Der globale Abfall- und Recyclingsektor ist stark reglementiert und neben international geltenden Gesetzen hat nahezu jedes Land eigene Regularien verabschiedet, an die sich Abfallentsorger zu halten haben. Die Abfallgesetzgebung bildet das Rückgrat unseres Wirtschaftszweigs und die meisten Gesetzesänderungen sind positiv zu bewerten, da sie – ob auf regionaler, nationaler oder internationaler Ebene – in aller Regel darauf abzielen, die Recyclingqualitätsstandards weiter zu verbessern oder die Recyclingquoten zu steigern.
Auf drei dieser kürzlich in Kraft getretenen Gesetzesänderungen möchte ich in den folgenden Abschnitten näher eingehen: und zwar auf die Anpassungen der Baseler Konvention zu Kunststoffabfällen, das Verbot Chinas bezüglich des Imports von Feststoffabfällen und kurz auch auf den Europäischen Green Deal.
Anpassungen der Baseler Konvention zu Kunststoffabfällen
Auch wenn immer mehr Länder Maßnahmen und Gesetze hinsichtlich der Rückgewinnung und des Recyclings von Kunststoffen umsetzen bzw. verabschieden, bleibt die Deponierung dennoch der Entsorgungsweg erster Wahl für Millionen Tonnen Kunststoffabfall weltweit. Im Zuge der Basel Konferenz im Frühjahr 2019 einigten sich Regierungen darauf, Kunststoffabfälle in die Baseler Konvention aufzunehmen und sie als festen Bestandteil in ein rechtsverbindliches Rahmenprogramm zu integrieren. 186 Staaten stimmten dieser Anpassung zu und gaben damit grünes Licht für die Einführung neuer Restriktionen in Hinblick auf die Verbringung von Kunststoffabfällen, die nicht für eine Form des umweltgerechten Recyclings bestimmt sind. Diese neuen Beschränkungen finden in den Vereinigten Staaten von Amerika allerdings keine Anwendung.
Die Änderungen traten am 01. Januar 2021 in Kraft. Alle nichtgefährlichen Kunststoffabfälle, die nicht recycelt werden können oder deren Recycling zu ‚schwierig‘ wäre, sind nun als Abfälle zu klassifizieren, die ‚besonderer Beachtung‘ bedürfen, und ihr Transport unterliegt den in der Basel Konvention spezifizierten Vorankündigungs- und Zustimmungserfordernissen.
Das Ziel der Anpassungen ist, die internationale Verbringung des Großteils der für das Recycling oder die Entsorgung vorgesehenen Kunststoffreste und -abfälle so zu überwachen, dass der globale Handel mit Kunststoffabfällen transparenter und geregelter verläuft. Ein weiteres Ansinnen der Gesetzgebung ist es, zu verhindern, dass nichtrecycelbare Kunststoffe in Ladungen recycelbarer Kunststoffe, die in Entwicklungsländer gehen sollen, ‚versteckt‘ werden, da diese Staaten oftmals nicht in der Lage sind, derartiges Material sachgerecht zu handhaben. Denn historisch betrachtet kann gesagt werden, dass derjenige Teil des Abfalls, der übrig bleibt, nachdem in Entwicklungsländern das noch verwendbare Kunststoffmaterial zurückgewonnen wurde, zumeist auf Deponien landet oder auch einfach nur über offenen Feuern verbrannt wird.
Diese neue Gesetzgebung wird einen direkten Einfluss auf Abfallentsorger haben, die Haushaltabfälle verarbeiten, da einige der unter der Konvention als gefährlicher Abfall einzustufenden Kunststoffe in Haushaltsabfallströmen zu finden sind. In diesem Sinne müssen Entsorger nun, um aus gemischten Kunststoffen bestehende Haushaltsabfälle exportieren zu dürfen, ein detailliertes Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung (Prior Informed Consent – PIC) befolgen, nach dem Materialien erst verbracht werden dürfen, wenn die vorherige Zustimmung sowohl des exportierenden als auch des importierenden Landes vorliegt.
Die Anpassungen der Baseler Konvention zu Kunststoffabfällen werden sicherlich einen Einfluss auf Abfallentsorger haben, die derzeit auf Exportmärkte für ihre Kunststoffabfälle angewiesen sind. Das Prozedere zur Einholung der vorherigen Zustimmung für Exporte könnte zu Verzögerungen von mehreren Monaten führen und es besteht zudem die Möglichkeit, dass Abfallentsorger mit der Herausforderung konfrontiert werden, große Abfallmengen in ihren Werken lagern zu müssen, während sie auf den Erhalt der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung (PIC) warten. Wenn Entsorger sich nicht an diese Anforderung halten, kann ihr Material auf Kosten des Exporteurs zurückgesendet werden. Es kann zu Transportverzögerung kommen, wenn Materialien im Transit gestoppt werden, und falls sich sogar herausstellen sollte, dass bestimmte Anforderungen nicht erfüllt sind, ist es zudem möglich, dass Behörden im Empfängerland des Materials formelle Maßnahmen ergreifen und potentiell auch finanzielle Strafen verhängen.
