komplexesten gehöre. Mit einem Jahresumsatz von über 100 Milliarden Euro und 315.000 Beschäftigten sei sie jedoch auch ein gewichtiger Wirtschaftsfaktor, den das Bundeskartellamt seit Jahrzehnten intensiv beobachte.

Das Bundeskartellamt hat in den vergangenen Jahren sehr viele Fusionen gesehen, die zum Teil „vertieft“ geprüft wurden. Außerdem wurden zwei Sektoruntersuchungen in den Jahren 2021 und 2023 durchgeführt. Mundt: „Das ist wahrscheinlich ein Rekord. Es gibt kaum eine Branche, die das Bundeskartellamt so gut kennt wie die Entsorgungswirtschaft.“

Besorgniserregende Entwicklungen im Wettbewerb

Gerade die Sektoruntersuchung, die im Jahr 2021 durchgeführt wurde, hat bei den Wettbewerbswächtern Sorge ausgelöst. Mundt: „Wir haben bei LVP und Altglas gesehen, dass wichtige Wettbewerbsparameter sich auf regionalen Märkten verschlechtert haben.“

Beispielsweise wurde festgestellt, dass es teilweise sehr hohe Marktanteile von einzelnen Anbietern bis zu Monopolen gebe. Aber auch bei bundesweiter Betrachtung sieht das Bundeskartellamt hauptsächlich Zugewinne beim Marktführer Rethmann. „Auch das ist für uns aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht gerade eine beruhigende Entwicklung.“

Insgesamt kann festgehalten werden, dass steigende Preise zu beobachten sind und die Zahl der im Markt aktiven Unternehmen „eher rückläufig“ ist. So ist die durchschnittliche Bieterzahl bei Ausschreibungen zurückgegangen und die Wahrscheinlichkeit eines Auftragnehmerwechsels ist gesunken. „Das lässt alles insgesamt auf eine rückläufige Wettbewerbsintensität schließen“, fasste Mundt die Erkenntnisse seiner Behörde zusammen.

Ähnlich sehe es aus bei Restmüll, Altpapier und anderen kommunalen Abfällen. Das Bild sei hier ein wenig heterogener, weil es sehr unterschiedliche Entscheidungsträger, sehr unterschiedliche Ausschreibungen gebe, aber trotzdem seien die Bieterzahl insgesamt und die Anzahl an Geboten je Ausschreibung leicht rückläufig. Auch hier sei jedoch ein hoher und steigender Anteil bei der bundesweiten Erfassungsmenge beim Marktführer Rethmann festzustellen.

Verfahren gegen Rethmann

Mundt erklärte in diesem Zusammenhang, dass das Bundeskartellamt unter bestimmten Voraussetzungen ein Unternehmen verpflichten kann, jede Fusion anzumelden. Momentan führt das Bundeskartellamt ein Verfahren gegen Rethmann. Es werde momentan geprüft, ob eine solche Anordnung erlassen wird. „Ich glaube, eine Entscheidung steht hier relativ kurz bevor“, erklärte der Kartellamtspräsident bei der bvse-Jahrestagung in Hamburg.

Duale Systeme: Unwucht zu Lasten der kleinen und mittleren Unternehmen

Besondere Aufmerksamkeit widmete Mundt auch der kartellrechtlichen Prüfung der Ausschreibungsverträge der dualen Systeme. Zwar habe sich dieses System grundsätzlich bewährt, er sehe aber eine Unwucht zu Lasten der kleinen und mittleren Unternehmen.

Offen zeigte sich Mundt bezüglich längerer Vertragslaufzeiten. Das sei eine Frage der richtigen Balance: Wenn der Ausschreibungszeitraum zu kurz sei, können sich notwendige Investitionen nicht amortisieren. Sind die Ausschreibungszeiträume zu lang, gehe das zu Lasten derjenigen, die die Ausschreibung nicht gewonnen haben.

Ein weiterer kritischer Punkt sei die Sicherungsleistung bei Ausfall eines dualen Systems bei Insolvenz. Die dualen Systeme stellen momentan Sicherheitsleistungen zugunsten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Mundt glaubt jedoch, dass eine andere Lösung in Form einer Gesetzesänderung gefunden werden müsse, die auch die Entsorgungswirtschaft einbezieht.

Ansatz der Gewerbeabfallverordnung problematisch

Abschließend kritisierte Andreas Mundt die Novelle der Gewerbeabfallverordnung. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht sei es problematisch, dass im Entwurf die Kaskadenlösung eingeschränkt worden sei, weil somit weniger Unternehmen am Markt teilnehmen können.

Stattdessen müsse vielmehr der Vollzug der bestehenden Regelungen bei den zuständigen Behörden verbessert werden. Darauf eingehend schlug bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock vor, dass der Vollzug bei den Müllverbrennungsanlagen ansetzen solle, um eine wirksame Kontrolle zu erreichen und so die stoffliche Verwertung zu stärken.

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