Gleichzeitig reduzierte sich der Materialverbrauch um 8,7 % bzw. um 1,3 Mio. Tonnen und sank auf 13,3 Mio. Tonnen. Damit stellten alle Bereiche der Kunststoffverarbeitung weniger Produkte her. Im Inlandsabsatz waren die Rückgänge mit -6,9 % auf 43,8 Mrd. Euro etwas höher als die Rückgänge des Exports, der um 5,5 % auf 28,7 Mrd. Euro sank.
In den Sparten der Kunststoffverarbeitung verzeichneten im Berichtsjahr 2023 die Bereiche Bau und Verpackung besonders hohe Rückgänge, die traditionell einen hohen Rezyklatanteil in ihren Produkten einsetzen. Somit konnten sich auch die Rezyklate dem Abwärtstrend aus 2023 nicht entziehen. Die verarbeitete Menge reduzierte sich um 7,7 % auf 2,4 Mio. Tonnen. Durch den etwas geringeren Rückgang im Vergleich zu den Originalmaterialien erhöhte sich die Rezyklateinsatzquote in den Kunststoffprodukten leicht (um 0,2 %-Punkte) auf 18 %.
Trotz künftig höherer Quotenvorgaben für Kunststoffprodukte war 2023 nicht mehr drin, da viele Materialsorten der Originalware günstiger waren als die Recyclingware. Hohe Energiekosten, die auf die Herstellung heimischer Rezyklate durchschlugen, begünstigten zudem Materialimporte auch von Rezyklaten, was der Recyclingwirtschaft in Deutschland und Europa deutlich zusetzt und zwischenzeitlich zu Kurzarbeit bei vielen Recyclern führte.
Heimisches Rezyklat braucht Chancengleichheit
„Um die Transformation hin zu mehr Kreislaufwirtschaft wirtschaftlich zu schaffen, muss zumindest Chancengleichheit hergestellt werden“, so Rainer Zies, Geschäftsführender Gesellschafter der MKV Kunststoffgranulate GmbH. „Es kann nicht sein, dass Rezyklatquoten gefordert werden, diese jedoch in unfairem Wettbewerb hergestellt werden müssen, da im Vergleich zur Chemieindustrie höhere Energiekosten zu zahlen sind. Für die Recycler müssen die gleichen Energiekosten gelten wie für Originalmaterialhersteller“, so Zies weiter. Höhere Energiekosten für die Chemieindustrie lehnt er ab, „da würden wir die Konzerne und deren Kompetenz nur noch schneller ins Ausland verlieren.“ Im vergangenen Jahr war deutlich zu beobachten, was an billigen Importen nach Europa kommt. „Das schadet allen, egal ob Herstellern von Original- oder Recyclingmaterialien. Hier sind die Verantwortlichen in Europa gefragt, über klare Regeln nachzudenken“, so Zies, Vorsitzender der Gruppe der Compoundierer und Recycler im TecPart.
Nicht nur die Recycler litten 2023 unter den Absatzrückgängen. Stark traf es die Bauwirtschaft, die u.a. durch den inflationsbedingten Preisanstieg und die hohen Zinsen einen Umsatzrückgang von 11 % und einen Absatzmengenrückgang von rund 13 % hinnehmen musste. Mit 7,7 % Umsatzrückgang folgten die Verpackungshersteller, die neben weniger Menge über den Jahresverlauf auch noch Preisabschläge auf ihre Produkte zu akzeptieren hatten.
Bei den Kunststoff-Konsumwaren war der Umsatz 2023 mit nur 3,6 % rückläufig, jedoch war die Preisbasis im Vergleich zu 2022 rund fünf Prozent höher, was dafür spricht, dass der Produktionsrückgang rund doppelt so groß war. Auch hier wirkten die höheren Zinsen und der inflationsbedingte Kaufkraftverlust auf die Kauflaune der Konsumenten.
Vergleichsweise gut haben sich die technischen Teile geschlagen, die mit einem kleinen Umsatzplus das Jahr 2023 abschließen konnten. Jedoch ist auch hier die Vergleichsbasis der Preise aus 2022 niedriger, sodass die Hersteller technischer Teile insbesondere durch die Nachfrageschwäche aus der Elektrobranche sowie aus dem Maschinenbau Produktionseinbußen hinnehmen mussten. Einzig die Automobilindustrie setzte mit einem deutlichen Absatzplus, laut VDA von 18 %, Wachstumsimpulse.
Beschäftigungsabbau moderat, Fachkräftemangel sehr hoch
Trotz der angespannten Lage und der realen Produktionsrückgänge in der Kunststoff verarbeitenden Branche fällt der Beschäftigungsabbau um 2,88 % auf rund 316.000 Beschäftigte moderat aus. Die Reduzierung des Personalbestands wurde oft über Vorruhestandsregelungen erreicht und damit auf die Neubesetzung der Positionen ausgeschiedener Mitarbeitender verzichtet.
Weiterhin will aber die überwiegende Mehrheit (59 %) der befragten Unternehmen das Personal halten oder ausbauen (22 %). Letzteres wird zunehmend schwerer, da 88 % Prozent der Unternehmen über einen meist technisch orientierten Fachkräftemangel klagen. Damit hat sich das Problem 2024 weiter verschärft.
