Mehr als sieben von zehn Verbraucher in Deutschland möchten ihr eigenes Konsumverhalten entsprechend ändern. Dies geht aus einer neuen Studie des Capgemini Research Institute, Circular economy for a sustainable future: How organizations can empower consumers and transition to a circular economy hervor. Dafür wenden sich Verbraucher zunehmend an Unternehmen, die auf das Prinzip der Kreislaufwirtschaft setzen. Fast die Hälfte glaubt jedoch, dass Unternehmen derzeit noch nicht genug für Recycling, Wiederverwertung und Abfallreduktion tun.
Hohe Nachfrage nach zirkulären Produkten
Für die Studie hat das Capgemini Research Institute mehr als 8.000 Verbraucher in 14 Ländern weltweit befragt, darunter 757 Personen in Deutschland. Sie zeigt, dass Verbraucher nachhaltiger konsumieren möchten, indem sie beispielsweise ihren gesamten Konsum reduzieren (54 Prozent), langlebigerer Produkte kaufen (72 Prozent), oder Produkte reparieren und warten lassen, um deren Lebensdauer zu verlängern (70 Prozent). 67 Prozent erwarten, dass Unternehmen ihre Produkte verantwortungsbewusst bewerben und keinen übermäßigen Konsum fördern.
Aus früheren Untersuchungen von Capgemini geht hervor[1], dass Unternehmen es bisher versäumt haben, das Modell der Kreislaufwirtschaft zu etablieren, mit dem Materialkreisläufe möglichst geschlossen werden. Gleichzeitig wenden sich immer mehr Verbraucher jenen Unternehmen zu, die ein solches nachhaltiges Geschäftsmodell entwickelt haben. Dies gilt insbesondere für Bereiche, für die Konsumenten bereits ein hohes Bewusstsein entwickelt haben, wie Lebensmittel- und Plastikabfälle. So haben 44 Prozent der Verbraucher in den letzten zwölf Monaten ihre Ausgaben bei Lebensmittel- und Getränkeherstellern erhöht, welche sich auf Recycling, Wiederverwertung und Abfallvermeidung konzentrieren. 40 Prozent der Verbraucher haben dies im Bereich der Körper- und Haushaltspflegeprodukte getan.
Insgesamt glauben jedoch 49 Prozent, dass Unternehmen noch weitere Maßnahmen im Bereich Recycling, Wiederverwertung und Abfallreduktion ergreifen müssen. Fehlende Handlungsbereitschaft kann sich zudem zu einem Reputationsproblem für Unternehmen entwickeln: Mehr als die Hälfte (51 Prozent) der Verbraucher hat derzeit kein Vertrauen in die Nachhaltigkeitsversprechen von Unternehmen.
Hindernisse abbauen: Schwerpunkt liegt aktuell in der Nachnutzungsphase
Im Hinblick auf Komfort, Zugang und Kosten fühlen sich Verbrauchern darin beeinträchtigt, nachhaltigere Konsumentscheidungen zu treffen. Drei von fünf (60 Prozent) geben als Begründung an, dass Produktkennzeichnungen keine ausreichenden Informationen, etwa über Herkunft, Wiederverwertbarkeit oder recycelten Inhalt, beinhalten. Für 55 Prozent stellen hohe Kosten für die Reparatur von Produkten eine Hürde dar. Und mehr als die Hälfte (53 Prozent) gibt an, dass sie keine Kompromisse bei der Bequemlichkeit eingehen wollen.
Um die Lebensdauer von Produkten zu verlängern, gibt es bereits regulatorische Bemühungen wie die EU-Initiative „Recht auf Reparatur“. Zusätzlich sollten Unternehmen weitere Maßnahmen ergreifen, um ihr Produktportfolio nachhaltiger zu gestalten und umweltbewussten Konsum zu ermöglichen. Derzeit konzentrieren sich die Verbraucher in ihrem Verhalten vor allem auf die Phase nach der Nutzung. So geben beispielsweise 58 Prozent der Verbraucher an, dass sie Lebensmittelabfälle trennen – in Deutschland sogar 69 Prozent. Aber nur 48 Prozent der deutschen Befragten kaufen Lebensmittel ein, bei denen möglichst wenig Verpackungsmaterial verwendet wird. Dies könnte auf eine beschränkte Auswahl an nachhaltigen Produkten hindeuten, die Konsumenten tatsächlich zur Verfügung stehen. Zwar ist verantwortungsvolle Entsorgung ein Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft, doch es bedarf weiterer Bemühungen, um sicherzustellen, dass Abfall gar nicht erst entsteht.
„Die Kreislaufwirtschaft ist der Schlüssel zu nachhaltigem Wachstum. Schon jetzt tragen die Verbraucher mit ihrem Verhalten ihren Teil dazu bei, doch sie können nur aus einem gering bestehenden Angebot auswählen. Es liegt daher an Industrieunternehmen, Produkte mit einem nachhaltigeren Lebenszyklus zu entwickeln“, kommentiert Kiri Trier, Sustainability Solutions Lead bei Capgemini Invent in Deutschland.
„Dafür müssen sie einen tiefgreifenden Wandel in drei Bereichen einleiten: die Minimierung des CO2-Impacts ihrer bestehenden Produkte und Dienstleistungen, ein Produktdesign, welches das Prinzip der Kreislaufwirtschaft von Beginn an berücksichtigt, sowie die Etablierung einer nachhaltigen Geschäftsstrategie für den gesamten Betrieb. Unternehmen, die diese Transformation erfolgreich umsetzen, werden zu den Marktführern von morgen zählen und können sich die Loyalität ihrer Kunden sichern. Auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit ist die Kreislaufwirtschaft eine Investition in die Art und Weise, wie wir in Zukunft wirtschaften wollen.“
Handlungsempfehlungen, um ein Geschäftsmodell auf Basis der Kreislaufwirtschaft zu etablieren
Im Gegensatz zum linearen Wirtschaftsmodell „Take-Make-Waste“ ist die Kreislaufwirtschaft regenerativ und zielt darauf ab, Wachstum schrittweise vom Verbrauch endlicher Ressourcen abzukoppeln. Für Verbraucher bedeutet dies, langlebige Produkte zu kaufen, die recycelbar sind oder aus recycelten Materialien hergestellt wurden, sie durch effektive Wartung und Reparatur lange in Gebrauch zu halten, oder am Ende ihrer Lebensdauer so zu entsorgen, dass wenig oder kein Abfall entsteht. Um die Erwartungen von Verbrauchern zu erfüllen, sollten Unternehmen Produkte und Geschäftsmodelle entwickeln, die bereits durch ihr Design Abfälle vermeiden, sowie ihren Rohstoffverbrauch reduzieren und die Rückgabe und Weiterverwertung von Produkten und Verpackungen einplanen.
Capgemini hat zentrale Maßnahmen identifiziert, die Unternehmen ergreifen können, um erfolgreiche Initiativen für die Kreislaufwirtschaft zu implementieren:
- Produktentwicklung nach den Prinzipien des Kreislaufdesigns
- Radikales Überdenken von Geschäftsmodellen
- Wertschöpfungsketten überdenken, um den Kreislauf zu schließen
- Nachhaltige Praktiken für Verbraucher ermöglichen
- Organisatorische Voraussetzungen schaffen, die den Übergang zum Kreislaufwirtschaftsmodell unterstützen
- Nutzung neuer Technologien zur Förderung einer Kreislaufwirtschaftsstrategie
- Kollaboration, um den Fortschritt zu beschleunigen