Mikroplastik-Transport durch Regenfälle

Regentropfen, die auf Ozeane, Seen und Flüsse einschlagen, tragen Mikroplastik aus diesen Oberflächengewässern in die Luft. Verdunsten sie, gelangen die Partikel in die Atmosphäre. Diese Prozesse beschreiben Forscher*innen der Universität Bayreuth in einer neuen Studie.
(Quelle: Unsplash, Liv Bruce)

Die Untersuchungen zeigen: Schlägt ein Regentropfen auf eine Wasseroberfläche auf, werden Tröpfchen aus einem kleinen ringförmigen Bereich um die Einschlagsstelle in die Luft geschleudert. Sie stammen aus einer Tiefe von wenigen Millimetern unterhalb der Wasseroberfläche. Die in den Tröpfchen enthaltenen Mikroplastikpartikel haben fast die gleiche Konzentration wie in dieser schmalen Wasserschicht. Auch ihre Flugbahnen in der Luft sowie ihre Flugdauer haben die Bayreuther Wissenschaftler*innen berechnet. Daraus ergibt sich ein klares Bild: Das Wasser von Regentropfen, das frei von Mikroplastik ist, landet in den Ozeanen, während plastikhaltiges Wasser aus den Ozeanen in die Luft gelangt. Wenn die Tröpfchen so lange in der Luft fliegen, bis sie verdunsten, entlassen sie die Mikroplastik-Partikel in die Atmosphäre. Dies geschieht besonders häufig oberhalb der Wasseroberflächen von Ozeanen, wo Windverhältnisse und Temperaturen eine vergleichsweise lange Flugdauer und eine rasche Verdunstung begünstigen. Die meisten der in die Luft geschleuderten Mikroplastikpartikel fallen allerdings aufgrund einer kurzen Flugdauer wieder zurück ins Wasser.

Ein Regentropfen schleudert Tröpfchen aus der oberen Wasserschicht heraus. Die Grafik zeigt (von links), welche Veränderungen drei, sechs und neun Millisekunden nach dem Einschlag eingetreten sind. (Quelle: UBT/Moritz Lehmann)

„Es war eine riesige Herausforderung festzustellen, wie viele Tröpfchen durch einen einzigen einschlagenden Regentropfen hochgeschleudert werden, wie groß und wie schnell diese Tröpfchen sind und wie viele Mikroplastikpartikel sie möglicherweise enthalten. Experimente allein hätten zu wenige Informationen geliefert. Deshalb haben wir für Simulationen dieser Prozesse einen völlig neuen Code erarbeitet und ein Computermodell entwickelt, das es erlaubt, diese Fragen mit hoher Genauigkeit und in einer noch nie dagewesenen Detailtiefe zu beantworten“, sagt der Koordinator der Studie, Prof. Dr. Stephan Gekle, Professor für die Simulation und Modellierung von Biofluiden an der Universität Bayreuth. „Wie realistisch unsere Simulationen sind, zeigt sich beim Vergleich mit technisch anspruchsvollen Experimenten: Hochgeschwindigkeitsaufnahmen von einschlagenden Regentropfen bestätigen die auf unserem Modell basierenden Berechnungen“, sagt Erstautor Moritz Lehmann, Physikdoktorand an der Universität Bayreuth.

Um herauszufinden, wie viele Mikroplastikpartikel durch diese Prozesse letztlich in der Atmosphäre landen, haben die Bayreuther Forscher*innen eine Vielzahl empirisch verfügbarer Daten zusammengeführt und in ihre Berechnungen einbezogen. Diese Daten betreffen unter anderem die Mikroplastikkonzentrationen an Meeresoberflächen, die jährlichen Niederschlagsmengen, die von der Regenintensität abhängige Größe der Regentropfen und die zeitliche Verteilung der Regenintensität. Eine erste Abschätzung führt zu dem Ergebnis, dass durch die Einschläge von Regentropfen auf Wasseroberflächen weltweit bis zu 100 Billionen Mikroplastikpartikel pro Jahr in die Atmosphäre gelangen könnten.

Die Autor*innen betonen, dass diese Abschätzung noch mit zahlreichen Unsicherheiten und Ungenauigkeiten behaftet ist: Turbulenzen im Wind, welche die Einschlagskraft von Regentropfen beeinflussen können, wurden in die Berechnungen noch nicht einbezogen. Zudem weisen die Meeresoberflächen auf der Erde nicht überall eine gleich hohe Konzentration von Mikroplastikpartikeln auf – im Gegenteil, die Unterschiede sind sehr groß. Satellitenmessungen in Verbindung mit Wettermodellen könnten aber schon bald genaueren Aufschluss über die Hotspots geben, an denen besonders viele Mikroplastik-Partikel aus dem Ozean in die Atmosphäre transportiert werden.

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