Bereits im Juli 2019 hatte das Ifeu-Institut eine Pilot-Studie vorgelegt, die nach den neuen methodischen Anforderungen des UBA erstellt wurde (siehe RECYCLING magazin 8/2019). Aufgrund fehlerhafter Distributionsdaten hatte der Fachverband Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel (FKN) in Abstimmung mit dem UBA entschieden, die Studie komplett überarbeiten zu lassen. Dabei sollte auch auf die Kritik der „Mehrweg-Allianz“ über angeblich zu hohe CO2– und Recycling-Gutschriften eingegangen werden.
Karton und Mehrweg bei Milch und Saft besser als Plastik
„Die Ergebnisse sind nicht überraschend“, erklärt FKN-Geschäftsführer Michael Kleene: „Sie bestätigen den Befund aller Ökobilanzen der letzten 20 Jahre. Insbesondere bei den Klimaauswirkungen hat der Getränkekarton deutliche Vorteile. Das gilt sowohl im Vergleich zu Einwegkunststoffflaschen als auch gegenüber Mehrwegsystemen. Mehrweg ist nicht immer und in allen Getränkesegmenten die einzige ökologisch vorteilhafte Lösung.“
Die Studie liefere Einblicke in den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion und zeige, wo die Stärken und Schwächen der einzelnen Verpackungen liegen und wo optimiert werden könne. Eine grundsätzliche Erkenntnis sei, dass der öffentliche Fokus auf hohe Recyclingquoten häufig zu falschen Schlussfolgerungen führe: „Recycling alleine macht noch keine ökologisch vorteilhafte Verpackung“, erklärt Kleene. Eine Plastikflasche im Pfandsystem schneide auch dann noch schlechter ab als Mehrwegflaschen und Getränkekartons, wenn Rezyklate eingesetzt werden. Mindestens ebenso wichtig wie mehr und besseres Recycling, sei daher ein Angebot von Verpackungen, die schon bei der Herstellung möglichst wenig fossile Ressourcen verbrauchen und damit einen Beitrag zum Ziel einer kohlenstoffarmen Wirtschaft leisten. Die Hersteller von Getränkekartons haben angekündigt, bis spätestens 2030 in ganz Europa nur noch Verpackungen anzubieten, die vollständig aus nachwachsenden oder recycelten Rohstoffen hergestellt werden.
An die Adresse der Mehrweg-Lobby gerichtet sagt Kleene: „Den Getränkekarton als Klimakiller hinzustellen, ist nachweislich falsch. Abgesehen davon, gibt es auch bei Mehrweg noch genügend Baustellen. Man denke nur an die Themen Distribution, Individualgebinde und Umlaufzahlen.“ So sei zum Beispiel die generelle Aussage, Mehrwegflaschen würden „bis zu 50-mal“ wieder befüllt, grob irreführend. Ein Fachgutachten des Ifeu-Instituts in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) belege, dass Milchflaschen auf gerade einmal 10 Umläufe kommen. Von einem „funktionierenden Mehrweg-Pool“, so die Autoren, könne „nicht die Rede sein.“