Bisher werden Bergbauschlämme und Grubenwasser nach Angaben der TU Bergakademie Freiberg fast ausschließlich als schadstoffhaltige Abfälle betrachtet. Dabei steckten in ihnen Rohstoffe wie Aluminium, Eisen oder Zink. Diese wollen Partner*innen des des neuen Großforschungsprojekts „Recomine Zauber“ extrahieren und die Reststoffe zu nachhaltigen Zukunftsmaterialien weiterverarbeiten.
Spülen anstatt Ausbaggern und Deponieren
Als Pilotstandort wurde der Rote Graben in Freiberg ausgewählt. Dort haben es die Forschenden vor allem mit viel eisenhaltigem Wasser und mehr als 13.000 Tonnen Schlamm zu tun. Dieser stammt aus Grubenwässern des Freiberger Reviers auf Niveau der Freiberger Mulde oder auch aus Sickerwässern wie der alten Halde am Davidschacht. Um die Schlammablagerungen nicht teuer und aufwendig ausbaggern und anschließend auf Deponien entsorgen zu müssen, werden sie in eine Filterpresse gepumpt und entwässert. „Dafür führen wir das Wasser und die Schlämme über mehrere Membranen. Diese filtern die festen Bestandteile ab und entfernen in einem weiteren Schritt enthaltene Schwermetalle“, sagt Prof. Dr. Martin Bertau vom Institut für Technische Chemie an der TU Bergakademie Freiberg.
Am Ende erhalte man sauberes Wasser, was in die Ursprungsgewässer zurückgeführt werden kann. Als weiteres Produkt entstehe noch ein Restschlamm, den die Forschenden auf vorhandene Wertmetalle wie Zink oder Eisen aufarbeiten und dabei letzte noch verbleibende Schadstoffe wie Cadmium oder Arsen herausfiltern. Der feste mineralische Rückstand werde in sogenannte Geopolymere überführt: anorganische Bindemittel mit Eigenschaften, die Zement gleichkommen oder diesen übertreffen. Am Ende entstehe ein stabiles betonartiges Material.
Klimafreundliche Beton- oder Zementalternativen als Restprodukt
Die Arbeit mit Geopolymeren ist nicht neu – die Verbindung mit Bergbauschlämmen nach Angaben der TU allerdings schon. „Unser bereits zum Patent angemeldeter Ansatz bietet mit der allein aktuell im Roten Graben in Sachsen geschätzten Menge an Schlamm von 13.000 m³ vielversprechendes Potential für die Entwicklung eines ökonomischen Verfahrens“, so Bertau. Immerhin biete das klimafreundliche Bindemittel ein CO2-Einsparpotential von bis zu 80 Prozent im Gegensatz zur herkömmlichen Betonherstellung und sei zudem hitzestabiler, resistenter gegen Chemikalien und härte schneller aus als Beton.
Demonstrationsanlage überführt Labor- in Realmaßstab
Bisher laufen die Versuche im Labormaßstab. Im nächsten Jahr sollen die entwickelten Technologien dann mit einer neu entstehenden Demonstrationsanlage direkt am Roten Graben in den Realmaßstab überführt werden.
Die erprobten Verfahren lassen sich auch in weiteren Gruben und Wasserlösestollen, sowie zur Altbergbausanierung innerhalb des Erzgebirges anwenden. Für einen Überblick werden die Freiberger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erstmals ein spezielles Grubenschlamm-Kataster erstellen. Und auch überregional bieten die neu entwickelten Recyclingtechnologien aus Freiberg Lösungsansätze für die Behandlung von Braunkohlerevieren, wie beispielsweise in der Lausitz.
In die aktive Forschung wollen die Projektpartnerinnen und Projektpartner die Bevölkerung mit einbinden und über bestehende Vorbehalte hinsichtlich des Bergbaus aufklären. „Es ist wichtig zu zeigen, dass wir Themen wie die Bergbaufolgen ernst nehmen und an nachhaltige Lösungen arbeiten und zugleich die Nachwuchskräfte für diese ökologische Herangehensweise direkt in Freiberg ausbilden“, so Bertau. Dafür sind unter anderem Ausstellungen und Veranstaltungen mit der Terra Mineralia sowie Vor-Ort-Führungen und Experimente am Roten Graben geplant.