Restabfallsortierung wegweisend zur Erhöhung der Recyclingraten

Tomra und das norwegische Entsorgungsunternehmen Ivar haben gezeigt, dass die Sortierung gemischter Siedlungsabfälle (Hausmüll) vor der Verbrennung eine der getrennten Sammlung von Kunststoff überlegene Lösung sein kann.

Seit der Einstellung der getrennten Sammlung von Kunststoffverpackungen in ihrer Region und der Einführung der gemischten Restabfallsortierung hat die Anlage die Erfassungsquoten von 28 % auf 82 % erhöht und Recyclingquoten von 56,4 % für Siedlungsabfälle erreicht, womit sie die Recyclingziele der EU für 2025 vorzeitig erfüllt. Heute steht IVAR bei der Verarbeitung kommunaler Siedlungsabfällen nach Volumen an erster Stelle in ganz Norwegen.

IVAR liegt in Forus, zwischen den Städten Stavanger und Sandnes im Südwesten Norwegens, und sammelt alle Abfälle von 10 Gemeinden mit etwa 325.000 Einwohnern ein und verarbeitet diese anschließend. Mit seiner fortschrittlichen Sortieranlage für Hausmüll gewinnt das Unternehmen große Mengen an wiederverwertbaren Stoffen zurück anstatt diese zu verbrennen. Durch die weitere Verarbeitung und Herstellung hochwertiger Rezyklate, die für die Produktion neuer Produkte und Verpackungen eingesetzt werden, verringert es die CO2-Emissionen und die weltweite Abhängigkeit von neuem Produkten und Verpackungsmaterial.

Vor geraumer Zeit, als die lokalen und internationalen Recyclingvorgaben immer strenger wurden, erkannte Ivar die Notwendigkeit, seine Abfallmanagementmethoden entsprechend anzupassen und zu optimieren indem es das verborgene Potenzial des gesammelten Hausmülls genauer untersuchte. Mit dem Ziel, den effektivsten und umweltfreundlichsten Ansatz für ein effektives Abfallmanagement zu finden, wandte sich das Unternehmen an Tomra. In Tomras Testzentrum in Deutschland sortierten und analysierten sie gemeinsam die Hausmüllproben aus der norwegischen Region. Basierend auf zahlreichen Materialtests mit Tomras Sortiermaschinen ermittelten sie das Potential der gemischten Abfallsortierung und erkannten, dass die Papierrückgewinnung aus den Siedlungsabfallströmen schon recht gut funktionierte, die Kunststoffsammlung jedoch verbesserungswürdig war. Des Weiteren stellten sie mittels Testanalysen fest, dass der Hausmüll hohe Mengen an Kunststoffrezyklaten enthielt, obwohl diese zu diesem Zeitpunkt noch getrennt gesammelt wurden. Mit den neu gewonnen Erkenntnissen bereitete sich das Team darauf vor, ein neues Konzept zu entwickeln und das volle Potential aus dem regionalen Abfall zu schöpfen.

Auf der Grundlage der Analyse und der noch nicht voll ausgeschöpften Möglichkeiten bei der Sortierung von Hausmüll wurde ein neuer Business Case entwickelt. Das Ergebnis: der Bau einer neuen vollautomatischen Sortieranlage für gemischte Abfälle, bestehend aus einer neuen Anlage für die Kunststoffsortierung, Kunststoffaufbereitung und der Papiersortierung, sowie die Abschaffung der getrennten Kunststoffsammlung in dieser Region. Die bisher getrennt gesammelten Kunststoffe werden nun ebenfalls über die graue Tonne entsorgt und in der neuen Anlage verwertet. Infolgedessen werden nur noch die Rückstände der Anlage zur Müllverbrennungsanlage transportiert und zur Erzeugung von Strom und Energie für Fernwärmesysteme verwendet. Damit werden die von der Gemeinde konsumierten und entsorgten Materialien auf optimale Weise wiederverwendet.

