„Dass sich der Europäische Gerichtshof unserer Auffassung angeschlossen und entschieden hat, zusätzlich sogenannte Sonderfahrzeuge wie Müllfahrzeuge in das Lkw-Kartell-Verfahren aufzunehmen, ist eine gute Nachricht für unsere Branche“, sagt Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse). Er zeigt sich erfreut über die Aussicht, dass die langjährigen Bemühungen seines und weitere Verbände nun für die betroffenen Branchenunternehmen doch noch zu einem guten Ergebnis führen. Seit Bekanntwerden des Skandals hatte der bvse über Handlungsmöglichkeiten für betroffene Branchenunternehmen informiert und über eine Zusammenarbeit mit auf Kartellrecht spezialisierten Kanzleien entsprechende Hilfestellungen angeboten, unter anderem für eine Sammelklage.
Die entsprechende Vorlage geht auf einem Rechtstreit zurück, den der Landkreis Northeim wegen zweier Müllfahrzeuge gegen Daimler führt. In diesem Zusammenhang wollte das Landgericht Hannover vom EuGH klären lassen, ob Müllfahrzeuge und weitere Arten von Spezialfahrzeugen vom Kartell betroffen sind, wie etwa Feuerwehrfahrzeuge, Niederflurfahrzeuge, Beton-Fahrmischer, Kehrmaschinen, Winterdienstfahrzeuge, Tank- bzw. Gefahrgutfahrzeuge, Low-Liner, Fahrzeuge ohne Frontunterfahrschutz oder weitere individuelle Spezialanfertigungen.
Die EU-Kommission hatte im Juli 2016 in einem Beschluss festgestellt, dass mehrere LKW-Hersteller jahrelang ihre Preise koordiniert haben, was auch den Zeitplan und die Preisaufschläge für die Einführung von Emissionstechnologien nach den Abgasnormen Euro 3 bis 6 umfasste. Aufgrund dieses EU-Beschlusses können Personen und Unternehmen, die durch die Preisabsprachen geschädigt wurden, die beteiligten Hersteller auf Schadenersatz verklagen.
Das Urteil habe eine große Bedeutung für zahlreiche Schadensersatzverfahren in ganz Europa, sagt Dr. Arne Glöckner von der Kanzlei Avocado Rechtsanwälte, die das EuGH-Verfahren auf Abnehmerseite begleitet hat. Auch in Deutschland hätten mehrere Landgerichte ihre Verfahren ausgesetzt, die Spezialfahrzeuge zum Gegenstand hätten. Diese Verfahren dürften nun wieder aufgenommen werden.
Der aktuelle Etappensieg der Lkw-Abnehmer in Luxemburg erfolge in einer Phase, in der zuletzt auch mehrere Oberlandesgerichte überwiegend klägerfreundliche Entscheidungen erlassen hätten. Soweit noch nicht geschehen, lautet die Empfehlung an Abnehmer nun, aus Verjährungsgründen zügig ihre Ansprüche prüfen und ermitteln, wie viele mittelschwere und schwere Lkw von MAN, Daimler, Volvo/Renault, Iveco, DAF und Scania sie im Kartellzeitraum im Rahmen eines Kaufs, Mietkaufs oder Leasings beschafft haben.