So wurden laut Bericht im zurückliegenden Jahr 20 Prozent mehr recycelte Kunststoffe in neuen Produkten verwendet als noch 2020. Demnach erreichen Rezyklate in neuen Kunststofferzeugnissen mittlerweile einen Anteil von fast zehn Prozent. Dieser Schritt nach vorne spiegelt die Bemühungen wider, welche die Kunststoffindustrie auf dem Weg in Richtung einer Kreislaufwirtschaft unternimmt. Trotz der aktuell erzielten Fortschritte zeigt der Report allerdings auch auf, dass der systematische Wandel zur Kreislaufwirtschaft und zur Treibhausgasneutralität beschleunigt werden muss.
Technologieoffene Lösungen gefragt
Das chemische Recycling gewinnt damit als ergänzendes Instrument zum mechanischen Recycling an Bedeutung und ist ein entscheidender Hebel zur Steigerung von Rezyklaten und dem Erreichen von mehr Ressourceneffizienz. Wie schwer der Weg in Richtung grüner Transformation ist, zeigen jedoch jüngste Entwicklungen: So stellen die ansteigenden Preise für Energie und Rohstoffe infolge der russischen Aggression gegen die Ukraine eine sehr ernstzunehmende Herausforderung für die Kunststoffindustrie, die Lieferketten und alle Volkswirtschaften der EU dar. Lieferengpässe werden in den kommenden Monaten höchstwahrscheinlich weiter bestehen und ein Problem bleiben.
Ungeachtet dieses herausfordernden Umfelds arbeitet die Kunststoffindustrie unablässig daran, Emissionen weiter zu verringern und die Herstellung von Kunststoffen von fossilen Rohstoffen zu entkoppeln. Dem aktuellen Bericht zufolge hatte im Jahr 2021 die Produktion nichtfossiler Kunststoffe an der gesamten europäischen Kunststofferzeugung einen Anteil von 12,4 Prozent.
Rückenwind für diese Entwicklung erhofft sich die Branche aus der Politik. Anlässlich der Präsentation von „Plastics – The Facts 2022“ auf einer Pressekonferenz zur K 2022, der weltweit bedeutendsten Messe für Kunststoffe, sagte Virginia Janssens, Managing Director von Plastics Europe: „Es ist wichtiger denn je, dass wir einen unterstützenden industriepolitischen Rahmen schaffen, der die führende Rolle der europäischen Industrie beim Übergang zur Treibhausgastneutralität und Kreislaufwirtschaft fördert.“
Janssens weiter: „Wenn wir unsere Industrie zukunftsfähig machen wollen, ist die Akzeptanz des chemischen Recyclings inklusive des Massenbilanzansatzes unerlässlich, um die duale Transformation unserer Industrie zu beschleunigen. Eine intensivere und abgestimmte Zusammenarbeit über die Wertschöpfungsketten hinweg und mit den politischen Entscheidern ist von zentraler Bedeutung, damit das gelingt. Auf sich allein gestellt kann weder ein privater noch ein öffentlicher Partner praktikable Lösungen für die komplexen Probleme in diesen beispiellosen Zeiten bieten.“
Multiple Krisen schwächen Unternehmen
Trotz der Pandemie ist es der Branche gelungen, ihr Beschäftigungsniveau im Jahr 2021 in Europa zu halten. Mit ihren mehr als 1,5 Millionen direkt Beschäftigten ist die europäische Kunststoffindustrie weiterhin ein entscheidender Akteur in den Volkswirtschaften der EU. Darüber hinaus deuten neueste Daten über den Wiederaufschwung nach der Pandemie im Jahr 2020 auf eine Steigerung der globalen und europäischen Kunststofferzeugung hin. Fakt ist aber auch, dass der europäische Anteil an der Weltproduktion kontinuierlich von 23 Prozent in 2006 auf 15 Prozent im vergangenen Jahr gesunken ist.
Bis zum Ende des Jahres wird – unter der Annahme, dass es in den kommenden Monaten keine Gasmangellage gibt – ein Rückgang der europäischen Kunststoffproduktion um vier Prozent erwartet. Angesichts der großen Ungewissheiten bezüglich der Rohstoffversorgung, der Energie-preise und möglicher Lieferengpässe ist kein Ausblick für das Jahr 2023 möglich. Es zeigt sich allerdings bereits jetzt, dass immer mehr Unternehmen Probleme haben, die gestiegenen Mehrkosten bei Energie, Rohstoffen und Logistik an ihre Kunden weiterzugeben. Über Wohl und Wehe der Kunststoff-Wertschöpfungskette entscheidet jetzt vor allem die zuverlässige Verfügbarkeit von hochwertigen Rohstoffen.