Die ansässige Recycling-Industrie könnte Treiber einer neuen Kreislaufwirtschaft werden. Voraussetzungen dafür sind regulatorische Klarheit insbesondere im Bereich Elektromobilität, strategische Allianzen mit branchenorientierten Recycling-Tech-Start-ups und ein Paradigmenwechsel seitens produzierender Industrie beim Einsatz recycelter Kunststoffe.
Der Bedarf an neuen, flexibleren Wiederaufbereitungstechnologien und höheren Recyclingkapazitäten steigt laut dem aktuellem Industry Snapshot: Recycling in Europe von Helbling Business Advisors rapide an. Die global aktive Unternehmensberatung analysiert regelmäßig Entwicklungen, Trends und regulatorische Neuerungen im europäischen Recycling-Markt. Demnach sind Optimierungs- und Wachstumsmöglichkeiten vorhanden: Die EU-28-Länder produzieren jährlich insgesamt über 2,3 Mrd. Tonnen Müll (Deutschland: rund 417 Mio. Tonnen). Lediglich etwas über 38 Prozent davon werden aktuell recycelt, der Rest wird verbrannt oder in andere Länder exportiert – wodurch wertvolle Ressourcen ins Ausland wandern oder schlichtweg verschwendet werden.
Recycling-Branche wird zur Schlüsselindustrie im Kampf gegen Rohstoffmangel
Ein ökonomisches Fehlverhalten, mahnt Daniel Jürgenschellert, Geschäftsführer und für den Report federführender Industrie-Experte bei Helbling Business Advisors: „Deutschland und Europa sind gut beraten, den umfassenden Export von Altmaterialien zu reduzieren und kreiswirtschaftliche Zyklen weiter auszubauen. Umfassenderes Recycling, insbesondere von Materialien im Technologiesektor, ist unverzichtbar, um mittelfristig unabhängiger von internationalen Rohstoffimporten zu werden.“ Für größere Recycling-Anbieter biete der systematische Aufbau innovativer Kreislaufwirtschaftssysteme attraktive Wachstumsperspektiven. Regionale, spezialisierte Player könnten von einer Branchenkonsolidierung profitieren, meint Jürgenschellert. Nach Analyse von Helbling Business Advisors, auf deren Basis der aktuelle Industry Snapshot erstellt wurde, könne der europäische Recycling-Markt in den kommenden zehn Jahren auf über 242 Mrd. USD anwachsen (derzeit: 148 Mrd. USD).
E-Mobilität ist Innovationskatalysator für Recycling-Start-ups
Insbesondere im Bereich erneuerbare Energien, hier verstärkt im Sektor E-Mobilität, sind moderne Wiederaufbereitungstechnologien gefragt, um die Verbrauchsmaterialien der Zukunft nachhaltig in die regionale Kreislaufwirtschaft rückführen zu können. „Die Energiewende hat einen spürbaren Impact auf den gesamten Recycling-Sektor. Für viele neue Verbrauchsprodukte sind die Recycling-Verfahren noch gar nicht ausgereift. Das betrifft die Wiederverwertung von Elektro-Auto-Batteriezellen ebenso wie das Recycling von Carbonfasern bei Windrädern. In diesen Bereichen haben die großen Anbieter in Deutschland und Europa noch Entwicklungspotenzial“, sagt Jürgenschellert.
Während im Jahr 2030 voraussichtlich rund 1,1 Mio. E-Auto-Batterien das Ende ihres Lebenszyklus erreichen werden, könnte nach Analyse von Helbling Business Advisors 2040 bereits mehr als 5,3 Mio. Batteriezellen zu recyceln sein. Jürgenschellert: „Große Anbieter sind bei der Entwicklung und Integration neuer Recycling-Verfahren noch zurückhaltend, weil sie erst die konkreten gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen im Bereich E-Mobilität abwarten wollen: Behaupten sich Batteriezellensysteme? Oder setzen sich mittelfristig doch E-Fuel-Lösungen durch? Deshalb sehen wir in jüngerer Vergangenheit vor allem im Start-up-Sektor innovative Technologieführer, die neue, spezialisierte Verfahren für die Abfallprodukte von morgen vorantreiben.“
Ähnlich schätzt die Beratung das technologische Entwicklungspotential im Bereich Elektroschrott-Recycling ein: Rechner, Laptops, Monitore und Smartphones könnten im Jahr 2040 für 14 Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich sein. Das Volumen an Elektromüll in Europa könnte nach Analyse von Helbling Business Advisors von derzeit 32 Mio. Tonnen auf über 120 Mio. Tonnen im Jahr 2050 ansteigen. Zwar produzieren die asiatischen Industrieländer in Summe noch mehr Elektroschrott. Mit einer jährlichen Pro-Kopf-Erzeugung von 16,2 Kilogramm ist Europa allerdings globaler Spitzenreiter.
Kreislaufgedanken bereits in Konstruktion und Entwicklung stärker realisieren
Entscheidende Rolle bei einem Paradigmenwechsel müsse auch die produzierende Industrie spielen. „Der Import von Primär-Rohstoffen lohnt sich vor allem bei Kunststoffen immer weniger. Produzierende Unternehmen werden sich mittelfristig nach Alternativen zum Neukauf umsehen müssen“, prognostiziert Jürgenschellert. „Ob der nicht-sichtbare Unterbodenbereich im Automobilbau oder die hochwertige Optik von Verpackungen im Bereich Beauty und Körperpflege – Hersteller setzen bislang flächendeckend auf die Verwendung neuer, farblich stimmiger Rohmaterialien.“ Seiner Einschätzung nach werden Unternehmen, aber auch Endkunden in Deutschland künftig stärker abwägen müssen, ob sie Rentabilität und Nachhaltigkeitsaspekte beim Einsatz recycelter Rohstoffe nicht kleineren Abstrichen bei der Optik des Endproduktes vorziehen wollen. „Kunststoffverarbeitende Unternehmen sollten den Kreislaufgedanken und die verfügbaren Recycling-Verfahren deshalb schon heute bei der Konstruktion und Entwicklung ihrer Produkte stärker berücksichtigen.“
Wie auch wieder auf dem Kilimgipfelzu sehen war, setzt die Politik auf Detaillösungen, die dann entsprechend der Vorgaben der Lobbyverbände noch angepasst werden.
Der Schlüssel zu einer zielführenden Politik ist ein, auf wissenschaftlichen Grundlagen basierender ökologischer bzw. auf Nachhaltikeit basierender Fussabdruck eines jeden Produktes.
Dieser Fussabdruck muss sämtliche Resourcen, beginnend mit der Rohstoffgewinnung (hierbei ist die Verfügbare Menge zu berücksichtigen) über alle Bearbeitungs- und Transportschritte bis hin zum Recycling enthalten. Ebenso sind auch die sozialen Bedingungen entlang des gesamten Prozesses mit einzubeziehen.
Dieser Fussabdruck kann dannals Basis der politischen Entscheidungen herangezogen werden und somit als Lenkungsinstrument durch entsprechende Bepreisung, aber auch Subvebttionierung dienen.
Punkuelle Massnahmen, wie die CO2 Steuer sind keine Lösung der Probleme, die wir den kommenden Generazionen hinterlassen werden.