Das würde die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Recyclingbranche erheblich beeinträchtigen. Der Vorstand des Verbands befindet sich diese Woche in Brüssel, um mit Vertreter:innen des EU-Parlaments über die aktuellen Herausforderungen der Branche zu sprechen. 90 % der rechtlichen Rahmenbedingungen für die heimische Abfallwirtschaft werden auf EU-Ebene festgelegt und bilden den Grundstein für die Kreislaufwirtschaft.
Gestern stand die EU-Verpackungsverordnung auf der Tagesordnung in Brüssel. Die sogenannte „Packaging and Packaging Waste Regulation“ – PPWR ist entscheidend für die europäische Kreislaufwirtschaft. Sie bildet die Voraussetzung dafür, dass aus Verpackungsabfällen durch Investitionen in Sammlung und Sortierungsinfrastruktur wiederverwertbare Rohstoffe entstehen können. Über diesen Recyclingansatz werden neue Geschäftsmodelle im Sinne des Klimaschutzes ermöglicht. Die PPWR forciert durch Mindestrezyklatquoten für Kunststoffverpackungen den Markt für Rezyklate und bringt eine deutliche Steigerung des Anteils von Sekundär-Materialien in Verpackungen. Die Verordnung berücksichtigt den gesamten Lebenszyklus von Verpackungen und verlangt, dass diese ab 2030 recycelbar sind.
In der letzten Verhandlungsrunde wollten sich nun EU-Parlament, Rat und Kommission auf die Verordnung einigen, um sie noch in der aktuellen Legislaturperiode der Europäischen Union verabschieden zu können. Bis zur Europawahl Anfang Juni bleibt nicht mehr viel Zeit. Im Rahmen dieser Trilog-Verhandlung zur EU-Verpackungsverordnung konnten sich die Mitgliedstaaten überraschend einigen, eine förmliche Annahme durch Parlament und Rat muss noch erfolgen.
Dabei ist es wesentlich, dass die Kompromisse und die vorläufige Einigung über neue Regeln für nachhaltigere Verpackungen im Rat von einzelnen Mitgliedstaaten nicht im Nachhinein infrage gestellt werden.
Rezyklate aus Drittländern gefährdet europäische Recyclingbranche
Ein letzter Ausreißer: Ursprünglich war vorgesehen, dass für die Erreichung der Mindestrezyklateinsatzquoten für Verpackungen nur Rezyklate angerechnet werden können, die aus Abfällen gewonnen und die in der EU anfallen und aufbereitet werden. Dagegen hat jedoch die EU-Kommission in letzter Sekunde Bedenken angemeldet und eine Änderung der Regelung gefordert. „Die EU-Verpackungsordnung ist ein wichtiger Schritt für eine langfristig stabile Kreislaufwirtschaft. Wir müssen faire Wettbewerbsbedingungen für die europäische Recycling-Industrie garantieren können. Die Anrechnung von Abfällen aus Drittländern für die Recyclingziele der EU gefährdet die europäische Recyclingbranche gegenüber dem Wettbewerb in Asien“, moniert Mittendorfer, VOEB-Vertreter im europäischen Dachverband FEAD (European Waste Management Association). Dazu ist im Trilog nun offenbar ein Kompromiss gefunden worden, der die Verwendung auch von Rezyklaten ermöglicht, die in einer Anlage in einem Drittland recycelt werden. Allerdings gelten für diese Anlagen entsprechende Nachhaltigkeitskriterien. Erstens müssen die Rezyklate aus Abfall produziert werden, zweitens müssen diese nach europäischen Standards gesammelt werden. Diese Kriterien sollen sicherstellen, dass hochwertige Rezyklate für die Industrie bereitgestellt werden können.
Abfallwirtschaft garantiert europäische Rohstoffsicherheit
EU-weit geltende Regelungen seien zudem notwendig, um die europäische Rohstoffversorgung zu sichern. Der Export von Abfall ist ein elementarer Bestandteil der Kreislaufwirtschaft, die sich die EU im Rahmen des Green Deals zum Ziel gesetzt hat. Die Expert:innen des Verbands weisen daher auf die Notwendigkeit eines europäischen Binnenmarkts für Sekundärrohstoffe hin. Für Österreich ist es essenziell, dass Abfall als Wertstoff gewertet wird, der nach einheitlichen europäischen Kriterien dem freien Warenverkehr unterliegen soll. Ein Schengenraum für Abfälle würde ein wirtschaftlich effizienteres Recycling ermöglichen, die Abhängigkeiten von kritischen Rohstoffen reduzieren, die Deponierung verhindern und die Auslastung hochspezialisierter Recyclingbetriebe garantieren.
Wirtschaft wartet auf den Binnenmarkt für Abfälle
Ein solcher Binnenmarkt soll in der Abfallverbringungsverordnung realisiert werden, Ende Februar ist die politische Einigung dafür im EU-Parlament erfolgt; die Zustimmung des Rates steht noch aus. „Trotz einiger Verbesserungen wie kürzerer Notifizierungsverfahren und transparenterer Verbringung bleibt ein grundsätzliches Problem: Einerseits untersagt die Abfallverbringungsverordnung ausdrücklich–wenn auch temporär – den Export von Kunststoffabfällen zur Verwertung in Nicht-OECD-Staaten. Andererseits verhindern intransparente Rezyklatimporte den Aufbau eines langfristig stabilen europäischen Rezyklatmarktes. Kunststoff-Recycling steht in Österreich schon seit längerem unter durch die konstant niedrigen Preise für Neuware unter Druck“, so Mittendorfer.
Für Björn Mittendorfer müsste allein der Standard der einzelnen Abfallbehandlungsanlage für einen Abfallexport in Nicht-OECD-Staaten entscheidend sein und nicht – wie derzeit vorgesehen – die gesamte Abfallbewirtschaftungsstrategie eines Landes. Nach den neuen Regeln sind die Exportunternehmen verpflichtet, durch unabhängige Dritte nachzuweisen, dass die Abfälle in der betreffenden Anlage umweltgerecht hochwertig verwertet werden. „Ich gebe zu bedenken, dass die Kreislaufwirtschaft mit solchen unverhältnismäßigen Eingriffen in den Welthandel eingeschränkt werden kann“, meint Mittendorfer.