Das spiegelt auch die von verschiedenen Kommunen und Unternehmen beauftragte Systemanalyse des Fraunhofer Umsicht wider, indem sie eine durchschnittliche Nutzungsdauer von 1.882 Stunden pro Platz und Jahr benennt. Tennenplätze, d. h. Hart- oder Ascheplätze, hingegen werden laut der Analyse sowohl von den Vereinen als auch den Spieler*innen als nicht mehr zeitgemäß angesehen. Sie werden in den letzten Jahren vermehrt umgewandelt – zumeist in Kunstrasenplätze.
»Gängige Kunstrasenplätze sind allerdings mit negativen Umweltwirkungen verbunden. Die Emissionen dieser Plätze sind im Kontext der Debatte um Mikroplastik in den Fokus von Gesellschaft, Politik und Medien geraten«, erklärt Jürgen Bertling vom Fraunhofer Umsicht, Leiter der Studie zur Systemanalyse. Ein Wissenschaftler*innenteam hat insgesamt 19 Kunstrasenplätze in Deutschland und der Schweiz untersucht. Auf Basis von Analysen, Datenerhebungen und Befragungen beschreibt und bewertet der veröffentlichte Bericht den Ist-Status und gibt Empfehlungen für einen nachhaltigeren Sportplatzbau. Adressiert wird sowohl die Seite der Planer und Hersteller als auch die der Betreiber und Nutzenden.
Um die Spielperformance positiv zu beeinflussen, wird auf Kunstrasenplätzen ein sogenanntes Infill aufgebracht. Es setzt sich bei der Mehrzahl der betrachteten Plätze aus Sand und einem Gummigranulat zusammen. Unverfüllte Plätze und solche, auf denen sich der Naturstoff Kork befindet, bilden aktuell die Ausnahme.
Beobachtungen zeigen, dass das Infill gerade bei starkem Regen oder Wind in die Umgebung gelangt, wo es sich sammelt oder auch z. B. in Gewässern landet. Neben den wetterbedingten Emissionen haben auch Reinigungsmaßnahmen wie z. B. Schneeschieben und die Spieler*innen selbst einen großen Einfluss auf den Materialaustrag: Sie nehmen das Material mit ihren Schuhen und an ihrer Kleidung mit. Im Durchschnitt lässt sich der experimentell bestimmte jährliche Verlust der untersuchten Kunstrasenplätze auf 2,98 Tonnen Infill pro Jahr beziffern. »Kunststofffasern, die während der Beanspruchung eines Platzes ebenfalls abnutzen, sind hier noch nicht berücksichtigt«, ergänzt Jürgen Bertling. Hier seien detailliertere Untersuchungen notwendig, um zu klären, ob die Verluste tatsächlich relevante Mengen erreichen. Unklar bleibt auch nach der Studie, über welche Pfade und in welcher Menge die Verluste von Infill und Fasern in die Böden und Gewässer gelangen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Systemanalyse ist die Betrachtung der CO2-Fußabdrücke von Kunstrasenplätzen. Je nach Platztyp liegen diese bei 9,4 bis 29,8 kg Kohlendioxidäquivalent[1] pro Nutzungsstunde. Zum Vergleich: Dies ist umgelegt auf die Spieler*innenzahl deutlich weniger, als beispielsweise eine Stunde Auto zu fahren oder in einem Hallen- oder Freibad zu schwimmen.
Die Systemanalyse zeigt, dass die Umweltwirkungen eines Kunstrasenplatzes in hohem Maße von der Materialauswahl, der baulichen Integration und dem Recycling am Ende ihres Lebenszyklus abhängen. Hier sehen die Expert*innen großes Potenzial – angefangen bei der Verwendung eines nachhaltigeren Materials bei Unterbau und Infill über die Nutzung des Niederschlagswassers zur Bewässerung bis hin zur Filterung von Feinstoffen. Den Platz umfriedende Barrieren würden zusätzlich die Mikroplastikemissionen in die Umwelt reduzieren. »Wir sprechen auch das Thema Standort an. Denn es macht einen großen Unterschied, ob sich ein Kunstrasenplatz im urbanen Umfeld oder etwa in einem Tal, umgeben von Natur, befindet. Hier sollte künftig mehr auf eine geschickte Standortwahl hinsichtlich Naturschutz, aber auch hinsichtlich der Frequentierung durch die Spieler*innen und somit den Bedarf eines Platzes geachtet werden«, so Jürgen Bertling. Und nicht zuletzt müsse auch die regulatorische Seite als Lenkungsinstrument betrachtet werden, indem beispielsweise Normen überarbeitet oder neue Standards geschaffen werden.
Sowohl aktive als auch ehemalige Spieler*innen sind in der Debatte um Relevanz und Umweltwirkungen von Kunstrasenplätzen übrigens sehr engagiert. Die Mehrheit der im Rahmen der Systemanalyse befragten Personen unterstützt die Aussage, dass die Plätze nachhaltiger werden müssen. Noch werden zwar Gummigranulate als Infilltyp bevorzugt, man steht jedoch umweltfreundlicheren Alternativen durchaus offen gegenüber.