Um dem stark steigenden Primärmaterialbedarf und möglichen Materialengpässen entgegenzuwirken, müssen für die verschiedenen Festkörperbatterietypen angepasste Recyclingverfahren entwickelt werden. Die Veröffentlichung im Magazin „Nature Energy“ zeigt Lösungsansätze für das Recycling der verschiedenen Festkörperbatterietypen auf.
Aufgrund der stark variierenden materialspezifischen Eigenschaften der verschiedenen Festkörperbatterien sind unterschiedliche Prozessrouten erforderlich. Eine Möglichkeit zur Lösung des Problems liegt in einer multi-way, multi-product-Recyclinganlage, die verschiedene Routen kombiniert und so eine größtmögliche Flexibilität hinsichtlich des Input-Batteriematerials erreicht.
Die im renommierten wissenschaftlichen Journal „Nature Energy“ veröffentlichte Übersichtsarbeit befasst sich konkret mit aktuellen Recyclingstrategien für verschiedene Festkörperbatterien (Solid-State Batteries, kurz SSB). Der Schwerpunkt liegt dabei auf vielversprechenden Festelektrolyten (SEs), darunter Oxide, Sulfide/Thiophosphate/Halogenide und Polymere sowie Kombinationen (sogenannte Hybrid-Festelektrolyte) davon. Basiswissen für diese Recyclingstrategien wird über in der Battery LabFactory (BLB) laufende Forschungsarbeiten erarbeitet.
„Aufgrund der unterschiedlichen physikalischen und chemischen Eigenschaften der genannten Festelektrolyte ziehen wir angepasste Recyclingrouten in Betracht, die sowohl eine Vorbehandlung als auch mechanische, hydro- und pyrometallurgische Verfahren umfassen“, sagt Prof. Arno Kwade, Leiter des Instituts für Partikeltechnik und Sprecher der Battery LabFactory Braunschweig (BLB).
Vor diesem Hintergrund sind die Braunschweiger Wissenschaftler*innen der Ansicht, dass eine Mehrweg- und Mehrprodukt-Recyclinganlage, die so viele verschiedene Zellchemien und Festkörperbatterietypen wie möglich recyceln kann, die zukunftsträchtigste Lösung ist. Eingeschlossen sind bei dieser Betrachtung auch weitere Batterien der nächsten Generation, etwa Lithium-Schwefel-Batterien und Natrium-Festkörperbatterien.
„Wir halten auch die weitere Entwicklung direkter Regenerationsprozesse (sog. direktes Recycling) für Kathodenaktivmaterialien und Festkörperelektrolyte für notwendig und sehr wichtig, um höhere Recyclingraten zu erreichen und negative Umweltauswirkungen zu minimieren“, sagt Prof. Kwade weiter.
Um diese Lösungsansätze zu entwickeln, führten die Forschenden eine qualitative Analyse der aktuellen Forschungslage im Bereich des SSB-Recyclings durch und stützten sich dabei auch auf tiefgehende Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich des Lithium-Ionen-Batterierecyclings (wie den Leuchtturmprojekten LithoRec I und II und dem BMBF-Cluster greenBatt) sowie der Herstellung und Produktion von Festkörperelektroyten und -batterien im Rahmen des Exzellenzclusters „S²EA – Sustainable and Energy Efficient Aviation“ und des BMBF-Clusters FestBatt.
Die in der Veröffentlichung genannten Schlussfolgerungen und Empfehlungen besitzen hohe Relevanz für Entscheider*innen in der Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. So lassen sich durch die Einführung des sogenannten Batteriepasses und von gesetzlich festgeschriebenen Recyclingquoten bezogen auf die speziell in Festkörperbatterien eingesetzten Materialverbindungen und Elemente Voraussetzungen schaffen, die notwendige Kreislaufwirtschaft bzw. zirkuläre Produktion von hochintegrierten Produkten zu implementieren. Währenddessen können die angepassten Recyclingrouten aufgrund sehr hoher Recyclingraten dazu beitragen, den Primärmaterialbedarf an kritischen Materialien und Rohstoffen und damit nebenbei die Abhängigkeit von Drittstaaten zu verringern. Für die Wissenschaftscommunity werden Fragen und mögliche zu untersuchende Prozessmöglichkeiten und Stoßrichtungen vorgeschlagen, die auf dem Weg des Recyclings von Festkörperbatterien und deren Materialien vielversprechend sind.