Noch Anfang des Jahres notierte Nickel an der LME mit rund 20.610 US-Dollar, vor vier Wochen – also Mitte Februar – waren es immer noch recht bescheidene 23.380 US-Dollar. Anfang März wurden dann um 25.000 US-Dollar gesehen, bevor am 4. März die 30.000-US-Dollar-Marke tangiert wurde und die Preise am 7./8. März zunächst um 48.000 US-Dollar lagen. Die Notierungen an der LME verdoppelten sich dann innerhalb kürzester Zeit und überschritten am Dienstag erstmals in ihrer Geschichte die 100.000 US-Dollar pro Tonne. Die Londoner Metallbörse reagierte und setzte den Handel mit Nickel aus. Darüber hinaus – und das war für den einen oder anderen Marktteilnehmer schmerzlich – wurden geschlossene Kontrakte storniert. Der Handel soll, so ist zu hören, vielleicht am Freitag wieder aufgenommen werden.
Die Ursachen für den rasanten Nickelpreisanstieg werden unterschiedlich gesehen. Unbestreitbar ist der Nickelbedarf in den Industriestaaten sehr groß, nicht zuletzt als unverzichtbares Element für die Elektromobilität. Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine und den folgenden Sanktionsmaßnahmen gegen Russland wuchs die Angst, Nickel könnte nachhaltig knapp werden. Immerhin gehört das russische Norilsk zu den größten Nickelproduzenten und Exporteuren weltweit. Auch wenn es nach Auskunft von Händlern bisher noch keine nachhaltige Verknappung gab, so sorgten allein die Versorgungsängste für eine steile Aufwärtsbewegung. Inwiefern spekulative Anlagefonds die Entwicklung beschleunigt haben, wird man zu einem späteren Zeitpunkt analysieren müssen.
Der chinesische Nickelkonzern Tsingshan Holding Group war ebenfalls in die jüngste Entwicklung involviert. In den letzten Monaten hätte ein chinesischer Tycoon, der zugleich den weltgrößten Edelstahl- und Nickelproduzenten kontrolliere, eine große Short-Position in Nickel-Futures aufgebaut, so ein Analyst. Die Short-Position soll etwa 100.000 Tonnen Nickel groß gewesen sein. Die Folge: Der Verlust auf dem Papier soll sich am Montag auf acht Milliarden US-Dollar belaufen haben, bevor die heftigen Bewegungen bei den Nickelpreisen die Londoner Metallbörse veranlasst hätten, den Handel mit dem Metall am Dienstag auszusetzen.
Was sich genau in den letzten Stunden abgespielt hat, wird man gründlich analysieren müssen. Fest steht, dass die Londoner Metallbörse offenbar ein Problem damit hat, schnell und wirkungsvoll ein Krisenmanagement zu betreiben. Das Vertrauen des Handel in die Strukturen der LME wurde erneut massiv beeinträchtigt. Erst vor einigen Wochen hatte die LME auf den Kupfermarkt, der seinerzeit von einer hohen Backwardation geprägt war, nach Auffassung einiger Marktteilnehmer zu langsam und nicht konsequent genug reagiert. „Wir sehen hier die Gefahren, die von einem unglaublich schnellen, automatisierten Handel ausgehen“, so ein Analyst. Was heute bei Nickel geschehen ist, könne jederzeit auch andere Commodities treffen. Der elektronische Handel sei stetig gewachsen, der Entwicklung des elektronischen Krisenmanagement sei dagegen viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden, meint der Experte, der seine Kritik ausdrücklich nicht nur auf die LME, sondern auf alle elektronischen Börsen bezieht.
Aus fundamentaler Sicht, so ein Marktbeobachter, sei Nickel zwar knapp, aber durchaus verfügbar. Ein vertretbares Preisniveau sieht der Experte auf jeden Fall „deutlich unter 45.000 US-Dollar“. Eins ist sicher: Wenn die LME den Handel wieder aufnimmt, wird die Metallwelt mit Spannung die Entwicklung beobachten.
Es ist wichtig zur Kenntnis zu nehmen, dass verschiedene Qualtäten beim Primärnickel gibt. Class 1 ist die höchste Qualität und wird zwingend in Batterien benötigt. Nickel mit einem höheren Reinheitsgrad wird in der Edelstahlerzeugung als Legierungsmittel eingesetzt.
An der LME wied Class 1 Marterial gehandelt.
Der chinesische Konzern produziert Nickel in Indonesien, jedoch mit geringerer Qualität.
Vermutlich wollte der Konzern seine zukünftige Produktion durch Shortgeschäfte an der LME absichern. Allerdings kann er die Future-Kontrakte nicht mit Eigenproduktion erfüllen, da die Qualität für die LME nicht ausreicht. Die Shortposition ist offensichtlich größer als der Lagerbestand der LME, so dass hier ein Problem entsteht.
Norilsk Nickel aus Russland produziert Class 1 Nickel.
Solange die Spreads zwischen den Nickelprodukten gering sind, funktioniert das Produktionssicherungsgeschäft. Bei steigenden Spreads halt nicht mehr.
Es wäre auf jeden Fall hilfreich, wenn zukünftig für beide Nickelqualtäten Futures an der LME geführt würden. Nickel ist nicht gleich Nickel.