Die Mitglieder des RCI, die ein breites Spektrum dieser Sektoren repräsentieren, sehen viele Gemeinsamkeiten bei den wichtigsten Herausforderungen und deren Bewältigung. Hohe Energie- und Rohstoffpreise sowie die Notwendigkeit, den Kohlenstoffbedarf zu defossilisieren, um die CO₂-Emissionsziele zu erreichen, insbesondere für die sogenannten „Scope 3“-Emissionen, sind einige der häufig angesprochenen Themen.
Kritisiert werden fehlende politische Anreize, um den Wechsel von fossilen zu erneuerbaren Rohstoffen in der Chemie- und Kunststoffindustrie zu fördern. Die Mitglieder der RCI fordern die Politik auf, geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Einsatz erneuerbarer Rohstoffe über Kraftstoffe hinaus zu fördern und Maßnahmen auf Rohstoff- und Polymerebene zu ergreifen. Um die Transformation voranzutreiben, müsse der Einsatz nicht-fossiler Rohstoffe für Hersteller und Verbraucher attraktiver werden. Bei Chemikalien und daraus hergestellten Materialien greife die Europäische Union hauptsächlich mit restriktiven Maßnahmen in den Sektor ein, etwa mit der REACH-Verordnung oder der Richtlinie über Einwegkunststoffe. Solche Maßnahmen seien jedoch kaum geeignet, Transformationsstrategien zu unterstützen, die Entwicklung an langfristigen Zielen auszurichten und Innovationen oder die Nutzung erneuerbarer Kohlenstoffquellen zu fördern. Die EU sollte eine stärker anreizorientierte Politik als notwendiges Instrument für einen gesteuerten Übergang entwickeln und implementieren. Dies könnte den Übergang zu erneuerbarem Kohlenstoff erheblich beschleunigen, ähnlich wie es derzeit in den USA geschieht, wo Kohlenstoffabscheidung und biobasierte Kunststoffe eindeutig durch Regulierungen unterstützt werden. Die RCI ist der Ansicht, dass der derzeitige politische Ansatz, der sich eher auf die Beschränkung unerwünschter oder unerprobter Technologien konzentriert, strukturell umgewandelt werden sollte, sodass neue Technologien und Lösungen für die chemische Industrie möglich werden. Ein Wandel von einschränkenden Vorschriften hin zu ermächtigenden Rahmenbedingungen sei notwendig.
Die RCI-Mitglieder haben eine Reihe konkreter Instrumente und Maßnahmen identifiziert, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die europäische Chemie- und Werkstoffindustrie zu verbessern, damit sie sich zu einem innovativen, starken, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Sektor entwickeln kann.
Neue Technologien erforderten neue Investitionen und könnten nicht direkt mit etablierten, fossilen Systemen konkurrieren, die über Jahrzehnte optimiert wurden, insbesondere dort, wo Skaleneffekte bisher nicht vorhanden sind. Daher seien politische Leitplanken erforderlich, um den Übergang zu ermöglichen – und um die enormen und anhaltenden Subventionen für fossile Rohstoffe zu reduzieren oder ganz zu beenden. Einige RCI-Mitglieder hätten sogar die Einführung einer Steuer auf fossilen Kohlenstoff in der chemischen Industrie vorgeschlagen.
Ein Vorschlag vieler RCI-Mitglieder sind Mindestquoten für den Anteil an erneuerbarem Kohlenstoff in verschiedenen Anwendungsbereichen, d.h. kombinierte oder getrennte Quoten für den Recycling-, den biobasierten und den CO₂-basierten Anteil. Solche Quoten wurden und werden erfolgreich in der Renewable Energy Directive (RED) für den Bereich nachhaltiger Kraftstoffe eingesetzt – eine Ausweitung dieses Konzepts auf Chemikalien und Materialien könne auch diesem Sektor zugutekommen. Die Schaffung einer Nachfrage nach erneuerbarem Kohlenstoff durch politische Rahmenbedingungen werde zu schnellen Investitionen und einer verbesserten Produktion führen. Andere Vorschläge fordern einen geeigneten Kohlenstoffbuchhaltungsmechanismus, einen CO₂-Grenzausgleich und einen überprüfbaren Nachweis der nachhaltigen Produktion, die alle einen relevanten Unterschied gegenüber fossilen Produkten, insbesondere Importen, ausmachen. Die erweiterte Herstellerverantwortung könne eine weitere Möglichkeit sein, den Übergang zu erneuerbarem Kohlenstoff zu unterstützen, insbesondere wenn Scope 3-Emissionen in die CO₂-Emissionen einbezogen werden.
Die derzeitigen Bewertungsmethoden und Beschränkungen für die Nutzung nachhaltiger Kohlenstoffquellen seien ein weiteres wesentliches Hindernis für das Erreichen der erforderlichen Mengen. Bei der Biomasse sei es die mangelnde Akzeptanz von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen als nachhaltige Option, bei CCU sei es die Fokussierung auf biogene Punktquellen und die nur langsam entstehende Anerkennung als strategische Schlüsseltechnologie für eine Netto-Null-Bilanz und beim Recycling sei es die langsame Akzeptanz des chemischen Recyclings als Schlüsseltechnologie zur Ergänzung des mechanischen Recyclings.
Nur durch die Kombination der drei Säulen Food- und Non-Food-Biomasse, CCU aus biogenen und fossilen Reststoffen sowie werkstoffliches und chemisches Recycling könne der Kohlenstoffkreislauf vollständig geschlossen werden. Für alle Produktionsbereiche sei die Versorgung mit grüner Energie zu (industriell) leistbaren und (international) wettbewerbsfähigen Preisen entscheidend. Solar- und Windenergie sowie grüner Wasserstoff müssten massiv ausgebaut werden.