Rehbock: „Die Konzentrationswelle in der Entsorgungsbranche hat kleine und mittlere Unternehmen voll erfasst. Mit ungeheurem finanziellen Aufwand sind die großen Entsorgungskonzerne dabei, den Mittelstand in Deutschland aufzukaufen oder unter Druck zu setzen. Was für manchen politisch Verantwortlichen nur als vernachlässigbares Problem des Mittelstandes wahrgenommen wird, entpuppt sich immer mehr als Problem für die Verbraucherinnen und Verbraucher, denn es zeichnen sich schon jetzt deutliche Preis- und Gebührenerhöhungen ab und das Ende dieser Entwicklung ist noch nicht absehbar.“
Es ist daher aus Sicht des bvse bemerkenswert und wichtig, dass das Bundeskartellamt ausdrücklich darauf hinweist, dass es nach der 10. GWB-Novelle nun in der Lage ist, Unternehmen auch unterhalb der normal geltenden Umsatzschwellen zu verpflichten, Zusammenschlüsse anzumelden. Die nun vorgelegte Sektoruntersuchung ist jedenfalls eine wichtige Voraussetzung für dieses neue Instrument, für das sich der bvse in den Gesetzesberatungen nachdrücklich eingesetzt hat.
Der bvse sorgt sich jedoch auch um die Innovationsfähigkeit der Branche.
„Alle wesentlichen Innovationen sind in den letzten Jahrzehnten vom Mittelstand initiiert worden. Die großen Tankschiffe haben einseitig auf Export und große Entsorgungsanlagen gesetzt. Die Akquisebemühungen der Konzerne zeigen sehr häufig, dass es hier nicht nur um Marktanteile geht. Mittelständische Recyclingunternehmen werden inzwischen immer häufiger aufgekauft, um das oft nicht vorhandene Technologie-Know-how, beispielsweise im Recyclingbereich, abzuschöpfen.“
„Innovationen gehen vom Mittelstand aus. Großkonzerne bewegen sich dagegen fast ausschließlich in der Welt der Skaleneffekte“, betont Rehbock.
Ein weiterer wesentlicher Übernahmegrund ist der damit verbundene Effekt, immissionsrechtlich genehmigte Standorte des Mittelstands flächendeckend für sich zu vereinnahmen und auf diese Weise den Wettbewerb weiter einzuschränken.
Die Politik muss sich klar machen, dass die Transformation der linearen Wirtschaft zur Kreislaufwirtschaft nur mit einer möglichst agilen Marktstruktur zu realisieren ist.
„Wir brauchen daher keine Tanker, sondern so viel Dynamik, Diversität und Effektivität wie möglich. Die etablierten Steuerungsinstrumente der großen Konzernstrukturen geraten immer häufiger an ihre Grenzen. „Durch immensen Kapitaleinsatz wird versucht, diesen Nachteil auszugleichen. Das schafft aber nicht mehr Dynamik, sondern führt im Gegenteil zu Stillstand und Rückschritt. Nichts können wir in diesen Umbruchs- und Krisenzeiten weniger gebrauchen“, ist Rehbock überzeugt.
Ähnliches gilt jedoch auch für die wachsende Zahl kommunaler Unternehmen, die in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind.
Kommunale Unternehmen haben als Instrument der kommunalen Selbstverwaltung eine Daseinsberechtigung. In den letzten Jahren sind die Aufgabenfelder dieser kommunalen Unternehmen aber in fast unerträglicher Weise ausgeweitet und vom Gesetzgeber flankiert worden. „Es ist also keine Überraschung, wenn das Bundeskartellamt feststellt, dass immer weniger Raum für Markt und Wettbewerb bleibt. Diese Entwicklung muss gestoppt werden, wenn wir als Volkswirtschaft erfolgreich und die Kreislaufwirtschaft als neues Zukunftsmodell etablieren wollen.“