So sieht es der sogenannte „European Green Deal“ vor, den die EU-Kommission als Fahrplan zur Bewältigung der Herausforderungen rund um Klimawandel und Umweltschutz vorgelegt hat. Ein Bestandteil der geplanten Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte ist die Einführung eines digitalen Produktpasses (DPP). Dieser enthält alle relevanten Informationen zu einem Produkt entlang der gesamten Lieferkette.
Konkret soll der digitale Produktpass künftig alle Bestandteile eines Produktes sowie dessen Zusammensetzung und Herkunft dokumentieren und so für mehr Transparenz sorgen. Dabei wird der gesamte Lebenszyklus physischer Produkte einschließlich der Zwischenstufen und Materialien betrachtet – von der Rohstoffgewinnung über die Produktion und Nutzung bis hin zur Wiederverwendung.
Hinsichtlich der Konformität und Interoperabilität des digitalen Produktpasses verweist der Verordnungsentwurf mehrfach auf ISO-Normen und globale offene Standards. Eine eindeutige Produktidentifikation gilt als grundlegendes Element für die Rückverfolgbarkeit in der Lieferkette, nicht zuletzt nach einem Bericht von Deloitte zu den „Auswirkungen internationaler offener Standards auf die Kreislaufwirtschaft in Europa“. „Als neutrale Organisation erfüllt GS1 genau diese Anforderungen, weshalb unter dem Dach von GS1 in Europa unter anderem bereits Grundprinzipien für eine mögliche Datenarchitektur des digitalen Produktpasses gemeinsam definiert wurden“, so Thomas Fell, Lead GS1 Germany.
Auswirkungen auf globale Supply Chains und bestehende Prozesse
Das DPP hat weltweite Auswirkungen auf den Handel und betrifft alle Unternehmen, die Produkte nach Europa einführen, in Europa herstellen oder in Betrieb nehmen. Nur wenige Sektoren wie Lebensmittel, Futtermittel und Arzneimittel sind ausgenommen. Im Fokus stehen zunächst vor allem Batterien, Textilien, Unterhaltungselektronik und Bauprodukte. Auch hier erweisen sich die Einsatzmöglichkeiten der etablierten GS1 Standards für die End-to-End-Kommunikation und Datenübermittlung mit Blick auf die genannten Branchen als sinnvoll. Übergeordnetes Ziel ist es, die Umweltauswirkungen im Lebenszyklus von Produkten durch effiziente, standardbasierte digitale Lösungen zu reduzieren. Stets unter der Voraussetzung, dass bei der inhaltlichen und technischen Ausgestaltung des digitalen Produktpasses gesetzliche Standards eingehalten werden und die Anwendbarkeit und Interoperabilität mit bestehenden Lösungen gewährleistet ist.
Allianz zum Batteriepass als Vorbild für die Umsetzung des DPP
Wie die Umsetzung des DPP funktionieren kann, zeigt der „Batteriepass“. Dieser wird voraussichtlich ab dem 1. Januar 2026 für jede Industriebatterie und jede Batterie für Elektrofahrzeuge ab einer bestimmten Kapazität verpflichtend. Das bedeutet zum Beispiel, dass jede Batterie einen elektronischen Datensatz haben muss, der laut EU-Verordnung einmalig und durch einen eindeutigen Schlüssel identifizierbar ist. Gemeinsam mit der Global Battery Alliance (GBA) entwickelt GS1 in Europa auf Basis eines Memorandum of Understanding (MoU) hierfür standardisierte Lösungen. Demnach stellen unter anderem GS1 Identifikationsnummern die Verbindung zwischen der physischen Batterie und den elektronisch verfügbaren Informationen im DPP her. In Zukunft wird auch der GS1 Digital Link eine wichtige Rolle spielen. Damit lassen sich Informationen effizient strukturieren und der Datenaustausch entlang des Produktlebenszyklus bzw. der Supply Chain transparent abbilden.
Darüber hinaus ist GS1 in Europe am CIRPASS Konsortium beteiligt, das mit 31 Partnern – darunter DigitalEurope, Fraunhofer, GBA, TU Delft und W3C – an Lösungen für einen digitalen Produktpass in den Bereichen Batterien, Consumer Electronics und Textilien arbeitet. Darüber hinaus ist GS1 Germany stellvertretend eine assoziierte Partnerschaft im Projekt „Battery Pass“ eingegangen, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Umwelt gefördert wird. Auch in Europa wurde ein Programm zum digitalen Produktpass und zur Entwicklung eines generischen Blueprints für branchenspezifische Projekte gestartet. Auf legislativer Ebene müssen nun das Europäische Parlament und der Europäische Rat über die geplante Verordnung entscheiden. Ein Beschluss, der in den Mitgliedsstaaten direkt umgesetzt werden muss, wird im Laufe des Jahres 2023 erwartet.