Im Sommer wurde dann plötzlich alles anders. Die metallverarbeitende Industrie klagte, dass wichtige Chips für die Herstellung des Endproduktes immer noch fehlen und fuhr deshalb ihre Produktion zurück. Der Teilemangel geht seitdem durch die gesamte Volkswirtschaft, von der Pharmaindustrie bis hin zu recht simplen Verbrauchsprodukten. Irgendwo in den Endprodukten, das wurde dann auch dem interessierten Konsumenten klar, sind Metalle – mal in kleineren, mal in größeren Menge. Stockt der Markt insgesamt, sind die Metallmärkte deshalb immer betroffen. Der Kreislauf ist klar: Stellt das Automobilwerk wegen fehlender Teile weniger her, wird auch weniger Metall für die Produktion benötigt. Wird weniger produziert, fällt auch weniger Schrott an. Nun, so scheint es, sind die Auswirkungen der Krise auch bei der Recyclingbranche angekommen.
Der Schrottmarkt ist träge geworden, Anfragen halten sich in Grenzen. Viele Unternehmen haben inzwischen große Bestände auf ihren Höfen und müssen dringend abverkaufen, um ihre genehmigten Lagerkapazitäten nicht zu überschreiten. Die Abnehmer in Europa üben sich in Zurückhaltung. Sie betonen, dass der Bedarf wegen der geringeren Produktion gering sei, die Lager seien dagegen gut gefüllt. Gäbe es nicht den freien Welthandel und den Export, wären bereits einige Recycler heute in massiven Schwierigkeiten. Die Forderung einiger Industrieverbände, man müsse die Schrotte im Land halten, um die heimische Industrie mit Einsatzmaterial zu versorgen, klingt deshalb aktuell recht absurd.
Die Preise der wichtigsten Basismetalle sind längst in ihren vor Monaten erreichten Jahreshöchstständen weit entfernt. Kupfer notiert an der Londoner Metallbörse aktuell mit 7.670,00/7.675,00 US-Dollar, High Grade Aluminium mit 2.253,50/2.254,00 US-Dollar. Die Notierungen für Nickel wurden zuletzt mit nur noch 22.800,00/22.850,00 US-Dollar angegeben, Zink notierte bei 2.749,00/2.751,00 US-Dollar. Auch auf dem Schrottmarkt sind die Preise zuletzt moderater geworden – und das bei zurückhaltendem Absatz. Blanker Kupferdrahtschrott (Kabul) erlöste 7.270 – 7.450 Euro und die gehäckselten Kupferdrahtschrotte (Kasus) 7.330 – 7.500 Euro. V2A Schrott bewegte sich zwischen 1.100 – 1.200 Euro, V4A zwischen 1.850 – 2.000 Euro. Drahtschrott aus Reinaluminium (Achse) war für 2.250 – 2.320 Euro zu haben.
Angesichts der aktuellen Marktsituation wundert es nicht, dass die Stimmung auf der LME-Week letzte Woche eher verhalten war. Zwar war die Teilnehmerzahl in London höher als erwartet, die meisten Metallhändler kamen jedoch eher, um „das Ohr am Markt“ zu haben. Abschlüsse, die in der Vergangenheit regelmäßig am Rande der LME-Week getätigt wurden, waren in diesem Jahr eher selten. Ein mittelständischer Metallhändler fasste die Frage nach seiner aktuellen Lage knapp zusammen: „Nichts ist in Butter auf den Metallmärkten“. Da mag es trösten, dass die Aussichten für das kommende Jahr von Analysten gar nicht so schlecht beurteilt werden. Die Metallmärkte seien immer für eine positive Überraschung gut, ist zu hören. Wollen wir es mal glauben.