Ende 2014 fiel der Startschuss für das neue Projekt. Seitdem arbeiteten Ivar, der Recyclinganlagenbauer Sutco Recycling Technik und Tomra als Lieferant der Sortiertechnologien gemeinsam an der Umsetzung des Projekts und dem Bau der Anlage, die die im Januar 2019 in Betrieb genommen wurde. Seitdem sortieren 22 hochmoderne Autosort-Sortieranlagen von Tomra Kunststoffe (PET, PS, LDPE, HDPE, PP) und Papier (Mischpapier, Pappe, Getränkekartons) aus dem gesammelten Restmüll (graue Tonne). Darüber hinaus werden Metalle (Aluminium, Stahl) zurückgewonnen.

Heute verarbeitet Ivar 40 Tonnen Hausmüll pro Stunde, aus denen in zahlreichen Schritten Papier, Kunststoffe, Metalle und Reststoffe getrennt werden:

Vorsortierung
Sobald das gesammelte Material der Anlage zugeführt wird, werden Objekte, die größer als 350 mm sind, durch ein Abfallsieb sortiert und zerkleinert. Im Anschluss trennen zwei Trommelsiebe das Material in drei Zielgrößen: 0-60 mm; 60-150 mm; und 150-320 mm. In einem zweiten Schritt gewinnen die Autosort-Maschinen von Tomra 90 % der mittelgroßen (60-150 mm) und großen (150-320 mm) Kunststofffraktionen zurück, bevor sie gemischtes Papier extrahieren. Schließlich werden durch Magnete und Wirbelstromscheider sowohl die Nichteisen- als auch die Eisenmetalle entfernt.

Verwertung von Kunststoffen und Papier
Nachdem die Kunststoffe vorsortiert worden sind, erfolgt die Sortierung nach Materialart. Zunächst trennen Ballastikseparatoren Kunststofffolien und Hartkunststoffe. Danach übernehmen 14 Autosort-Maschinen die Trennung der Hartkunststoffe in PP, HDPE, PS, PET und erzeugen eine saubere Fraktion von LDPE-Folien. Um den Reinheitsgrad weiter zu erhöhen, durchlaufen diese sauberen Materialfraktionen einen zweiten Sortierschritt, in dem Autosort die restlichen Verunreinigungen entfernt. Die hochwertigen PS- und PET-Endfraktionen werden dann in materialtypspezifische Ballen verpackt und an verschiedene Recyclinganlagen in Europa versandt, während LDPE, HDPE und PP in der Forus-Anlage gewaschen, getrocknet, granuliert und als Granulat verkauft werden.

Gleichzeitig wird die gemischte Papierfraktion inklusive Kartonfraktionen aus der getrennten Sammlung in einer separaten Sortieranlage auf dem gleichen Gelände in Einzelfaktionen getrennt. Die Sortierung erweist sich auch hier als sehr effizient: von den 23.250 Tonnen Papier, die pro Schicht sortiert werden, werden 95,7% des Eingangsmaterials zu vier verkaufsfähigen Papierprodukten wie De-inking-Papier, OCC (Wellpappe), Getränkekartonagen und Mischpapier/Kartonagen verarbeitet.

Tomra installierte 22 seiner Autosort-Maschinen, um sowohl Papier als auch Kunststoffe aus dem Hausmüll zu trennen. Ausgestattet mit einer hochentwickelten Infrarot-Sortiertechnologie, die Nahinfrarot (NIR) und visuelle Spektrometer (VIS) kombiniert, kann die Maschine verschiedene Materialien nach Materialart und Farbe genau und schnell identifizieren und trennen. In Forus sortieren die Autosort-Maschinen Papier in drei und Kunststoffe in sechs Zielfraktionen. Ihre Sortiergenauigkeit beruht vor allem auf der integrierten Flying-Beam-Technologie, die das Licht gleichmäßig über das gesamte Förderband verteilt und das gesamte Material, das den Scanner passiert, scannt und analysiert. Der Sensor sendet das entsprechende Signal an die Ventilblöcke der Maschine, die die Informationen des Scanners übersetzen und die gescannten Teile entweder auswerfen oder behalten.

