Öffentliche Flächen zu reinigen, kostet die Kommunen in Deutschland jährlich etwa 700 Millionen Euro, meldet das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Ein Großteil des Mülls entsteht durch Verpackungen wie Einwegbecher, Getränkeflaschen oder To-go-Schachteln. Was können Städte und Gemeinden dagegen tun? Das IÖW und das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) zeigen im Forschungsprojekt Innoredux: Städte haben viele Möglichkeiten, auf Unternehmen, Handel und Verbraucher*innen einzuwirken, damit diese weniger Verpackungen einsetzen und verbrauchen. Mit Förderung durch das Bundesforschungsministerium im Programm „Plastik in der Umwelt“ stellen die Forschenden in einem Leitfaden 28 Maßnahmen und zahlreiche Beispiele vor.
„Städte brauchen Verpackungsstrategien und hierfür müssen sie zunächst einmal klar definieren, welche kommunalen Ziele sie erreichen wollen“, betont Projektleiter Frieder Rubik, Umweltökonom am IÖW. „Die Stadt Kiel ist hierfür ein Beispiel: Sie will sich zu einer Zero-Waste-City entwickeln.“ Die Forschenden empfehlen, eine zentrale Anlaufstelle für die Umsetzung der Verpackungsstrategie zu schaffen, die verwaltungsintern verschiedene Maßnahmen koordiniert und Beratung anbietet. „Vor allem bei Unternehmen entstehen viele Fragen und Unsicherheiten bei der Umsetzung der kommunalen Vorgaben, etwa im Bereich Hygiene“, erläutert Rubik.
Fakten schaffen: Verträge und Satzungen
Einwegbesteck und -geschirr auf dem öffentlichen Marktplatz – Städte wie Jena und Kiel haben das mithilfe ihrer Marktsatzung unterbunden. Auch bei der Vermietung oder Verpachtung öffentlicher Liegenschaften sind ähnliche Vorschriften möglich, etwa Vorgaben für Volksfeste oder beim Catering von Sportveranstaltungen.
„Zusätzlich können Städte die Eigeninitiative der Unternehmen stärken: mit Wettbewerben für innovative Verpackungssysteme oder durch Vernetzungsangebote wie Runde Tische“, ergänzt Forscherin Eva Wiesemann vom IÖW. „Besonders ergiebig können Kooperationen in Industriegebieten sein: Welche Synergien sind möglich, um Reststoffe betriebsübergreifend zu nutzen?“
Mehrweg to go: Pfandsysteme aufbauen
Ein hoher Anteil des Verpackungsmülls in Städten entsteht in der Gastronomie, vor allem durch immer mehr To-go-Produkte. Städte können die Einführung von Mehrwegsystemen anschieben, finanziell fördern oder selbst betreiben. Freiburg im Breisgau etwa investierte 10.000 Euro in ein Pfandsystem für Mehrwegbecher. Der „Freiburg Cup“ wurde 2016 bis 2021 von der Abfallwirtschaft und Stadtreinigung betrieben, bevor der Anbieter „Recup“ den Service übernahm. Über 130 Betriebe beteiligen sich an diesem System.
Ab 2023 sind Betriebe ab einer gewissen Größe bundesweit verpflichtet, Mehrwegverpackungen für To-go-Angebote bereitzuhalten. Der Kreis Wesel etwa unterstützt Gastronomen deshalb mit Informationsveranstaltungen. Im Frühjahr 2022 wurde zudem eine Messe organisiert, auf der sich regionale Betriebe über verfügbare Mehrwegsysteme informieren konnten.
Verpackungsarm einkaufen
Mit Kampagnen, Aktionstagen und Informationsangeboten erreichen Städte auch Verbraucher*innen. Carola Bick vom Ifeu nennt Beispiele: „Einkaufsratgeber stellen Tipps für einen nachhaltigen Konsum zusammen. Kommunen wie Heidelberg verschenken Frühstücksboxen an Erstklässler*innen. Und sogenannte Refill-Stationen, wo man sich kostenlos Leitungswasser abfüllen kann, erleichtern den Verzicht auf Plastikflaschen.“ Ende 2021 gab es solche Stationen deutschlandweit bereits in über 6.000 Cafés, Büros, Rathäusern oder anderen öffentlichen Einrichtungen, unter anderem in Hamburg, Hanau und Berlin.
Damit Städte selbst mit gutem Beispiel vorangehen, geben die Forschenden in ihrem Leitfaden außerdem Tipps für das Beschaffungswesen der Kommunen und deren Eigenbetriebe. Auch für Unternehmen existiert ein zusätzlicher Leitfaden.
Einen ausführlichen Artikel über den Leitfaden von IÖW und Ifeu lesen Sie in der Sonderausgabe Kunststoffrecycling 2022 des RECYCLING magazins.