Erweiterte Notifizierungspflicht gefährdet Recyclingwirtschaft

"Wir stehen den aktuellen Plänen der EU-Kommission kritisch gegenüber, die eine Ausweitung der Notifizierungspflicht auf nicht gefährliche Elektro- und Elektronik-Altgeräte innerhalb der EU ab dem 1. Januar 2025 vorsieht", das machte Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer des bvse in einer Stellungnahme zu einem sogenannten non-paper der EU-Kommission deutlich.
Foto: dokumol; pixabay.com

In diesem non-paper wird ausgeführt, dass viele Geräte, die bislang auf der sogenannten „grünen Liste“ standen und deren Verbringung zwischen EU-Mitgliedstaaten problemlos und ohne bürokratische Hürden möglich war, nun einem komplexen Notifizierungsverfahren unterworfen werden sollen. Rehbock: „Dies würde massive negative Auswirkungen auf die Recyclingwirtschaft sowie auf kleine und mittelständische Unternehmen haben.“

Der bvse betont, dass er das Verbot der Ausfuhr von Elektro- und Elektronik-Altgeräten unter den Einträgen A1181 und Y49 des Baseler Abkommens in Staaten, für die der OECD-Beschluss nicht gilt, ausdrücklich begrüßt. Diese Maßnahme zielt darauf ab, den illegalen Export von Elektroschrott zu reduzieren und die umweltgerechte Entsorgung von Altgeräten zu gewährleisten, weil diese Regelung dazu beiträgt, dass Altgeräte aus der EU nicht mehr unter gefährlichen Bedingungen im Ausland recycelt werden, die Umwelt und Gesundheit in den Empfängerländern gefährden könnten.

Eine Ausweitung der Notifizierungspflicht auf nicht gefährliche Elektro- und Elektronik-Altgeräte hätte jedoch keinen umweltpolitischen Mehrwert, dafür aber erhebliche ökonomische Auswirkungen.

Laut den jüngsten Angaben von Eurometaux und unseren Mitgliedsunternehmen werden rund 75 % der Elektro- und Elektronik-Altgeräte, die innerhalb der EU gesammelt und recycelt werden, derzeit gemäß den Bestimmungen der „grünen Liste“ verbracht. Davon wird ein erheblicher Teil, insbesondere wertvolle Rohstoffe wie Kupfer, Aluminium und Edelmetalle, in das deutsche Bundesgebiet importiert. Diese Verbringung ist entscheidend für die Rohstoffversorgung der europäischen Industrie.

Die Einführung einer Notifizierungspflicht ab dem 1. Januar 2025 könnte nach Ansicht des bvse zu einem erheblichen Einbruch dieses Handels führen, da bereits jetzt die Kapazitäten der Behörden erschöpft sind. bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock weist darauf hin, dass es im Durchschnitt drei bis sechs Monate dauert, bis eine Notifizierung bearbeitet und genehmigt wird. „Angesichts der Personalknappheit in vielen Behörden, könnte die zusätzliche Belastung durch neue Notifizierungsanträge zu noch längeren Bearbeitungszeiten führen. Dies würde nicht nur die Recyclingbranche lähmen, sondern auch den europäischen Binnenmarkt für Recyclingmaterialien erheblich beeinträchtigen“, führt Rehbock aus.

Überlastung der Behörden und Auswirkungen auf den Wettbewerb

Eine Notifizierungspflicht ab 2025 würde die ohnehin stark belasteten Behörden mit einer Flut neuer Anträge konfrontieren. Derzeit gibt es in der EU nur eine begrenzte Anzahl an spezialisierten Recyclinganlagen, die in der Lage sind, die wertvollen Rohstoffe aus Elektro- und Elektronikschrott fachgerecht zurückzugewinnen. Die Erhebung zusätzlicher bürokratischer Anforderungen würde dazu führen, dass diese Rohstoffe nicht mehr zeitnah und effizient recycelt werden können, was den Rohstoffkreislauf in Europa empfindlich stören würde.

Die geplante Notifizierungspflicht würde außerdem den Wettbewerb innerhalb der EU erheblich beeinträchtigen. Große Unternehmen verfügen oft über die personellen und finanziellen Ressourcen, um die zusätzlichen Auflagen zu erfüllen, während kleine und mittelständische Unternehmen, die einen wesentlichen Teil der Recyclingwirtschaft ausmachen, deutlich stärker belastet wären. Die Einführung hoher bürokratischer Hürden könnte dazu führen, dass viele dieser Unternehmen aus dem Markt gedrängt werden, was zu einer bedenklichen Konzentration und einer Schwächung des Wettbewerbs führen könnte.

Laut einem Bericht von Mario Draghi, dem früheren Präsidenten der Europäischen Zentralbank, zur Wettbewerbsfähigkeit Europas, ist es entscheidend, dass der europäische Markt für die Kreislaufwirtschaft offen und wettbewerbsfähig bleibt. Er empfiehlt, die Kriterien für die „grüne Liste“ zu überdenken und zu verbessern, um den Aufbau einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zu erleichtern. Die Einführung einer Notifizierungspflicht ab 2025 läuft jedoch diesen Empfehlungen zuwider und bedroht die Wettbewerbsfähigkeit Europas.

Unsere Forderungen: Einführung ab 2027 und Moratorium

Wir fordern daher die EU-Kommission auf, den Vorschlag zur Einführung der Notifizierungspflicht ab dem 1. Januar 2027 zu priorisieren, wie es auch in einem vorherigen non-paper vom 5. Juni 2024 vorgeschlagen wurde. Diese Übergangsfrist würde sowohl den Unternehmen als auch den Behörden die notwendige Zeit geben, sich auf die Änderungen vorzubereiten und eine effektive, digitale Infrastruktur für die Abwicklung der Notifizierungsverfahren aufzubauen.

Darüber hinaus sollte das vorgeschlagene zweijährige Moratorium genutzt werden, um innerhalb der EU-Mitgliedstaaten Daten zu sammeln, die die Notwendigkeit einer generellen Notifizierungspflicht überprüfen. Es ist essenziell, festzustellen, ob tatsächlich alle bisher „grün“ gelisteten Elektro- und Elektronikschrotte von dieser neuen Regelung betroffen sein müssen oder ob es weiterhin nicht gefährliche Elektronikschrotte gibt, die auch zukünftig als „grüne“ Abfälle verbracht werden können.

Die Digitalisierung der Abfallverbringungsverfahren, wie sie in der Abfallverbringungsverordnung vorgesehen ist, könnte ebenfalls einen erheblichen Beitrag dazu leisten, die Notifizierungsprozesse zu beschleunigen und die Belastung der Behörden zu verringern.

Fazit: Eine gerechte Lösung für Umwelt und Wirtschaft

Wir appellieren an die EU-Kommission, einen ausgewogenen Ansatz zu wählen, der sowohl die Umwelt schützt als auch den europäischen Markt für Elektro- und Elektronikaltgeräte funktionsfähig hält. Ein vorschneller Eingriff könnte gravierende Folgen für die europäische Recyclingindustrie, den Wettbewerb und die Versorgung mit wertvollen Rohstoffen haben.

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