Bei der Inbetriebnahme im Jahr 2019 setzte sich Ivar zwei Ziele: zum einen die Rückgewinnung nahezu aller Kunststoffarten (PE, PP, PS, PET), und zum anderen das Erreichen von Reinheitsgraden von 95-96 % bei der Sortierung von LDPE, PP, HDPE, PS und PET. Dank der hochpräzisen Sortiermaschinen erreichte die Anlage schnell Reinheitsgraden von bis zu 98 % , während in der Papiersortierung mehr als 85 % aller Getränkekartons im Restmüll erfolgreich aus dem Hausmüllstrom getrennt wurden.

Nach der Extraktion der Wertstoffe aus dem Eingangsmaterial werden die sortierten Fraktionen vor Ort einem umfangreichen Recyclingprozess unterzogen. Während homogene PET- und PS-Ballen sowie Eisen- und Nichteisenmetalle an europäische Recyclingunternehmen verkauft werden, werden Polyolefine (LDPE, HDPE und PP) vor Ort zu Flakes zerkleinert, heiß gewaschen, getrocknet und pelletiert, bevor sie als Industrieprodukte verkauft werden. Tausende Tonnen PE und PP aus Hausmüll werden dank diesem umfangreichen, präzisen Prozess der Verbrennung entzogen zur Produktion von hochwertigen PO-Rezyklate verwendet.

Der Business Case bei Ivar beweist, dass die Sortierung vor der Entsorgung recycelbare Materialien von der Verbrennung verschont und einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Vor der Eröffnung der Abfallsortieranlage war die Quote der getrennten Sammlung in der Region hoch: 65 % der in den Gemeinden gesammelten Abfälle wurden sortiert. Mit der Inbetriebnahme der Anlage liegt die Verwertungsquote von Wertstoffen nun bei 74 %.

Aus ökologischer Sicht führt die Sortierung, Rückgewinnung und das Recycling von Kunststoffen aus gemischten Abfallströmen – anstatt sich ausschließlich auf stoffspezifische Sammelsysteme zu verlassen – zu einer zweifachen Verringerung der CO2-Emissionen. Erstens werden weniger Kunststoffe, die einen hohen Heizwert haben, aber auf fossilem Kohlenstoff basieren, verbrannt. Zweitens wird durch die Bereitstellung hochwertiger recycelter Kunststoffe der Bedarf an Primärproduktion reduziert. Auf diese Weise trägt Ivar zur Bereitstellung umweltfreundlicher Rohstoffe bei und arbeitet im Einklang mit den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft. In Summe führt dies zu einer Verringerung der CO 2 -Emissionen um 33.000 Tonnen pro Jahr und rund 20.000 Autos mit fossilen Brennstoffen weniger auf der Straße.

Die Ergebnisse nach Einführung des neuen Abfallmanagements haben deutlich gezeigt, dass die Sortierung von gemischten Abfällen vor der Verbrennung zahlreiche Vorteile mit sich bringt: In den hier beschriebenen Regionen in Norwegen entfällt die Notwendigkeit der getrennten Sammlung von Kunststoffverpackungen und die damit verbundenen Kosten, so dass Ivar in der Lage ist, marktreifes Recyclingmaterial für neue Produkte und Verpackungen bereitzustellen und gleichzeitig seinen CO2 -Fußabdruck erheblich zu verringern. Darüber hinaus haben die Partner bereits damit begonnen, zu untersuchen, ob Glas und Bioabfall aus der Feinfraktion (0-60 mm) gewinnbringend gewonnen werden können.

Die Automatisierung des Sortierprozesses mit modernster Technologie hat stark zu diesem Wandel beigetragen. Die Partner sind jedoch davon überzeugt, dass die Automatisierung die Abfallsortierung nur ergänzt, aber niemals die lokalen Systeme zur getrennten Abfallsammlung ersetzen wird. Vielmehr müssen die Komponenten einer optimalen Abfallbewirtschaftung Hand in Hand gehen – von der Sammlung über die Sortierung gemischter Abfälle bis hin zum Recycling – um den größten Einfluss auf die Recyclingmenge zu haben. In Norwegen sehen wir, dass es funktioniert.

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