Auch wenn für die meisten gemischten Kunststoffe nun eine vorherige Zustimmung nach Inkenntnissetzung erforderlich ist, gibt es doch einige Ausnahmen. Im Fall dieser sogenannten ‚Abfälle der grünen Liste‘ (‘Green List’) ist es Abfallentsorgern auch weiterhin erlaubt, das Material ohne eine vorherige Zustimmung nach Inkenntnissetzung zu exportieren. Die Abfälle der grünen Liste umfassen nahezu ausschließlich einen speziellen für das Recycling bestimmten Kunststofftyp sowie Mischungen aus Polypropylen (PP), Polyethylen (PE) und Polyethylenterephthalat (PET), die in getrennte Recyclingverfahren eingebracht werden. Für alle anderen Kunststoffabfallexporte und -importe gilt, dass eine Notifizierung und die vorherige Exportzustimmung vorliegen müssen, bevor das Material verbracht werden darf.
Fortschritte im Bereich der automatisierten Sortiertechnologie ermöglichen die Erlangung von außergewöhnlich hohen Reinheitsniveaus im Recycling von Kunststoffabfällen – und dies sowohl bei farbigen und farblosen Kunststofftypen wie etwa PET und HDPE als auch bei anderen Polymeren wie zum Beispiel Polypropylen, Polystyrol und PVC. Solange die richtige Kombination aus Gesetzgebung, Infrastruktur und insbesondere Sortiertechnologie aufeinandertrifft, besteht die Chance, bei Polymereinzelströmen das ehemals für nicht realisierbare gehaltene Reinheitsniveau von 99,99% zu erzielen.
Dieses Material darf nicht nur weiterhin ohne vorherige Zustimmung international versendet werden, sondern man wird dafür auch im Vergleich zu gemischten Kunststoffen einen deutlich höheren Marktpreis verlangen können, so dass neben rechtlichen Beweggründen auch bedeutsame wirtschaftliche Treiber für die Trennung und Sortierung von gemischten Kunststoffen in Einzelabfallströme sprechen.
Chinas Entscheidung zum Verbot von Festabfallimporten
Das von China erlassene Verbot von Festabfallimporten ist ein weiteres wichtiges Abfallgesetz, das zu Beginn des Jahres 2021 in Kraft trat und das nicht nur auf Kunststoffe sondern auch auf Papierprodukte und Textilien anzuwenden ist. China war in den letzten 40 Jahren ein bedeutender Endbestimmungsort für diese Materialien, doch seit 2013 setzt das Land verstärkt auf Einschränkungen des Imports von wiedergewonnenen Stoffen und die jüngste Entscheidung zum Verbot von Festabfallimporten zeigt deutlich den Willen der chinesischen Behörden, das Recycling von inländischen Materialien zu fördern und die Importabhängigkeit des Landes zu reduzieren.
Chinas Entscheidung zum Verbot von Festabfallimporten wird weitreichende Konsequenzen für Abfallentsorger haben, die sich bislang auf China als Endmarkt für ihre Materialien verlassen haben. Dieser neueste Schritt folgt dem Beispiel anderer Länder wie etwa Malaysia, Thailand und Indien, in denen bereits Maßnahmen zur Eindämmung des Imports von Kunststoffabfällen und in einigen Fällen auch zur Begrenzung des Imports von gemischten Papierabfällen ergriffen wurden.
Ähnlich wie im Fall einer Nichtbeachtung der Anpassungen der Baseler Konvention zu Kunststoffabfällen kann ein Verstoß gegen Chinas neues Festabfallimportverbot empfindliche Strafen zwischen RMB 500.000 (entspricht ca. US$ 71.000) und RMB 5 Millionen (entspricht ca. US$ 710.000) sowohl für den Abfalltransporteur als auch für den Importeur zur Folge haben. Zollbehörden werden zudem anordnen, dass Festabfälle an ihren Ursprungsort zur Entsorgung zurückgesendet werden.
