Industriebrachen können mit verschiedenen Metallen wie Zink, Eisen, Blei oder Seltenen Erden belastet sein. Diese Rückstände schädigen die Umwelt und machen die Flächen unbrauchbar. Um sie aus dem Boden zu entfernen und zu recyceln, müssen die Betreiber*innen erhebliche Investitionen aufwenden. Um verlässliche Aussagen über die Wirtschaftlichkeit eines solchen Vorhabens treffen zu können, hat ein Team der TH Köln im Rahmen eines internationalen Forschungsprojekts eine KI-basierte Software entwickelt. Das Tool ist frei nutzbar.
„In der EU gibt es mehr als 100.000 stillgelegte und kontaminierte Industriestandorte. Bisher werden Späne, Schlämme oder Schlacken ausgebaggert und entsorgt. Dies ist jedoch teuer und die Ressourcen bleiben ungenutzt. Angesichts steigender Rohstoffpreise kann sich das Recycling lohnen, allerdings müssen dabei viele Faktoren berücksichtigt werden. Wir haben eine frei zugängliche Software entwickelt, die den Betreiber*innen eine fundierte Grundlage für ihre Entscheidung und Empfehlungen für die nötige Prozesskette liefert“, erklärt Prof. Dr. Christian Wolf vom :metabolon Institute am Campus Gummersbach der TH Köln.
Bei Industriebrachen handelt es sich häufig um großflächige Areale mit teilweise schwer zugänglichem Gelände. Ziel des Projektes „Regeneratis“ war es, diese Flächen mit weniger Aufwand als bisher zu untersuchen. Ausgangspunkt der Analyse sind grundlegende Erhebungen, etwa zur Größe und zum Höhenprofil des Geländes oder zur Art der früher dort angesiedelten Industrie. So erfahren die Betreiber*innen, ob der Standort für eine nähere Betrachtung geeignet ist. Im nächsten Schritt erfolgt eine geophysikalische Untersuchung des Bodens, zum Beispiel mit Bohrungen oder stromführenden Metallstangen, um Informationen über die Bodenbeschaffenheit sowie metallische und mineralische Ablagerungen zu erhalten. „Außerdem wird geprüft, ob gefährliche Stoffe vorhanden sind. Wir empfehlen auch, Bodenproben im Labor analysieren zu lassen, um die Menge der vorhandenen Metalle und deren Partikelgröße abschätzen zu können“, berichtet Wolf. Die ermittelten Daten werden dann mithilfe der KI-Software für den Entscheidungsprozess weiterverarbeitet.
Um eine möglichst breite Datenbasis für das Training der Künstlichen Intelligenz zu erhalten, untersuchte das Projektteam die Böden von neun stillgelegten Produktionsstätten in mehreren europäischen Ländern. Expert*innen der Geophysik ordneten die erhobenen Daten möglichen Mess-, Rückbau- und Behandlungsverfahren für die jeweiligen Metalle und Mineralien zu. „Unsere Künstliche Intelligenz ist eine Mischung aus neuronalen Netzen und einem regelbasierten System. Nach Eingabe der Parameter durch die Betreiber*innen berechnet die KI die verschiedenen notwendigen Prozessschritte zur Rückgewinnung der Rohstoffe und bewertet diese hinsichtlich Effizienz und Kosten. Auf dieser Grundlage können die Betreiber*innen dann entscheiden, ob das Recycling der Metalle und Mineralien, die Renaturierung des Geländes oder keine der beiden Optionen infrage kommt“, so Wolf abschließend.