„Für die Bewältigung der Klimakrise und die notwendigen Veränderungen der Industrie sind hochqualifizierte Fachkräfte von entscheidender Bedeutung“, so Aline Henke, Geschäftsführende Gesellschafterin der Hankensbütteler Kunststoffverarbeitung. Kunststoff-Technologinnen und -Technologen, Techniker und Technikerinnen sowie Ingenieurinnen und Ingenieure können sich in der Industrie aktiv in den Klimaschutz einbringen, indem sie innovative Lösungen mitentwickeln und die Transformation vorantreiben. „Es muss den Menschen bewusst werden, dass sie mit ihrer fundierten Ausbildung in der Kunststoff verarbeitenden Industrie etwas bewegen können.“
Henke betont weiterhin die Notwendigkeit, schnell wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen in Deutschland wiederherzustellen. „Ein Abwandern der Industrie in andere Länder senkt zwar den deutschen CO₂-Footprint, erhöht aber den der ‚Weltbilanz‘, da der CO₂-Footprint nur selten im Ausland geringer ausfällt“.
In dem Betrachtungszeitraum der letzten sechs Jahre (2017–2023) haben 40 % der Unternehmen 2023 sinkende Gewinne zu verzeichnen; dies stellt den Höchstwert in den vergangenen sechs Jahren dar. Zudem konnten nur noch 24 % der Unternehmen steigende Gewinne erzielen, was ebenfalls der schlechteste Wert der letzten sechs Jahre ist und damit die Zukunftsfähigkeit einiger Unternehmen infrage stellt. Auch konnten die gestiegenen Preise aus Material-, Strom- und Personalkostenerhöhungen nicht in dem notwendigen Umfang in den Markt weitergegeben werden.
„Die Branche steht vor der Herkulesaufgabe, den Transformationsprozess zu meistern und zu bezahlen, da schlagen die Anhebung der Netzentgelte und die nun zusätzliche Verteuerung der CO₂-Abgabe voll ein!“, mahnt Felix Loose, geschäftsführender Gesellschafter der ROGA GmbH & Co. KG. Er fordert mehr Verlässlichkeit seitens der Politik, von der endlich wieder eine Wachstumsperspektive kommen muss, dann können auch wieder die erforderlichen Gewinne erwirtschaftet werden. „Es ist dringend geboten, hier Investitions- und Wachstumsbedingungen zu schaffen, die dem Mittelstand mit seinen in Deutschland befindlichen Standorten zugutekommt. Wir riskieren derzeit erneut das Abwandern von Industrien. Wie schnell das geht, konnte man als abschreckende Beispiele mit der Pharma-, Textil-, Solar- und Windkraft-Branche sehen“.
„Es ist nicht mehr 5 vor 12! Das Wachstumschancenpaket muss jetzt verabschiedet werden, um weiter an der Verbesserung der Standortbedingungen zu arbeiten“, so der Vorsitzende von TecPart.
Verhalten sind die Erwartungen für die Unternehmensergebnisse 2024, hier geben 54 % der Befragten an, dass sie keine Veränderung und 25 % ein weiteres Abschmelzen der Gewinne erwarten.
Die fehlenden Impulse für die künftige Entwicklung schlagen sich auch bei den Investitionen nieder. Rund 25 % der Unternehmen haben ihre Investitionen zurückgefahren, was der höchste Wert seit dem Corona-Jahr 2020 ist, 63 % der Unternehmen haben ihre Investitionen auf dem Vorjahresniveau gehalten.
Die wirtschaftliche Situation ist trotz vermehrtem Gewinnrückgang bei den Unternehmen meist noch robust. Allerdings zeigt die TecPart-Umfrage auch, dass für rund ein Drittel der Unternehmen Kurzarbeit derzeit ein Thema ist. Für rund 35 % der Unternehmen sind Finanzierungsbedingungen und die Liquiditätssituation bereits heute eine starke bis sehr starke Herausforderung, die auch auf den Arbeitsmarkt durchschlagen könnte.
Mehr als 50 % der Unternehmen sehen das Verhalten ihrer Kunden durch unzuverlässige Abrufe als starke bis sehr starke Herausforderung.
Michael Weigelt, Geschäftsführer von TecPart, fordert vor diesem Hintergrund ein faires und aufeinander abgestimmtes Miteinander: „Wir brauchen gesunde vernetzte Lieferketten in Deutschland, und die reichen von der Chemieindustrie über die Zulieferindustrie bis hin zu den OEM und dann schließlich wieder zu den Recyclern – nur so werden wir die Transformationsziele der EU schaffen. Dazu sind aber politische Rahmenbedingungen erforderlich, die das auch fördern. Teure und lähmende bürokratische Lasten behindern und überzogene regulatorische Vorschriften aus der EU schädigen die internationale Wettbewerbsfähigkeit, wenn diese ohne entsprechenden Schutz des EU-Binnenmarktes eingeführt werden. Ein Beispiel sind die unrealistischen Rezyklatquoten aus der EU-Altautoverordnung, die zudem den wichtigen Abfallstrom der Industrieabfälle außen vor lässt. Hier brauchen wir praxisnahe Vorgaben und kein ideologisch gefärbtes Wunschdenken.“
„Nur Praktikabilität, Verlässlichkeit und Kontinuität schafft Vertrauen in die Politik. Nur ein mit der Wirtschaft entwickeltes Konzept für den Standort verbessert Steuereinnahmen und nur verbesserte Steuereinnahmen können die Stabilität in der sozialen Marktwirtschaft gewährleisten“, so Weigelt weiter.