Diejenigen Abfallentsorger, die in der Vergangenheit auf den Export solcher Materialien nach China – oder in andere Länder, die inzwischen auch diese Stoffe verboten haben – angewiesen waren, sind nun gefordert, entweder neue Endmärkte für ihre Feststoffabfälle zu finden oder in Sortiertechnologie zu investieren, die es ihnen erlaubt, die außergewöhnlich hohen Reinheitsniveaus zu erzielen, welche China für die Erteilung einer Importlizenz für Feststoffabfälle fordert.
Sehen wir uns das Beispiel der Papierabfallprodukte an. China war einmal der weltweit größte Importmarkt für Papierabfälle, doch inzwischen vergibt das Land nur noch Importlizenzen für Papierabfall, wenn mindestens ein Reinheitsniveau von mehr als 99,5% nachgewiesen werden kann. Dies bedeutet, dass Entsorger, die zukünftig weiter ihre Papierabfälle nach China exportieren möchten, ihre Anstrengungen und auch ihre Investitionen in den Bereichen Sortierung, Deinking und Recycling intensivieren müssen.
Die aktuellen Fortschritte auf dem Gebiet der sensorbasierten Technologien für das Papierrecycling bieten einen vielversprechenden Ansatzpunkt in diesem Zusammenhang und können Entsorger in die Lage versetzen, Papierabfälle von anderen Abfällen zu trennen und gleichsam hochreine Endfraktionen verschiedener Papierqualität (z.B. braune Pappe, bedruckte Kartons, kunststoffbeschichtete Kartons, gefärbtes Papier, Zeitungsdrucke und vierfarbig bedrucktes (CYMK) Papier) zu produzieren. Sensorbasiertes Sortieren bietet somit Abfallentsorgern die Chance, ihre Exportrouten nach China offenzuhalten oder sich – im Fall veränderter Präferenzen – alternative Zugangswege zu inländischen oder ausländischen Märkten zu erschließen, in denen ihr Material aufgrund seines Reinheitsniveaus einen wesentlich höheren Marktpreis erzielt.
Der Europäische Green Deal
Zeitgleich mit Chinas Entscheidung zum Verbot von Feststoffabfallimporten unternimmt auch Europa mit der Einführung von neuen EU-Verbringungsvorschriften, durch die der Transport von unsortierten Kunststoffabfällen in das Ausland untersagt wird, weitere Schritte zur Eindämmung der Verschmutzung durch Kunststoffabfall.
Unter dem Europäischen Green Deal der Europäischen Kommission, der am 01. Januar 2021 in Kraft trat, gibt es neue Regeln für den Export, den Import sowie die innereuropäische Verbringung von Kunststoffabfällen. Diese neuen Regeln verbieten den Export von Kunststoffabfällen aus der EU in Nicht-OECD-Staaten mit Ausnahme von ‚sauberen‘ Kunststoffabfällen, die zum Zwecke des Recyclings versendet werden.
Genau wie im Fall der Anpassungen der Baseler Konvention zu Kunststoffabfällen und Chinas Verbot von Feststoffabfallimporten ergibt sich aus diesen strengeren Vorschriften, dass es für Abfallentsorger nicht mehr so leicht ist, ihre Kunststoffabfälle zu exportieren, es sei denn, sie sind in der Lage, hochreine Einzelströme aus Kunststofffraktionen zu generieren. Es zeigt sich also einmal mehr, an welchen Stellen sensorbasierte Sortiertechnologie Abfallentsorgern helfen kann, die unter den neuen Regeln erforderlichen Reinheitsniveaus zu erreichen – und dabei handelt es sich um Reinheitsniveaus, die um ein Vielfaches höher sind, als diejenigen, die sich mit irgendeiner anderen Sortiertechnik erzielen lassen.
Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen
Die Vorschriften, auf die ich in diesem Artikel eingegangen bin, bilden nur einen Teil der aktuellen Veränderungen ab, aus denen sich ein direkter Einfluss auf die Arbeit von Abfallentsorgern ergeben wird. Die nächste Rechtsvorschrift mit wesentlichen Konsequenzen wird das Verbot von Einwegplastik sein, das im Laufe des Jahres 2021 in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zur Anwendung kommt. Vor dem Hintergrund unseres globalen Kundenstamms beobachtet TOMRA Sorting Recycling aktiv alle Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Damit befinden wir uns in einer sehr guten Position, um unsere Kunden im Umgang mit den sich ergebenden Veränderungen zu unterstützen. Stets gut über einzuführende Änderungen informiert zu sein, ermöglicht es uns, unsere Technologie und Prozesse zwecktauglich und zukunftssicher zu adaptieren, um – und das ist unser wichtigstes Ziel – sicherzustellen, dass sich unsere Kunden positiv in einem herausfordernden und umkämpften internationalen Marktumfeld entwickeln.