„Der vorliegende Kompromiss ist ein Fortschritt für die Wirtschaft in ganz Europa. Die neue Verordnung betrifft jetzt nicht mehr nur die Energieeffizienz von Elektrogeräten, sondern erstreckt sich auf nahezu alle Produktgruppen und deren nachhaltiger Produktion“, erklärte BDE-Präsident Peter Kurth am Donnerstag in Berlin.
Am vergangenen Dienstag hatten sich Europäisches Parlament und EU-Rat bei ihren interinstitutionellen Trilogverhandlungen auf die Vorlage verständigt. Die Revision bestimmt nun unter anderem, dass zukünftig alle Waren langlebiger, reparierbar, sowie recycelbar sein müssen. Lediglich Lebens- und Futtermittel, Medizinprodukte, Kraftfahrzeuge sowie Produkte, die der nationalen Sicherheit oder der Verteidigung dienen, sind ausgenommen. Zur Ausgestaltung der Ökodesignanforderungen wird die Kommission in den kommenden Monaten nach und nach delegierte Rechtsakte für die individuellen Produktgruppen initiieren, in denen die genauen Designkriterien aufgeschlüsselt werden sollen. In ihren Verhandlungen hatten sich Parlament und Rat auf eine Liste von Produkten geeinigt, für die die Kommission prioritär Ökodesignanforderungen festlegen soll. Dazu zählen Eisen, Stahl, Aluminium, Textilien (insbesondere Bekleidung und Schuhe), Möbel, Reifen, Waschmittel, Farben, Schmiermittel und Chemikalien.
Ferner trifft die Verordnung auch Festlegungen zur Einführung eines digitalen Produktpasses. Dafür ist eine Sammlung relevanter Produktinformationen vorgesehen, die Auskünfte zur Nachhaltigkeit, aber auch Reparier- und Recycelbarkeit von Produkten enthalten sollen. Der Produktpass soll künftig für alle sichtbar an den Produkten oder ihren Verpackungen angebracht sein. Rat und Parlament haben sich außerdem darauf geeinigt, zusätzlich öffentliches Webportal einzurichten, das es den Verbrauchern ermöglicht, die in den Pässen enthaltenen Informationen zu suchen und zu vergleichen.
Kritik übt der BDE an der mit der Revision der Verordnung geplanten Einführung eines Warenvernichtungsverbots. So ist ein konkretes Vernichtungsverbot von unverkauften Textilien und Schuhen vorgesehen, das zwei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung gelten soll. Zudem kann die Kommission nach eigenem Ermessen das Verbot auf andere Produktgruppen durch delegierte Rechtsakte erweitern. Allerdings nimmt der Kompromiss Kleinstunternehmen generell sowie kleine und mittlere Unternehmen für die ersten sechs Jahre vom Warenvernichtungsverbot aus. Der BDE sieht hier die Gefahr einer Verantwortungsverschiebung vom Produzenten zum Entsorger, indem diesem die entsprechenden Waren zur weiteren „Verwendung“ überlassen werden.
BDE-Präsident Peter Kurth: „Der BDE begrüßt die nun vorgelegte Regelung grundsätzlich als richtigen Ansatz. Als Verband der Entsorgungswirtschaft haben wir uns schon lange Regeln für ein verbessertes Ökodesign von Produkten eingesetzt. Die Berücksichtigung der Rezyklierbarkeit von Produkten bereits in ihrer Entwurfs- und Gestaltungsphase und der Rezyklateinsatz sind Grundvoraussetzungen für eine umfassende und effiziente Kreislaufwirtschaft. Zudem hält der BDE die Einführung eines Digitalen Produktpasses für dringend notwendig, denn der einfache und schnelle Zugriff auf Informationen zum Recycling und zur Abfalltrennung ermöglicht es dem Verbraucher, seinen Beitrag zum Umweltschutz noch besser zu leisten. Die geplante Einrichtung eines Webportals ist ein richtiges Instrument. Das Webportal steigert die Transparenz und auch die Vergleichbarkeit der Produkte. Das vorgesehene Warenvernichtungsverbot läuft jedoch Gefahr, die Verantwortung für Produkte vom Hersteller auf den Entsorger zu verlagern, was einem direkten Widerspruch zum Verursacherprinzip gleichkäme. Es kann nicht die Aufgabe des Entsorgers sein, zu entscheiden, ob Warenvernichtungen im Auftrag des Herstellers berechtigt sind oder nicht.“
Die vorläufige Einigung muss nun vom EU-Parlament und dem Rat förmlich bestätigt und dann im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden. 20 Tage nach der Publizierung tritt die Verordnung dann in Kraft – konkrete Nachhaltigkeitskriterien werden allerdings erst in delegierten Rechtsakten durch die Kommission festgelegt.